Kategorie: Physik

KW 50/2016: Émilie du Châtelet, 17. Dezember 1706

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Die Tochter eines Angestellten am Hof König Ludwigs XIV. erhielt eine klassische Bildung und bewegte sich schon in ihrer Jugend in adligen und intellektuellen Kreisen. Ihre Verheiratung mit einem 12 Jahre älteren Adligen in ihrem 18. Lebensjahr war gängige Praxis zu ihrer Zeit und bedeutete für Émilie nur, dass sie diesen Teil des Lebens, der von Frauen erwartet wurde, rasch abwickeln konnte, um sich ihren wahren Interessen zu widmen. Sie lebte fünf Jahre mit ihrem Mann in dessen Gouverneursbezirk und gebar ihm dort drei Kinder. Nachdem sie ihre ehelichen Pflichten erfüllt hatte, kehrte sie nach Paris zurück und lebte von da an als unabhängige Frau. Finanziell abgesichert vom Vater ihrer Kinder, moralisch im Rahmen der erwarteten Diskretion unbehelligt, pflegte sie ein paar kurzfristige Affären und ihr Interesse an der Philosophie und Physik, die zu diesem Zeitpunkt noch eng miteinander verwandt waren; manchmal war beides ein und dasselbe.

Nachdem sie Verbindungen mit zwei Mathematikern eingegangen und beendet hatte, lernte sie Voltaire kennen (einen Philosophen, der Frauen viel zu verdanken hatte und sie zu schätzen wusste). Kurz darauf musste er Paris aufgrund eines gegen ihn erlassenen Haftbefehls verlassen (die Autoritäten stießen sich an seiner Kritik der herrschenden Zustände) und Émilie bot ihm an, sich auf ein altes, kleines Schlösschen im Besitz ihres Mannes in Cirey zurückzuziehen. Als klar wurde, dass Voltaire nicht so bald würde zurückkehren können, verlegte auch Émilie ihren Lebensmittelpunkt in die Champagne und lebte, forschte und schrieb dort an der Seite ihres Freundes. Sie brachte die gesellschaftliche Sicherheit und die Immobilie, Voltaire das finanzielle Vermögen in die Verbindung ein und gemeinsam machten sie aus dem Schlösschen in Cirey ein Liebesnest mit Forschungsstation, Bibliothek und Theater, in dem Stücke aus seiner Feder gespeilt wurden.

Émilies Lebenswerk war es, Newtons Philosophiae Naturalis Principia Mathematica aus dem Latein ins Französische zu übersetzen. Anfänglich in Zusammenarbeit mit dem Mathematiker Alexis-Claude Clairaut, später im Alleingang legte sie nicht nur durch die sprachliche Zugänglichkeit den Grundstein dafür, dass Newtons Physikphilosophie in Europa bekannt wurde, sie übertrug auch seine mathematische Argumentation in die gängigere Form, wie sie Leibniz entwickelt hatte.

Auch in anderen Gebieten der Aufklärung war Émilie du Châtelet tätig. Sie schrieb eine Abhandlung über die Natur des Feuers, als Bewerbung um einen Preis, den die Akademie der Wissenschaften ausschrieb – sie gewann den Preis zwar ebensowenig wie Voltaire, der sich parallel bemühte, doch wurde ihre Abhandlung auf Kosten der Akademie gedruckt. Sie beschäftigte sich mit dem Thema der kinetischen Energie, mit der Physik, den weiterführenden Themen der Metaphysik (etwa mit der „denkenden Materie“ oder der Frage, wie das Böse in die Welt kam) und der Religionskritik im Sinne der Aufklärung. Auch mit der Frage nach dem Glück beschäftigte sie sich, ihre Auffassung kann am ehesten als epikuräische verstanden werden, dass das Glück vor allem durch das richtige Maß entsteht, der Dinge, die man genießt und derer, die fordern. Besonders für Frauen – denen der Zugang zu Bildung und einem unabhängigen Leben nicht so selbstverständlich war wie Männern – sah sie das Glück in der Gelehrsamkeit.

Den Begriff des Feminismus gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, doch auch, wenn sich Émilie du Châtelet an die Konventionen hielt: die Art, wie sie die größtmögliche Freiheit und Unabhängigkeit lebte, die Frauen geboten wurde, ihr Forscherdrang, ihre Intelligenz und ihr kritischer Geist, vor allem aber die Weigerung, sich wegen ihres Geschlechts daran hindern zu lassen, ihr persönliches Glück zu verfolgen, macht sie zu einer frühen Vorreiterin des Feminismus, in jedem Fall zu einem Vorbild.

Als Voltaire wieder in Gnade am französischen Hof kam, lebte sie einige Zeit mit ihm in Versailles. Dann lebte sie noch einige Zeit in Lothringen, wo sie nochmals eine andere Affäre einging – von dieser wurde sie schwanger, überzeugte jedoch unterstützt vom ehemaligen und aktuellen Geliebten ihren Ehemann, das Kind sei von ihm. Sie arbeitete ununterbrochen, um vor der Niederkunft ihre Übersetzung Newtons fertigzustellen. Noch in der Nacht der Niederkunft muss sie am Schreibtisch gesessen haben; diese Geburt jedoch bedeutete ihr Ende. Sie starb 43jährig am Kindbettfieber, ihre jüngste Tochter wurde ebenfalls keine zwei Jahre alt.

