Schlagwort: burlesque

29/2023: Annie Sprinkle, 23. Juli 1954

Wie so viele, und doch mehr als andere, ist Annie Sprinkles Biografie zwar interessant, doch viel spannender, auch komplexer und wichtiger ist mir das, was sie (in meinem Jahr der intersektionalen Aktivistys) repräsentiert. Sie ist die einzige Vertreterin in meinem Jahresplan – soweit ich das bis jetzt absehen kann – des Aktivismus für sexworkers, also meine einzige ‚Chance‘, in diesem Rahmen darüber zu sprechen und meine Position dazu festzuhalten (in Kürze: Betroffenen zuhören und im Diskurs Priorität einräumen, sexwork is work).

Wie kann ich mir aber dem Ausmaß und der Komplexität des Themas anders annähern als häppchenweise, vor dem Hintergrund meiner persönlichen beruflichen und familiären Lage (die Sommerferien stehen zum Zeitpunkt, zu dem ich dies schreibe, ins Haus und was an Lohnarbeit da ist, muss um den Urlaub herum erledigt werden). Kleiner Hinweis noch mal darauf, dass ich dieses Blog seit nunmehr elf Jahren alleine zum ‚Privatvergnügen‘ betreibe und doch vor dem Tribunal der Öffentlichkeit bestehen können möchte.


CN: Pornografie, Sexarbeit

Geboren wurde Annie Sprinkle in Philadelphia, Pennsylvania, als Ellen F. Steinberg, als Tochter eines russisch-polnisch-jüdischen Elternpaares. Als sie fünf Jahre alt war, zog die Familie nach Los Angeles, Kalifornien, und zwischen ihrem 13. und 17. Lebensjahr lebten sie in Panama. Als Ellen/Annie 18 war, arbeitete sie in Tucson, Arizona, als Kartenverkäuferin in einem Kino. Es war 1972 und der Film Deep Throat lief über die US-amerikanischen Leinwände. Der Film selbst wäre einen ausführlichen Text wert – auf der einen Seite gilt er als der Startschuss für den porno chic der 1970er Jahre, als erstes Beispiel für narrative Pornografie – und nebenbei als profitabelster Film aller Zeiten. Auf der anderen Seite steht er in der Kritik, dass Hauptdarstellerin Linda Lovelace die gezeigten sexuellen Handlungen nicht aus freien Stücken vollzog, sondern von ihrem Ehemann mit Gewalt bedroht und gezwungen wurde – und nebenbei die Produktion von der Mafia finanziert wurde, sein Erfolg auf dem mafioösen Netzwerk in den USA aufbaute und ein Großteil seiner Einnahmen auch zurück in die Taschen der Mafia floss.

Wie dem auch sei, ‚Deep Throat‚ lief in dem Kino, in dem Steinberg/Sprinkle als Kartenverkäuferin arbeitete, und wurde dort von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Sie wurde als Zeugin beim Prozess gegen den Regisseur Gerard Damiano geladen und verliebte sich während des Prozesses in ihn. Nach dem Prozess ging sie als seine Geliebte mit ihm nach New York und begann kurz darauf selbst als Pornodarstellerin zu arbeiten. Annie Sprinkle war zunächst ein Pseudonym – eine ‚Eingebung der Göttin‘, wie sie es nennt – heute ist es ihr eingetragener Name. Bis zur Mitte der 1970er Jahre spielte sie in über hundert Pornofilmen mit und war auch als Prostituierte tätig. Ihre Arbeit als Sexarbeiterin veränderte sich 1978 grundlegend, als sie den Fluxus-Künstler Willem de Ridder (Link Englisch) kennenlernte(1); er forderte sie auf, alles, was sie tat, als Kunst aufzufassen. Diesen Wandel der eigenen Auffassung vom Objekt (der Begierde und der Blicke des Zuschauers) zum Subjekt (der sexuellen und künstlerischen Handlungen) wird der Beginn des ‚post-porn movements‚ betrachtet.*

