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10/2019: Pearl White, 4. März 1889

Pearl White

Pearl White zeigte schon in ihrer Kindheit und Jugend das Talent für eine Action-Darstellerin: Mit sechs Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Bühne, mit 13 Jahren arbeitete sie als Kunstreiterin im Zirkus. Während der Highschool begann sie regelmäßig an einem Theater in ihrer Heimatstadt Springfield (Missouri) zu arbeiten, schließlich verließ sie die Schule ohne Abschluss und reiste mit einer Theatergruppe durch Amerika. Im Laufe der Zeit konnte sie sich mit der Schauspielerei einen Lebensunterhalt verdienen, das Singen musste sie hingegen aufgeben, als ihre Stimme unter der Dauerbelastung zu leiden begann. Mit 21 Jahren wurde sie dann vom Film entdeckt – in New York, denn 1910 war Hollywood noch nicht viel mehr als der Name sagt, ein Stechpalmenwald. Erst 1911 flohen unabhängige Filmemacher wie D.W. Griffiths vor den zweifelhaften Geschäftspraktiken der Motion Picture Patents Company an die Westküste.

White erspielte sich mit Slapstick und physical comedy in Filmen der Produktionsfirma Pathé Frères eine Position als Star an der Ostküste. Insbesondere die Kurzfilm-Serie The Perils of Pauline von 1914 machte sie beim Publikum beliebt: Zwanzig Episoden von etwa zehn Minuten Länge (oder zwei Rollen Film), die im Abstand von jeweils einer Woche in den Nickelodeons veröffentlicht wurden. White stellte darin die Heldin Pauline dar, die durch äußere Umstände in jeder Episode in Gefahr gerät und sich actionreich und athletisch retten muss. Die Nachfolge-Serie The Exploits of Elaine von 1915 wurde noch erfolgreicher und machten White zu einer der höchstbezahlten – und ersten – Filmstars der damaligen Zeit. White war selbst sportlich und zupackend, ein Gegenentwurf zu den Frauen, die sonst im Film zu sehen waren und eher der Rolle des Ingenue, der „jugendlich Naiven“ entsprachen. Eine findige, mutige und fähige Person nicht nur auf der Leinwand, machte White in ihren Filmen die Stunts selbst – bis die Produktionsfirma gewahr wurde, dass sie ihren größten Star nicht beständig der Gefahr aussetzen konnten (sie hatte sich bereits bei einem Stunt am Rücken verletzt, die Schmerzen begleiteten sie den Rest ihres Lebens und führten zu einer Alkoholsucht). Sie wurde also in späteren Filmen von einem männlichen Stuntman mit Perücke ersetzt, während die Filme noch stets damit beworben wurden, dass White auch in den abenteuerlichsten Szenen selbst zu sehen war. Dieser Schwindel flog 1922 auf, als ihr Double beim Dreh der letzten Serie sich bei einem Sprung den Schädel zerschmetterte und starb. Der Star selbst hatte zu diesem Zeitpunkt selbst schon keine Lust mehr auf die ewige Komödie, drei Jahre zuvor hatte sie bei der Fox Film Corporation einen Vertrag unterschrieben, bei der sie sich in ernsthaften Rollen versuchen wollte. Sie spielte in zehn Filmen der Produktionfirma, konnte jedoch nicht an die Erfolge ihrer Slapstick-Hits anschließen.

Europa war ein regelmäßiges Reiseziel in Whites Leben gewesen, und die amerikanische Filmlandschaft hatte ihr nicht mehr viel zu bieten. Sie verließ die USA und ließ sich im Quartier de Montparnasse in Paris nieder. Sie drehte noch einen letzten Film in Frankreich, Terreur (1924), und stand für die Gage von 3.000 Dollar pro Woche noch eine Saison in einem Londoner Theater auf der Bühne. Mit 37 konnte sie dank eines Vermögen von 2 Millionen Dollar in Rente gehen; sie investierte in einen Pariser Nachtclub, ein Hotel in Biarritz und einen Rennstall mit zehn Pferden und sicherte sich damit ein luxuriöses Leben mit einem Stadthaus in Paris und einem Landgut außerhalb der Stadt. Nach zwei gescheiterten Ehen in Amerika lernte sie in Europa einen griechischen Geschäftsmann kennen, mit dem sie statt Ringe zu tauschen ein Haus in der Nähe von Kairo kaufte und im Nahen Osten herumreiste.

Leider trank sie und nahm Drogen, aufgrund dessen verlor sie auch das Aussehen und auch die Agilität des Stars, der sie einst gewesen war. Sie kehrte noch einige Male in die USA zurück, ohne jedoch großes Interesse – oder vielleicht auch nur echte Chancen – ihre Arbeit beim Film wieder aufzunehmen. Ihre Stimme war angeblich nicht für den Tonfilm geeignet, der bis 1929 so populär geworden war, dass dieses Merkmal entscheidend für eine Schauspielkarriere wurde. Ein letztes Mal besuchte sie ihr Herkunfstland 1937, in diesem Jahr stellte sie sich wohl bereits auf den Tod ein, denn sie sorgte für ein Grab und ihre Beerdigung vor. 1938 ging sie mit einem Leberleiden, wahrscheinlich Zirrhose, in ein amerikanisches Krankenhaus in Paris, wo sie einige Zeit später ins Koma fiel und am Folgetag verstarb.

