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2/2020: Edith Anne Stoney, 6. Januar 1869

Edith Anne Stoney (Link Englisch) wurde in eine Familie von Wissenschaftlern geboren: Ihr Vater war der Physiker George Johnstone Stoney, der der Elementarladung den Namen Elektron gab, ihr Onkel Bindon Blood Stoney war Ingenieur, ebenso wie einer ihrer beiden Brüder, und ihre Schwester Florence Stoney wurde die erste Radiologin des Vereinigten Königreichs.

Edith war begabte Mathematikerin, sie studierte mit Stipendium an einem College in Cambridge bis zum Bestehen der ersten Abschlussprüfungen 1893 – einen akademischen Grad erwarb sie allerding nicht, da die Universität Cambridge offizielle Abschlüsse von Frauen erst 1948 zuließ. Das Trinity College in Dublin verlieh jedoch ihr einen Bachelor of Arts und einen Master of Arts, nachdem dort 1904 Frauen zum Studium zugelassen wurden.

Am College war sie für das Teleskop der Schule zuständig, nach dem Studium arbeitete sie kurz für den Erfinder der Dampfturbine, Charles Algernon Parsons, bis sie eine Stelle als Mathematiklehrerin am Cheltenham Ladies‘ College antrat. In der Zwischenzeit hatte ihre Schwester Florence an der London School of Medicine for Women (Link Englisch) studiert und ihren Abschluss gemacht – eine Schule, die bereits 1874 unter anderem von Elizabeth Blackwell gegründet worden war, in Voraussicht auf den UK Medical Act von 1876, der die Geschlechterdiskriminierung beim Zugang zu medizinischen Ausbildungsgängen verbot. Die London School of Medicine for Women wurde Teil der University of London, die klinischen Anteile der Ausbildung fanden am Royal Free Hospital statt. 1899 wurde Edith Anne Stoney dort als Physiklehrerin eingestellt. Sie richtete ein Labor für 20 Studentinnen ein und legte die Inhalte der Physikkurse fest.

Zwei Jahre später wurde Florence Stoney zur „medizinischen Elektrikerin“ in Teilzeit am Free Royal Hospital berufen. Zusammen eröffneten die Schwestern Stoney im April 1901 einen Röntgen-Dienst im Krankenhaus.

Beide Stoney-Schwestern boten dem Britischen Roten Kreuz ihre Dienste als Radiologinnen für die britischen Soldaten im Ersten Weltkrieg an, sie wurden dort jedoch aufgrund ihres Geschlechtes abgelehnt. Die beiden gründeten kurzerhand ihre eigene Abteilung innerhalb Women’s Imperial Service League, mit Florence im kriegsgeschüttelten Europa, während Edith in London für den Materialbedarf zuständig war. 1915 legte Edith Stoney ihre Lehrtätigkeit nieder, zum gleichen Zeitpunkt kehrte Florence aus Europa nach London zurück. In Zusammenarbeit mit einem Krankenhaus, das von der Suffragetten-Bewegung mitfinanziert wurde, konnten sie ein 250-Betten-Lazarett in Nordfrankreich einrichten, in dem Edith als Radiologin tätig wurde. Sie lokalisierte Kugeln und Bombenschrapnelle in Verwundeten und führte auch die Röntgendiagnose von Wundbrand (Gangrän, CW Bild) ein: Bei Gasgangrän stellt das Vorhandensein von Gas im Gewebe, das im Röntgenbild erkennbar ist, eine Indikation für eine Amputation der Extremitäten dar, um Überlebenschancen zu erhalten.

Die gesamte medizinische Einheit im Lazarett war weiblich bis auf zwei Fahrer und Stoneys Assistent. Im September 1915 war die Front so nah an das Lazarett gerückt, dass der nahgelegene Ort vollständig evakuiert war und sie nachts die Artillerie hören konnten. Per weiterer Anweisungen arbeiteten die Stoney-Schwestern anschließend in Serbien und Griechenland, wo sie unter schwierigsten Umständen und mit großem Materialmangel Soldaten röntgen, versorgten und bei der Genesung unterstützten. Nach einem Krankheitsurlaub im September 1916 kehrte Edith nach Griechenland zurück, ein Jahr später arbeitete sie erneut in Frankreich als Leiterin der Röntgenabteilungen mehrerer Lazarette.

Für ihre medizinischen Leistungen im Ersten Weltkrieg wurde sie von Frankreich, Serbien und England mit diversen Medaillen geehrt. Nach dem Ende des Krieges nahm Edith Anne Stoney ihre Lehrtätigkeit wieder auf. 1925 setzte sie sich zur Ruhe, war jedoch im Ruhestand noch rege aktiv in der Womens‘ Engineering Society (Link Englisch) und reiste um die Welt. Sie hatte sich Zeit ihres Lebens für das Recht der Frauen auf Bildung eingesetzt und hielt zu diesem Thema Vorträge, außerdem rief sie einen Wohltätigkeitsverband ins Leben, der Studentinnen an ihrem alten College finanziell bei Auslandsaufenthalten unterstützt.