Sie lebte einige Zeit mit de Ridder in Italien. Als sie in die USA zurückkehrte, begann sie, als Burlesque-Künstlerin zu arbeiten(2), dabei nahmen ihre Auftritte bald Züge der Performancekunst an, indem sie Anekdoten erzählte und mit dem (meist männlichen, oft masturbierenden) Publikum interagierte.(2) Sie begann auch, die Rollen hinter der Kamera von Porno-Produktionen einzunehmen, dabei entwickelte sie einen satirischen, selbstreflexiven Stil, mit dem ihre Werke großen Erfolg hatte. Der selbst-betitelte ‚Deep Inside Annie Sprinkle‚ etwa, den sie gemeinsam mit Joseph W. Sarno drehte, spielte das zweitbeste Ergebnis des Porno-Genres im Jahr 1981 ein. Aus der Idee zu diesem Film – und einer Gruppierung namens ‚Club 90‚, in der sich Pornodarstellerinnen regelmäßig zum Austausch trafen – entstand 1984 das Bühnenstück ‚Deep Inside Porn Stars‚. Darin kommen Sprinkle und andere Pornodarstellerinnen in einem Nachbau von Sprinkles Wohnzimmer zusammen und unterhalten sich; dabei werden Bilder aus ihrem Leben erzählt. Jede auftretende Frau wechselte zuerst aus ihrem ‚Darstellerinnen‘-Outfit in ihre ’normale‘ Kleidung, Sprinkle bietet jeder Tee und Kekse an, und das Baby einer der Darstellerinnen ist auf der Bühne anwesend. Die Grenzen zwischen der Porno-Persona und der realen Person dahinter verschwimmen, wodurch sich notgedrungen auch die Dichotomie vom ‚guten‘, ‚anständigen‘ Mädchen und dem ’schlechten‘, ‚gefallenen‘ Mädchen auflöst. Sprinkles eigenes Stück ‚Post Porn Modernist‚ war eine Weiterentwicklung dieser Performance, vor allem aber brachte es ihr eine Einladung des Theaterregisseurs Richard Schechner zu seinem ‚Prometheus Project‚ ein und damit die Anerkennung als Theater- und Performancekünstlerin außerhalb des Porno-Genres.(2, hier auch Einzelheiten zu Sprinkles Beitrag zum Projekt)

Von da an vereinte Sprinkle ihre pornografische Arbeit mit künstlerischem, aufklärerischem und ausdrücklich feministischem Ausdruck; dazu gehörte auch ihr Auftritt in Monika Treuts Film ‚My Father Is Coming‚ 1991. Im gleichen Jahr rief sie den ‚Sluts and Goddesses Workshop‚ ins Leben, auf dem aufbauend sie im Folgejahr das Video ‚The Sluts and Goddesses Video Workshop – Or How To Be A Sex Goddess in 101 Easy Steps‚ produzierte, das Frauen neue Möglichkeiten zur Erschließung der eigenen Sexualität und Erregung aufzeigen sollte. Sie erlangte (irgendwann im Laufe der Zeit) einen Doktorgrad in Sexualwissenschaft am Institute for Advances Study of Human Sexuality (Link Englisch), und brachte mehrere Performance-Stücke auf die Bühne, etwa ihr ‚Public Cervix Announcement‚ von 1997, bei dem sie die Zuschauer ihren Muttermund durch ein Spekulum betrachten ließ.

Sprinkle bezeichnet sich selbst als ‚die Prostituierte und Pornodarstellerin, die zur Sexualpädagogin und Künstlerin wurde‘. Ihre Stücke werden akademisch bearbeitet; sie hat diverse Medien produziert und Workshops geschaffen, die Frauen helfen sollen, ihre Sexualität zu entdecken und frei zu erleben. Gemeinsam mit dem Sexualtherapeuten Joseph Kramer hat sie eine tantrische Massagetechnik für die Yoni (die Vulva, Vagina und der Uterus) entwickelt. Als Pornoproduzentin hat sie viele heutige Porno-Genres entwickelt oder ins Leben gerufen, als Künstlerin war sie 2014 auf der documenta 14 vertreten. Seit 2007 ist sie mit ihrer künstlerischen Kollaborateurin, Elizabeth Stephens, verheiratet; die beiden bezeichnen sich als ‚ökosexuell‘ und haben als künstlerische Performance verschiedene Naturerscheinungen geheiratet. Ihre sexualpädagogische Arbeit greift dabei ineinander mit einem umweltpädagogischen Ansatz; die sexuelle Aufklärung ist mit klimapolitischer Aufklärung vereint.


Das ‚post-porn movement‚ betrachtet die großangelegte Porno-Filmindustrie kritisch und bevorzugt individuelle, alternative Pornoschaffende. Diversität und die Darstellung queerer Lebens-(und Sexualitäts-)realitäten werden wertgeschätzt.