Bild: Von Maurice Quentin de La Tour – [1], Gemeinfrei

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Von 136 (Wikipedia) relevanten Persönlichkeiten vor dem 19. Jahrhundert sind diese 12 (inklusive Émilie du Châtelet) Frauen:
15.12.1485 Katharina von Aragòn
12.12.1574 Anna von Dänemark
17.12.1626 Christina von Schweden
17.12.1638 Anna Sophia von Hessen-Darmstadt
12.12.1716 Leopoldine Marie von Anhalt-Dessau
18.12.1718 Anna Leopoldowna
17.12.1734 Maria I. von Portugal
12.12.1761 Marie Tussaud
16.12.1775 Jane Austen
13.12.1779 Sophie Barat
12.12.1791 Marie-Louise von Österreich

KW 44/2016: Laura Bassi, 31. Oktober 1711

Laura Bassi

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Laura Bassi fand ihren ersten Förderer im Hausarzt der Familie Bassi – von ihrem Vater und einem Verwandten unterrichtet, fasste sie dessen Therapieanweisungen sowohl in Latein wie Französisch zusammen. Dr. Gaetano Tacconi wurde ihr Privatlehrer und stellte sie mit 21 Jahren bei Debatten mit Medizinerkollegen auf. Auch der zukünftige Papst Benedikt XIV., damals noch Prospero Lambertini, war auf sie aufmerksam geworden und förderte ihre Bildung.

Aufgrund ihrer erfolgreichen medizinischen Debatten wurde sie als Ehrenmitglied in der Bologneser Akademie aufgenommen, kurz bevor diese für Frauen ganz geschlossen wurde. Sie legte eine zweistündige öffentliche Doktorprüfung im Rathaus von Bologna ab und wurde daraufhin als Doktor der Philosophie anerkannt. Im folgenden Jahr wurde sie die erste weibliche Professorin Europas, im Fachbereich der Philosophie, der auch theoretische Physik beinhaltete. Sie durfte mit Erlaubnis des Magistrats von Bologna an der Universität unterrichten, erhielt ein Professoren-Jahresgehalt und hielt öffentliche Vorträge. Sie war finanziell und familiär unabhängig, spätestens seit dem Tod ihres Vaters.

Als sie einen weniger profilierten Mann, den Arzt Guiseppe Verati, heiratete, wurde dies mit Misstrauen und Unmut wahrgenommen: sie hätte eine bessere Partie finden oder, noch besser, ganz unverheiratet bleiben sollen. Ihr Bild als jungfäuliche „Minerva von Bologna“ wurde mit dieser Ehe in den Augen der Öffentlichkeit beschmutzt. Sie war jedoch auch geistig und moralisch unabhängig und heiratete, wen sie wollte; mehr, sie gebar ihm acht (laut der englischen Wiki, zwölf) Kinder, von denen fünf überlebten.

In Zusammenarbeit mit ihrem Mann wandte sie sich mehr der praktischen Physik zu. Sie entwickelte einen der ersten Blitzableiter und führte in ihrem privaten Landhaus Experimente mit Elektrizität durch. Sie war eine der beiden höchstbezahlten Angestellten der Universität, stand unter den Fittichen des Papstes, unterrichtete 28 Jahre lang Physik an der Universität und privat, schrieb jedes Jahr eine Dissertation und veröffentlichte zeit ihres Lebens vier von ihren insgesamt 28 Aufsätzen, zu praktisch-physikalischen Themen wie der Schwerkraft und der Hydraulik. Sie führte Briefwechsel mit internationalen Wissenschaftlern, unter anderem Voltaire; dieser bat sie, ihn an die Universität von Bologna zu holen, die er allein wegen ihr der Londoner Universität vorzog, obwohl diese Newton hervorgebracht hatte.

Dank Papst Benedikt XIV. wurde sie auch als einzige Frau Mitglied der Benedettini, einem Kreis von Wissenschaftler mit festem Einkommen und dem Ansporn, den wissenschaftlichen Ruhm der Universität zu mehren und unzensiert zu forschen. Trotz all ihrer Meriten durfte sie nicht an der Wahl neuer Mitglieder teilnehmen und durfte Vorträge erst nach ihren männlichen Kollegen halten.

Mit 65 Jahren erhielt sie eine Professur am Instituto delle Scienze erst, nachdem diese erst ihrem – noch stets weniger profilierten – Ehemann angeboten und durch dessen Verzicht quasi an sie weitergereicht wurde. Zwei Jahre später starb sie an einem Herzanfall, dem Endpunkt ihrer lebenslangen gesundheitlichen Probleme.

Bild: By Unknown – Hypatiamaze.org, Public Domain

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Von 137 (Wikipedia) relevanten Persönlichkeiten vor dem 19. Jahrhundert sind diese 14 (inklusive Laura Bassi) Frauen:
6.11.15 Agrippina die Jüngere
6.11.1537 Elisabeth Magdalene von Brandenburg
2.11.1549 Anna von Österreich
5.11.1563 Anna von Oranien-Nassau
5.11.1607 Anna Maria von Schürmann
3.11.1677 Euphrosyne Auen
4.11.1687 Catharina Christina von Ahlefeldt
2.11.1709 Anna von Großbritannien, Irland und Hannover
5.11.1711 Kitty Clive
31.10.1750 Alcipe
2.11.1755 Marie Antoinette
6.11.1784 Laure-Adelaide Abrantès
31.10.1796 Ottilie von Goethe

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