Über beide Frauen von der timeline of women in science, die diese Woche Geburtstag haben, habe ich bereits geschrieben. Es ist eine Woche der Informatikerinnen.
9. Dezember 1906: Grace Hopper Über die Programmiererin des ersten Compilers schrieb ich im ersten Jahr dieses Blogs, 2012.
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Angesichts dessen, was ich zuletzt über die Problematik der Frauen im arabischen Frühling gelesen habe, finde ich es passend und schön, dass eine (nein, eigentlich die einzige) Frau, die dieses frauenfiguren-Jahr als Grenzgängerin beschließen könnte, eine ägyptische Frauenrechtlerin ist.
Malak profitierte von der Fortschrittlichkeit ihres Vaters und später ihres Ehemannes – nach ihrer Eheschließung durfte sie nicht mehr als Lehrerin (außerhalb des Hauses) arbeiten, also begann sie, journalistisch zu arbeiten.
Sie glaubte an die Vereinbarkeit von Emanzipation und Islam – eine Überzeugung, die es auch heute noch gibt, die jedoch von Gegnern und Anhängern des Islam gleichermaßen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, untergraben wird.
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Margaret Mead verdanken wir, dass über das Sozialverhalten von Männern und Frauen nicht mehr als biologische Gegebenheit, sondern als kulturell beeinflusstes Ergebnis der Gesellschaft gesprochen wird.
So scharf ihre Arbeit über das Sexualverhalten kritisiert wurde, so sehr wurde sie auch verteidigt – und so oder so führte allein der Gedanke, dass Frauen nicht per se monogam leben müssen, mit zur sexuellen Revolution. (Dass diese zunächst auch wiederum eher positiv bestärkend für die Männer verlief, sei hier nicht Thema. Immerhin können wir doch auf Basis der freien Liebe nun auch als Frauen über unseren sexuellen Genuss und alle Bereiche, die davon tangiert sind, sprechen.)
Die Kritik an ihrer Arbeit – unter anderem, dass sie bestimmte Ziele verfolgte, ihre Ergebnisse mithin schon formuliert waren, und sie zum Teil leichtgläubig und vorurteilsbehaftet forschte – sind durch zahlreiche Gegenkritiken inzwischen nicht mehr (wie der deutsche Wikipedia-Artikel den Anschein gibt) der letzte Stand der Frage. Meines Erachtens ist es jedenfalls wichtiger, Variationen zu akzeptieren und tolerieren, als genauestens zu wissen, ob sich Menschen aus biologischen oder kulturellen Gründen verhalten wie sie sich verhalten.
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Ada Lovelace war, unwahrscheinlicherweise als einziges eheliches Kind des berühmt-berüchtigten Lord Byron, eine Mathematikerin und die erste Computerprogrammiererin der Geschichte.
Dank ihrer alleinerziehenden Mutter, die mathematisch begabt war und Geografie und Astronomie studiert hatte, wurde Adas intellektuelle Neigung gepflegt und gefördert. Und sie hatte das Glück, einen Mann zu heiraten, der ihre Bildung nicht nur akzeptierte, sondern sogar unterstützte, indem er Mitglied der Royal Society wurde, nur um für sie mathematische Artikel aus der Bibliothek zu kopieren – die sie als Frau nicht betreten durfte (ganz davon abgesehen, dass sie als Frau nicht selbst Mitgleid werden konnte). Dennoch war sie unglücklich, da selbst unter diesen günstigen Voraussetzungen nach ihrem Empfinden zu viel Zeit ihres Lebens in Kindererzieung und Haushalt investiert werden musste statt in ihre geliebte Mathematik.
Als der Mathematiker Charles Babbage begann, eine Rechenmaschine zu planen, die die Bernouille-Zahlen ermitteln könnte, arbeitete Ada Lovelace eng mit ihm zusammen an der Programmierung dieser Maschine. Der erste Computer der Geschichte scheiterte zu diesem Zeitpunkt nicht an den Fähigkeiten seiner Entwickler, sondern an den Feinheiten der Technik, die handwerklich noch nicht hergestellt werden konnten.
Als die Technologie schließlich weit genug fortgeschritten war, benannte der Erfinder der ersten nutzbaren Programmiersprache diese ihr zu ehren Ada. Das rheinlandpfälzische Mentoring-Netzwerk zur Förderung von Frauen in MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik)-Fächern nennt sich das Ada-Lovelace-Projekt.
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Ellen Swallow Richards war die erste Frau, die am MIT studierte; auf ihre Initiative hin wurde das Women’s Laboratory gegründet, an dem Frauen wissenschaftliche Studien absolvieren konnten, bevor die Universität im Ganzen sich für das Frauenstudium öffnete.
Außerdem war sie die erste, die mit einer Prüfung der Wasserqualität der Gewässer in Massachusetts beauftragt wurde, und ihre Untersuchungen führten zur Einführung eines Wasserqualitäts-Standards.
Ein etwas extensiverer Beitrag zu ihr ist auf Chemheritage zu finden.
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Henriette Arendt gilt als erste deutsche Polizistin. Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester und verschiedenen Tätigkeiten in dem Bereich wurde sie 1903 als Polizeiassistentin bei der Untersuchung aufgegriffener Frauen eingesetzt.
Sie geriet schon 5 Jahre später mit ihrer Behörde in Konflikt – aufgrund „mangelnder Loyalität“, woraus man schließen kann, dass die Interessen der Frauen und Kinder mehr im Auge hatte als den Vollzug des Gesetzes.