Annie Sprinkle – das benötigt eigentlich keinen Hinweis – ist sex-positive Feministin. Der sex-positive Feminismus betrachtet die freie weibliche Sexualität als Bestandteil der Befreiung der Frau – im Gegensatz zu einer Betrachtungsweise, die Sexualität als Frau grundsätzlich als eine Form der männlichen Unterdrückung postuliert. Dazu gehört notwendigerweise und unter allen Umständen jede Form von Pornografie. Annie Sprinkle unter anderem vertritt die Position, dass feministische Pornografie nicht nur möglich, sondern nötig ist und dass das Entdecken und Ausleben der weiblichen Sexualtität ein Akt des feministischen Widerstands gegen die prohibitive Körperpolitik des Patriarchats ist.

Im Essay Feminism, Moralism and Pornography, eines der frühesten Dokumente gegen eine US-amerikanische Anti-Porn-Bewegung, erläutert Ellen Willis die Haltung des sex-positiven Feminismus. Ich zitiere hier nur die für mich besonders markanten Stellen:

• ‚If feminists define pornography, per se, as the enemy, the result will be to make a lot of women ashamed of their sexual feelings and afraid to be honest about them. And the last thing women need is
more sexual shame, guilt, and hypocrisy – this time served up as feminism.

– Wenn Feminist*innen Pornografie per se als den Feind definieren, wird das Ergebnis sein, dass sie viele Frauen dazu bringen, sich für ihre sexuellen Gefühle zu schämen und Angst zu haben, ehrlich damit umzugehen. Und das Letzte, was Frauen brauchen, ist noch mehr sexuelle Scham, Schuld oder Scheinheiligkeit – dieses Mal als Feminismus serviert.

• ‚In practice, attempts to sort out good erotica from bad porn inevitably come down to „What turns me on is erotic; what turns you on is pornographic.“
– In der Praxis werden Versuche, gute Erotica von schlechter Pornografie zu unterscheiden, unausweichlich damit enden: ‚Was mich anmacht, ist erotisch, was dich anmacht, ist pornografisch.‘

•‘It is precisely sex as an aggressive, unladylike activity, an expression of violent and unpretty emotion, an exercise of erotic power, and a specifically genital experience that has been taboo for women. Nor are we supposed to admit that we, too, have sadistic impulses, that our sexual fantasies may reflect forbidden urges to turn the tables and get revenge on men.
– Es ist genau Sex als eine aggressive, undamenhafte Aktivität, ein Ausdruck von gewaltvoller und unschöner Gefühle, eine Ausübung erotischer Macht und eine ausdrücklich genitale Erfahrung, die für Frauen tabu war. Noch sollen wir zugeben, dass auch wir sadistische Impulse haben, dass unsere sexuellen Fantasien möglicherweise verbotene Bedürfnisse spiegeln, den Spieß umzudrehen und Rache an den Männern zu nehmen.

• ‚In any case, sanitized feminine sexuality, whether straight or gay, is as limited as the predatory masculine kind and as central to women’s oppression; a major function of misogynist pornography is to scare us into embracing it.
– In jedem Fall ist die bereinigte weibliche Sexualität, ob hetero- oder homosexuell, ebenso eingeschränkt wie die ausbeuterische männliche, und ebenso zentral in der Unterdrückung der Frauen; eine Hauptfunktion von misgyner Pornografie ist es, uns durch Angst dazu zu bringen, sie anzunehmen.

• ‚The basic purpose of obscenity laws is and always has been to reinforce cultural taboos on sexuality and suppress feminism, homosexuality, and other forms of sexual dissidence. No pornographer has ever been punished for being a woman-hater, but not too long ago information about female sexuality, contraception, and abortion was assumed to be obscene. In a male supremacist society the only obscenity law that will not be used against women is no law at all.
– Das schlichte Ziel von Gesetzen gegen ‚Unzucht‘ ist und war es schon immer, kulturelle Tabus zur Sexualität zu bekräftigen und Feminismus, Homosexualität und andere Formen der sexuellen Gegenbewegung zu unterdrücken. Kein Pornograf ist jemals dafür bestraft worden, ein Frauenhasser zu sein, aber vor noch nicht allzu langer Zeit wurden Informationen zu weiblicher Sexualität, Verhütung und ABtreibung als ‚unzüchtig‘ angesehen. In einer männlich beherrschten Gesellschaft ist das einzige Unzuchts-Gesetz, das nicht gegen Frauen angewendet wird, *kein Gesetz*.

