Johanna Döbereiner kam unter dem Namen Johanna Kubelka in Ústí nad Labem in Nordböhmen zur Welt, im heutigen Tschechien. Sie wuchs in Prag auf, da ihr Vater dort an der DeutschenHochschule lehrte.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie von ihren Eltern getrennt und musste zunächst in der Kinderbetreuung arbeiten, später half sie in landwirtschaftlichen Betrieben. Nach dem Ende des Krieges wurde Johanna zwar mit ihrer Familie vereint, als Sudetendeutsche wurden sie jedoch von der neuen Regierung der Tschechoslowakei vertrieben. Johanna arbeitete in Deutschland wieder in der Landwirtschaft, mit 23 Jahren begann sie schließlich 1947 an der Ludwig-Maximilians-Universität München Agrarwissenschaft. Ihre Mutter, die sehr unter den Umständen während des Krieges gelitten hatte und auch in einem Konzentrationslager gewesen war, starb, ihr Vater und Bruder konnten 1948 durch Kontakte mit anderen Lehrenden nach Brasilien auswandern. Johanna heiratete den Veterinär Jürgen Döbereiner und machte 1950 ihr Diplom als Agraringenieurin; im gleichen Jahr wanderte das Ehepaar Döbereiner ebenfalls nach Brasilien aus.
Bereits im Fogejahr 1951 trat Johanna Döbereiner eine Stelle in der Forschungsabteilung des brasilianischen Ministeriums für Agrarkultur (heute EMBRAPA) an, wo sie sich mit der Mikrobiologie von Böden befasste. Sie veröffentlichte ihre erste wissenschaftliche Publikation darüber, wie sich das Abdecken von angebautem Gemüse auf die Bakterienpopulation im Erdreich darunter auswirkt. 1956 nahm sie die brasilianische Staatsbürgerschaft an.
Mit ihrem Team entdeckte Johanna Döbereiner 1958 ein Bakterium, das im Wurzelbereich von Pflanzen lebt – ein Rhizosphärenbakterium, das sie Beijerinckia flumensis nannten. Es zählt zu den Proteobakterien, die Stickstoff im Boden binden.
1963 machte Döbereiner einen Abschluss als MSc an der University of Wisconsin und setzte ihre Forschungen zu Stickstofffixierern fort. So entdeckte sie 1966 das Bakterium Azotobacter paspali an der Wurzeloberfläche einer Grasart, das dazu beitrug, dass dieses Gras stets grün und gut mit Nährstoffen versorgt war.
Stickstoffbindende Bakterien, die Böden und Wurzelräume besiedeln, wie Azospirillum und Azotobacter, können den elementaren Stickstoff im Boden, den die Pflanzen nicht für sich nutzen können, umwandeln in Stickstoffverbindungen, die die Pflanzen als natürlichen Dünger verwerten können. Werden diese Bakterien also, gemeinsam mit anderen aktivierenden Nährstoffen wie Kohle und Bioabfall, in den Boden eingebracht, werden die darauf wachsenden Nutzpflanzen auf natürliche Weise mit Nährstoffen versorgt und müssen somit kaum oder gar nicht gedüngt werden; außerdem werden die Pflanzen resistenter und unabhängiger von der Witterung.
Es gelang Johanna Döbereiner, die Verantwortlichen für die wachsende Sojazucht in Brasilien davon zu überzeugen, sich vornehmlich auf Sojabohnenarten zu konzentrieren, die für diese Art der biotischen Düngung geeignet sind. Nicht nur sorgte ihr Einfluss dafür, dass Brasilien zum zweitgrößten Soja-Produzenten der Welt wurde (nach den USA), sondern dass dabei pro Jahr $2,5 Milliarden eingespart wurden, die für Stickstoffdünger ausgegeben worden wären. Dies bedeutete auch eine wesentlich geringere Belastung des Grundwassers mit überschüssigem Stickstoff. Die Bakterien werden heute auch dazu eingesetzt, den Boden der Tropen in Terra preta umzuwandeln. Die bereits vorhandene Terra preta an den Ufern des Amazonas weist darauf hin, dass die südamerikansichen Ureinwohner schon lange vor der Ankunft der Kolonialmächte Siedlungen erbauten und Ackerbau betrieben.
Döbereiner wurde 1977 Mitglied der Brasilianischen Akademie der Wissenschaften (1995 saß sie dieser sogar als Präsidentin vor), ein Jahr später wurde sie auch Mitglied (Link Englisch) der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Sie war Gründungsmitglied der Academy of Sciences for the Developing World (ehemals Third World Academy of Sciences, TWAS). Insgesamt veröffentlichte die Agrarwissenschaftlerin mehr als 370 wissenschaftliche Artiel, war nach einer Untersuchung der Tageszeitung Folha de S. Paulo die am häufigsten zitierte weibliche Wissenschaftlerin Brasiliens und eine der 10% am häufigsten zitierten brasilianischen Wissenschaftler:innen überhaupt.
Mit 76 Jahren verstarb Johanna Döbereiner an den Folgen einer Alzheimererkrankung.
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Ebenfalls diese Woche
23. November 1937: Roseli Ocampo-Friedman (Link Englisch)
Die US-amerikanische Mikrobiologin und Botanikerin philippinischer Herkunft war auf Cyanobakterien und extremophile Lebensformen spezialisiert; ihre Arbeit ist interessant für das Terraforming bei einer möglichen Marskolonisation.
27. November 1932: Elsa G. Vilmundardóttir (Link Englisch)
Als erste Isländerin mit einem Universitätsabschluss in Geologie war sie auch Islands erste weibliche Geologin.