Edith Anne Stoney starb 1938 mit 69 Jahren. Sie gilt heute als Pionierin der Medizinischen Physik.

Ausgerechnet die Newcastle University, an der sie nur kurz zusammen mit Parsons arbeitete, widmet ihr eine Biografie.

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Ebenfalls diese Woche

7. Januar 1863: Anna Murray Vail (Link Englisch)
Die Botanikerin studierte bei Nathaniel Lord Britton (Ehemann von Elizabeht Gertrude Britton) und war an der Gründung des New York Botanical Garden beteiligt, unter anderem als dessen erste Bibliothekarin.

9. Januar 1858: Elizabeth Gertrude Britton (Link Englisch)
Sie war mit ihrem Ehemann zeichnen mit der Erhebung von Spendengeldern maßgeblich verantwortlich für die Gründung des New York Botanical Gardens, außerdem war sie Mitbegründerin der Vorgängervereinigung der American Bryological and Lichenological Society. Mit 170 Schriften trug sie einiges zur Literatur über Moose bei.

12. Januar 1914: Doris Malkin Curtis (Link Englisch)
Die US-amerikanische Paläontologin, Stratigraphin und Geologin war die erste weibliche Präsidentin der Geological Society of America.

8/2019: Agnes Arber, 23. Februar 1879

Agnes Arber

Agnes Arber – in Kürze – war 1946 die erste Botanikerin, die als „Fellow“ in die Royal Society (bestehend seit 1660) gewählt wurde (die erste Frau überhaupt war 1945 Kathleen Lonsdale, eine Kristallographin, die zweite 1946 die Biochemikerin Marjory Stephenson) und 1948 die erste Frau, die die Gold-Medaille der Linnean Society of London erhielt (Vergabe der Medaille seit 1888), bei der sie seit 1908 Mitglied war.

Die Tochter eines Lehrers und Künstlers lernte bei ihrem Vater das Zeichnen, das ihr später erlaubte, ihre Werke selbst zu illustrieren. Ihr Interesse an Botanik erweckte ihre Lehrerin Edith Aitken. Mit 15 Jahren gewann sie ein Stipendium für ihre botanischen Untersuchungen und traf im Wissenschaftsclub ihrer Schule auf Ethel Sargant, Botanikerin und später erste Frau im Vorstand der Linnean Society. Die 16 Jahre ältere Wissenschaftlerin sollte Arber zur Mentorin und Fördererin werden.

Mit 18 begann Arber ihr Studium am University College London, nach einem Bachelor-of-Science-Abschluss dort ging mit sie mit einem Stipendium an das Newnham College der Universität Cambridge. Insgesamt schloss sie ihr Studium 1905 an beiden Universitäten mit einem Magister Artium und einem Doctor of Science ab. Schon während ihres Studiums und im Anschluss daran arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Sargants Botaniklabor.

Bis 1942 war die Morphologie und vergleichende Anatomie vor allem der Einkeimblättrigen ihr Forschungsgebiet. Nach einem ersten Buch über die Geschichte und Entwicklung von Kräuterbüchern im Jahr 1912 veröffentlichte sie bis 1934 drei Bücher über Einkeimblättrige, Wasserpflanzen (aquatic angiosperms) und Süßgräser (Graminae). Die Forschungen dazu betrieb sie zu großen Teilen in ihrem eigenen Labor zu Hause. Als der Zweite Weltkrieg die Materialien knapp werden ließ, wandte sie sich der Wissenschaftsphilosophie zu. Sie schrieb über historische Botaniker und befasste sich mit Goethes Gedanken zur Botanik. In ihrem vorletzten Buch erarbeitete sie eine Methodik der biologischen Untersuchungen, darin greift sie der Erkenntnis Thomas S. Kuhns vor, dass die Interpretation von Forschungsergebnissen unter dem Einfluss der bestehenden wissenschafltichen Erkenntnisse und Meinungen stattfindet. Ihr letztes Buch bringt künstlerische, wissenschaftliche und philosophische Gedanken zusammen, um ihre holistische Erfahrungen zu verarbeiten.

Agnes Arber war in kurzer, aber glücklicher Ehe verheiratet mit einem Paläobotaniker (er starb jung) und hatte aus dieser Beziehung eine Tochter. Sie starb 1960 im Alter von 81 Jahren. Die Seite famousscientists.org hält eine weitere Biografie bereit; die Masters of Malt haben einen Gin im Sortiment zu ihren Ehren, der allerdings lecker klingt.

Bild: By Source, Fair use

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