• ‚In contrast to the abortion-rights movement, which is struggling against a tidal wave of energy from the other direction, the anti-porn campaign is respectable. It gets approving press and cooperation from the New York City government, which has its own stake (promoting tourism, making certain neighborhoods safe for gentrification) in cleaning up Times Square. It has begun to attract women whose perspective on other matters is in no way feminist („‚I’m anti-abortion,'“ a participant in WAP’s march on Times Square told a reporter, „‚but this is something I can get into'“). Despite the insistence of WAP organizers that they support sexual freedom, their line appeals to the anti-sexual emotions that feed the backlash.
– Im Kontrast zur Bewegung für das Recht auf Abtreibung, die gegen eine Flutwelle der Energie aus der Gegenrichtung zu kämpfen hat, ist die Anti-Porn-Kampagne wohlanständig. Sie erhält zustimmende Presse und Mitarbeit der Regierung der Stadt New York, die ihre eigenen Interessen (vermehrter Tourismus, gewisse Bezirke für die Gentrifizierung sicher zu machen) daran hat, den Time Square zu säubern. Sie hat angefangen, Frauen anzuziehen, deren Perspektive in anderen Belangen in keiner Weise feministisch ist (‚Ich bin gegen Abtreibung‘, erzählte eine Teilnehmerin des WAP-Marsches auf dem Time Square einem Journalisten, ‚aber diese Bewegung ist eine, bei der ich mich wiederfinde.‘). Entgegen dem Beharren der WAP (Women Against Pornography) Organisatorinnen, dass sie sexuelle Freiheit unterstützen, klingt ihre politische Linie an bei den anti-sexuellen Gefühlen, die die Gegenreaktion verstärken.

Ich erinnere mich an den Nachhall der deutsche PorNO-Kampagne, die wohl in einer Linie steht mit dem heutigen Dogmatismus, den Alice Schwarzer für Feminismus hält; meines eigenen geringen Interesses am Porno-Konsum ungeachtet halte ich die freie, selbstbestimmte Ausübung von (selbstverständlich konsensueller) Sexualität auch als Arbeit für einen notwendigen Bestandteil der Geschlechtergerechtigkeit.


Quellen Biografie: Wiki deutsch | englisch
außerdem entsprechend markierte Stelle:
(1) University of Oregon Art History Student Association
(2) The Whore in All of Us: Transgressive Female Sexuality in the Works of Lydia Thompson and the British Blondes, Mae West, and Annie Sprinkle

08/2023: Heather MacAllister, 25. Februar 1968

Heather MacAllister wurde in Michigan geboren, lebte in verscheidenen Städten in dem Bundesstaat, aber auch in Tuscon, Arizona und schließlich in San Francisco. Mit dreißig Jahren machte sie einen Bachelor Degree in Anthropologie und African-American Studies. Sie war aktiv in verschiedenen Netzwerken und Organisationen gegen Gewichtsdiskriminierung und für fat acceptance (Link Englisch), sowie gegen die Verfolgung und Diskriminierung von trans Menschen; nach dem 11. September 2001 setzte sie sich auch für die Bürgerrechte von muslimischen und Arab-US-Amerikanern ein. Sie arbeitete unter anderem für NoLose, in der sich dicke queere Menschen organisieren, und leistete Lobbyarbeit für eine Gesetzgebung gegen Gewichtsdiskriminierung, die 2000 in San Francisco umgesetzt wurde.

Hauptsächlich bekannt ist sie für ihre Burlesque*-Truppe ‚Big Burlesque and the Fat Bottom Revue‚, in der ausschließlich dicke Künstlerinnen tanzten. Für ihre Auftritte verwendete MacAllister die Bühnennamen Ms Demeanor (a misdemeanour = ein Vergehen) und Reva Lucian (ein Wortspiel mit Revolution, falls es nicht aufgefallen sein sollte), ihre Truppe trat bei unterschiedlichsten Gelegenheiten wie etwa dem Burning Man und Konferenzen politischer Organisationen, aber auch privaten Veranstaltungen auf. Neben dem Entertainment setzte MacAllister mit ihrer Truppe auch Körper-Akzeptanz-Workshops um.

Die Anthropologin und Künstlerin war überzeugt, dass Burlesque eine wirksame Form des Aktivismus sei: „Jedes Mal, wenn eine dicke Person auf der Bühne etwas anderes als eine Witzfigur darstellt, ist es politisch. Füge dem noch Bewegung hinzu, dann Tanz, dann Sexualität, und du hast einen revolutionären Akt.“ (Zitatquelle: Wikipedia, Übersetzung von mir)