Sie war auch die Tante der Politik-Philosophin Hannah Arendt.
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Qui Jin gilt als Martyrerin der Revolution gegen die Quing-Dynastie und der Frauenbewegung in China. Sie hatte das Glück, in einem Haushalt aufzuwachsen, in dem sie nicht nur intellektuell, sondern auch im physischen Ausdruck gefördert wurde.
Unter ihren Errungenschaften als Revolutionärin sticht für mich – als in fernöstlicher Politik nicht Versierte – vor allem der erfolgreiche Kampf gegen die Lotosfüße hervor. Diese sind ein Beispiel für die Perversionen, die archaische Schönheitideale hervorbringen – natürlich als Leidtragende wie so oft die Frauen. Beginnend wahrscheinlich mit einer Konkubine des Kaisers Li Yu im 10. Jahrhundert, die ihre Füße zunächst nur zum Tanzen bandagierte, setzte sich die verkrüppelnde Tradition bis ins 20. Jahrhundert fort, mit Qui Jins Einsatz in organisierten Elterngruppen als entscheidende Maßnahme.
Neugierige mit starken Nerven/Magen können sich die Praxis auf Wikipediaanschauen. Das lange Elend kurz gefasst: Kleinen Mächen zwischen 4-7 wurden die Zehen außer dem großen gebrochen und unter den Fuß gebunden, ebenso wurde die Ferse mit Bandagen, die bis zu täglich gewechselt werden mussten, zum vorderen Ballen hin gebunden. Ziel war eine Fuß“größe“ von 7cm. Je kleiner die Füße, desto schöner – allerdings auch: desto weniger beweglich die Frau. Ans Haus gefesselt zu sein und sich nur in Trippelschritten vorwärtsbewegen zu können, wurden – wie sollte es anders sein – zum auserkorenen Ideal und sexuellem Merkmal. Glücklich die Frauen, die aus armen Familien stammten, in denen jeder Fuß, egal welchen Geschlechts, für die Arbeit benötigt wurde. Achja, schlecht riechen tat es auch, weshalb die Bandagen auch nachts nicht abgenommen wurden – sonst wäre der Geruch zu streng geworden. Die Füße auszupacken hätte schließlich auch die erotische Fantasie zerstört – ein Lotusfuß sieht nur verhüllt „schön“ aus. Die schmerzliche Realität konnten meist nicht mal die Fetischisten verkraften.
Der wackelige Gang, der als Resultat der gebunden Füße als erotisierend galt, ist übrigens verwandt mit der unsicheren Balance, die hochhackige Schuhe mit sich bringen. Machen wir uns nichts vor: Auch bei uns kann eine Frau mit festem Stand nicht leicht zum Lustobjekt werden.
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Das ist der zu Recht stolze Blick der ersten Frau, die 2004 den Pritzker Achitektur-Preis gewann (der sowas wie das Architekten-Äquivalent des Nobelpreises ist). Die geborene Irakerin hat schon als Kind ihr Kinderzimmer selbst entworfenen und einen Abschluss in Mathematik. Nachtrag: Im Jahr 2016 erlag Hadid 66-jährig einem Herzinfarkt.
Von ihr entworfene Gebäude sind überall auf der Welt zu finden und an den kühnen Linien und kybernetisch anmutenden Kompositionen zu erkennen.
Eine Auswahl ihrer abgeschlossenen Projekte:
Das Phaeno-Center in Wolfsburg:
Google-Ergebnisse für Phaeno Wolfsburg
Annex zum Ordrupgaard Museum Kopenhagen:
Google-Ergebnisse für Ordrupgaard Museum Kopenhagen
MAXXI National Museum of the 21st Century Arts in Rom:
Maxxi Museum of 21st Century Art Rom
Opernhaus in Guangzhou:
Google-Ergebnisse für Opera Gangzhou
Aquatics Centre for 2012 Summer Olympics in London:
Google-Ergebnisse für Aquatics Centre London
Heydar Aliyev Kulturzentrum in Baku, Aserbaidschan:
Nach einem turbulenten Leben als Ehefrau, texanische Witwe eines Bürgerkriegsgefallenen, Lehrerin und Tanzlehrerin hatte sie – mal wieder um den gehobenen Lebensstandard verlegen – die Eingebung, doch mal die Niagarafälle in einem Fass zu bereisen. Sie überlebte dies auch, allerdings um die Erfahrung und den Ratschlag für andere weiser, das solle niemand sonst mehr versuchen. Klar, marketingtechnisches Alleinstellungsmerkmal auch, aber sie hatte nicht unrecht…
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Mira Nair ist seit ihrem international gerühmten Film Salaam Bombay!eine erfolgreiche Regisseuren, Produzentin und Dozentin an der Columbia University.
Salaam Bombay! wurde fast ausschließlich mit tatsächlichen Straßenkindern gedreht, zu deren reintergration in die indische Gesellschaft die Einnahmen des Films verwendet wurden. Die damals gegründete Stiftung hilft noch heute indischen Straßenkindern, im Leben Fuß zu fassen.
Mira Nair selbst lebt in New York, betreibt jedoch auch ein Filmlabor in Kampala, Uganda, in dem junge afrikanische und indische Filmemacher lernen und sich ausprobieren können.
Sie lehnte das Regieangebot für den fünften Harry-Potter-Film ab, da sie sich eher als eine Regisseurin der Emotionen als eine der Tricktechnik sieht. Wenn ihr Erfolg im Leben an irgendetwas messbar ist, dann an dieser Integretität.