Pearl White wurde 49 Jahre alt. Sie hinterließ einen Großteil ihres Vermögens ihrem griechischen Lebensgefährten und ihrer Famile, doch auch immerhin 73.000 Dollar an Wohltätigkeitsorganisationen. Von ihren Filmen existieren wohl nur noch eine für den europäischen Markt gekürzte Version von The Perils of Pauline, nur The Exploits of Elaine ist noch nachweislich existent und 1994 in das National Film Registry aufgenommen. Obwohl sie selbst niemals in Hollywood gedreht hat, wurde ihr ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame gewidmet.

Bild: By Unknown photographer – This image is available from the United States Library of Congress’s Prints and Photographs division under the digital ID cph.3a40878. This tag does not indicate the copyright status of the attached work. A normal copyright tag is still required. See Commons: Licensing for more information, Public Domain

KW 9/2014: Joanne Woodward, 27. Februar 1930

Joanne Woodward The Long Hot Summer

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Erste Person überhaupt, die mit einem Stern auf dem Hollywood Walk Of Fame geehrt wurde; außerdem erste, einzige und überlebende Ehefrau von Paul Newman *seufz*. IMDb

Runner-up: Brigitte Grothum – Zu Brigitte Grothum muss ich kurz schreiben, dass ich sie zuletzt in einigen Edgar-Wallace-Filmen sah, vor allem aber in dem grandios schönen, tragischen, viel tieferen, als sein Titel vermuten ließe, Der rote Rausch. Dieser kam ursprünglich wohl nicht beim Publikum an – möglich, dass das an einer Fehlvermarktung als Wallace-Reihenbeitrag lag, oder auch daran, dass das Publikum mit einer so differenzierten Darstellung einer reißerisch verkauften Psychokiller-Geschichte nicht zurecht kam.

Klaus Kinski spielt darin den psychopathischen Frauenmörder Josef Stief, der vier Frauen erwürgt hat – alle diese Frauen trugen rote Korallenketten. Nach Jahren in einer psychiatrischen Anstalt, in der man sich nicht anders zu helfen wusste als seine psychopathischen Wesenszüge völlig schizophren abzuspalten und ihn alle Gründe für seine Gefangenschaft vergessen zu lassen, nach Jahren völlig unschuldigen Eingesperrtseins in seinen Augen also gelingt ihm die Flucht. Brigitte Grothum spielt die Landwirtin und zukünftig wohlhabende Hoferbin Katrin, die den Flüchtigen aufnimmt, im Glauben, er sei „von drüben“ – von der anderen Seite der Landesgrenze, an der sie vor 8 Jahren ihren geliebten Ehemann Martin verloren hat.

Katrin ist eine Gefangene wie Josef (der sich Martin nennt), nur in ihren eigenen Strukturen. Sie ist Gefangene der Möglichkeit, dass ihr Mann noch leben könnte und sie einen unverzeihlichen Verrat an ihrer Liebe begehen würde, wenn sie ihn für tot erklären ließe; sie ist Gefangene der Gesellschaft, die von ihr erwartet, dass sie diese Liebe loslässt und endlich – vernünftigerweise – dem Werben des gutaussehenden, kernigen, männlichen Karl nachgibt, der der wichtigste Arbeiter auf ihrem Hof ist. In der Unfreiheit unter den Erwartungen ihrer Umwelt verliebt sich Katrin in den sensiblen, gehetzten Josef/Martin; die Leere seiner Lebensgeschichte dient ihr als Projektionsfläche, seine Andersartigkeit ist die ideale Ausweichmöglichkeit für sie, sowohl das zu tun, was alle von ihr wollen – sich fortzuentwickeln, neu anzufangen – und gleichzeitig die Herrschaft über ihr eigenes Leben zu behalten, indem sie einen Mann liebt, den sie sich allein ausgesucht hat, der von außen kommt und den sie ihrem ersten Geliebten nah empfindet.

Ihre Liebe ist in all diesen unbewussten Motivationen jedoch wahrhaftig und übersteht die Erkenntnis, einem geisteskranken Mörder zu gelten – sie erkennt ihn als Opfer, wie sie selbst Opfer der Umstände ist.

Ein Rausch, dieser Film, ja, aber kein blutiger, aus niederen Beweggründen – stattdessen ein Blick auf den Umgang unserer Gesellschaft mit denen, die auf den ersten Blick eine Bedrohung darstellen und auf einen zweiten und jeden weiteren selbst Opfer sind, die unser Mitgefühl verdienen. Außerdem ein merk-würdiger Zeitzeuge der Anfangsjahre deutscher Trennung.

Bild: By Trailer screenshot – The Long, Hot Summer trailer, Public Domain

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