Ebenso ein Akt körperpolitischer Revolution war es, als MacAllister und Big Burlesque 2005 für eine Kunstgalerie von Leonard Nimoy fotografiert wurden – das Kunstprojekt hieß The Full Body. In seiner Erläuterung dazu erklärt Nimoy, dass Frauenkörper in seinen bisherigen Fotografien dem gesellschaftlichen Standard von Schönheit entsprachen und sie auch von Betrachtenden als ’schön‘ bezeichnet wurden. Die Fotografien der Burlesquetänzerinnen seien eine Abweichung davon, diese Frauen zeigten sich selbst, im Gegensatz zu den Modellen, die er sonst fotografiert und die seinen Anweisungen folgten. In den Bildern ginge es daher auch mehr um die Frauen als um ihn als Künstler. Er stellt mit den Frauen ansatzweise die Bilder anderer Künstler nach, wie Herb Ritts, Helmut Newton oder auch Matisse, zum Teil bekleidet, zu großem Teil nackt. Seiner Aufforderung, sich stolz zu zeigen, kamen die Burlesquetänzerin mit Leichtigkeit nach, auch ihre spürbare Entspanntheit miteinander und sich selbst beschreibt Nimoy. Die Reaktionen auf diese Bilder, schließt er, sei eine andere, die Betrachtenden sprächen anders von den Bildern. Kommentare führten zu Fragen, Fragen zu Diskussionen, über Schönheitsideale, soziale Akzeptanz, kosmetische Eingriffe und anderes. „In diesen Bildern tragen die Frauen ihre eigene Haut. Sie respektieren sich selbst und ich hoffe, meine Bilder vermitteln dies an andere.“ (Quelle: web.archive.org, Übersetzung meine)

2006 erhielt MacAllister vom Harvey Milk LGBTQ Democratic Club (Link Englisch) den Queer Cultural Activist Award. Im Folgejahr starb Heather MacAllister 38jährig durch Sterbehilfe, nachdem sie vorher an Eierstockkrebs erkrankt war. Ein Bildband von The Full Body Project erschien 2008, es ist ihr gewidmet.


Quelle Biografie: Wiki englisch


*Mit Burlesque ist hier New Burlesque gemeint. Für eine interessante, zeitgeschichtliche Einordnung von (New/Neo) Burlesque in Abgrenzung zum Striptease ist der englische Wikipedia-Artikel zu Neo-Burlesque lesenswert. Meine Paraphrasierung für die kurze Lesezeit:

Das ursprüngliche Burlesque-Theater, in dem bekannte Stücke parodiert wurden und Frauen in Männerrollen auftraten, kam in den 1860er Jahren aus Großbritannien in die USA und zwar mit den British Blondes unter der Leitung von Lydia Thompson. Bis in die 1930er Jahre veränderte sich die US-amerikanische Burlesque hin zu einer Form des Striptease, was wiederum dazu führte, dass es in dieser moralisch strengen Dekade** stark reguliert wurde. Damit verschoben sich die Inhalte weg vom strip hin zum tease, doch durch politische Reglementierung und Unterdrückung verschwand das Burlesque-Theater fast vollständig von der Entertainment-Bildfläche. Mit sich lockerndem moralischen Zeitgeist konnten direkter auf sexuelle Erregung abzielende Striptease-Lokale Fuß fassen – und da ab den 1960ern auch Nacktheit in Filmen und anderen Entertainments gängiger wurde, schien das Spiel mit neckischem Entblößen der Burlesque überkommen. Seit 1994 feiert Neo-Burlesque ein Revival als eine ‚vintage‚ Form der Unterhaltung. Das moderne Burlesque-Theater spielt wieder mit Andeutung statt full frontal nudity, hat eher sinnliche als sexuelle Erregung zum Ziel und setzt schlüpfrigen Humor ebenso wie Gesangs- und Tanzeinlagen für ein breiteres Kulturerlebnis ein. Während in seiner Frühzeit die Burlesque gemeinsam mit den rassistischen Minstrel Shows und den ableistischen Freak Shows zu den anspruchslosen Formen der Unterhaltung zählte, hat die moderne Form diese diskriminierenden Zurschaustellungen in ihr Gegenteil verkehrt. Statt als passive, stereotype und abstoßende Objekte erscheinen im Neo-Burlesque diverse Menschen mit unterschiedlichen Körpern als aktive, individuelle und sinnliche Subjekte. Ein normatives Schönheitsideal wird verweigert, weshalb es für Aktivistys der body positivity wie Heather MacAllister ein fruchtbares politisches Instrument ist – Aktivitainment, sozusagen. Mit der Boylesque erwuchs dem Burlesque auch eine verwandte Kunstform, in der statt der weiblichen Darstellung – Frauen und Drag Queens – männliche Darstellende Burlesque-Akte aufführen.

**Auch der Hays-Code wirkte von 1934 an „reinigend“ auf Filme und führte hier ebenfalls zu kreativen Ideen, Anzüglichkeiten und sexuelle Inhalte zu verbrämen.

WEG MIT
§218!