Schlagwort: logische programmierung

51/2020: Mary Kenneth Keller, 17. Dezember 1913

Mary Kenneth Keller kam in Cleveland, Ohio (USA) zur Welt. Mit 19 Jahren trat sie dem katholischen Orden der Sisters of Charity of the Blessed Virgin Mary (B.V.M., Link Englisch) bei, acht Jahre später legte sie dort ihr Gelübde als Ordensschwester nieder. Anders als Nonnen leben Ordensschwestern nicht unbedingt in `päpstlicher Klausur´, und so nahm Sister Mary Kenneth Keller, B.V.M., anschließend das Studium der Mathematik an der DePaul University auf, einer katholischen Universität, an der die Ordensschwestern der B.V.M. schon seit dem Anfang des Jahrhunderts auch unterrichteten.

Sister Mary machte dort 1943 mit 30 Jahren ihren BSc in Mathematik und zehn Jahre später ihren MSc in Mathematik und Physik. Anschließend arbeitete sie als Doktorandin an verschiedenen Universitäten, und als solche war sie 1958 auch am Dartmouth College tätig. Sie war dort die erste Frau, die im Informatikzentrum der National Science Foundation angestellt wurde. Mary Kenneth Keller war hier eine der Informatiker:innen, die die neue Programmiersprache BASIC schrieben, gemeinsam mit John G. Kemeny und Thomas E. Kurtz. Typischerweise kommt ihr Name nicht in allen Text diesbezüglich vor. BASIC – Beginner’s All-purpose Symbolic Instruction Code (Allseitig verwendbarer symbolischer Befehlscode für Anfänger) – sollte den Elektrotechnikstudenten am College den Einstieg in die Programmierung erleichtern, bevor sie sich mit komplexeren Sprachen wie FORTRAN befassen mussten.

Ihren Doktortitel errang Sister Mary schließlich an der University of Wisconsin-Madison, mit einer Dissertation über computergenerierte Muster, die sie von FORTRAN per `induktiver Schlussfolgerung´wiederum auslesen ließ. „Zum ersten Mal können wir das menschliche Denken mechanisch nachahmen“, schrieb Keller dazu.

Nachdem sie ihre Promotion abgeschlossen hatte, ging sie als Professorin an das College des B.V.M., heute Clarke University (Link Englisch) und gründete dort den Fachbereich Informatik. Ihr ehemaliger Arbeitgeber, die National Sceince Foundation, stiftete über den Zeitraum von zwei Jahren insgesamt $25.000, um den Fachbereich mit Technik auszustatten. Keller stand der Fakultät für die folgenden zwanzig Jahre vor und ermutigte insbesondere Studentinnen, sich mit Computern und Informatik vertraut zu machen. Außerdem schrieb sie vier Bücher über Themen der Informatik und unterstützte die Gründung der Association Supporting Computer Users in Education (ASCUE, Link Englisch) als Vorstandsmitglied.

Sister Mary Kenneth Keller starb am 10. Januar 1985 mit 71 Jahren.

Der Podcast Nevertheless widmet ihr eine eigene Folge.

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Ebenfalls diese Woche

16. Dezember 1817: Elizabeth Carne (Link Englisch)
Zunächst Geologin, Conchologin (Muschelforscherin) und Naturphilosophin, wurde die Britin nach dem Tode ihres Vaters auch noch Bankerin. Ihre Erkenntnisse sind heute am ehesten dem Bereich der Humanökologie zuzuordnen, die das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt untersucht.

17. Dezember 1706: Émilie du Châtelet
Über diese Physikerin, Philosophin und Newton-Übersetzerin schrieb ich 2016, im Jahr der Frauen vor dem 19. Jahrhundert.

18. Dezember 1922: Esther Lederberg
Die Mikrobiologin entdeckte 1950 den Lambda-Phagen, ein Virus, das das Bakterium Escherichia coli als Wirt nutzt. Diese Entdeckung sollte später in der Gentechnik von bedeutender Wichtigkeit sein. Als Ehefrau eines Kollegen wurde jedoch auch Lederberg zum Opfer des Matilda-Effekt.

Veronica Dahl

* 1951

Veronica Dahl (Link Englisch) kam in Buenos Aires zur Welt* und machte dort 1974 auch ihren ersten Universitätsabschluss in Informatik. Zu diesem Zeitpunkt waren laut dieses Artikels über sie auf medium.com 75% der Informatikstudierenden in Argentinien bzw. an der Universidad de Buenos Aires Frauen, während die Zahl sich heute auf nur 11% beläuft. Auf eine damals bestehende Gleichberechtigung verweise dies aber durchaus nicht.

Auch Veronica Dahls Biografie wurde von der politischen Unsicherheit ihres Landes geprägt, die sich nach dem Tode Peróns fortsetzte (der zuletzt María Teresa Ferrari das Leben schwer gemacht hatte). In den Unruhen wurde eine:r ihrer ältesten Freund:innen vor ihren Augen durch Maschinengewehrfeuer ermordet. Dahl ging für ihr weiteres Studium nach Frankreich und wurde 1977 an der Universität Aix-Marseille eine der ersten Doktorandinnen im Fach Künstliche Intelligenz.

frauenfiguren veronica dahl cobol
Beispiel für eine Programmierung in COBOL
By Cody Logan – Own work, CC BY-SA 4.0

Sie konzentrierte sich während ihres Studiums auf Logische Programmierung, die auf einer Bibliothek an Axiomen (Grundsätzen) basiert, statt auf einer Reihe von Befehlen wie die imperativen Programmierungen Fortran und Cobol, zum Beispiel. Sie erstellte ein Programm, das die logische Programmierung anwandte, um Anfragen und Befehle, in menschlicher Sprache gegeben, zu verarbeiten. (Ich bitte um Entschuldigung, wenn dies nicht klar nachvollziehbar ist; ich bin begeistert, aber leider hier völlig ahnungslos.) Ihre Forschungsgebiete und Methoden erstreckten sich über so unterschiedliche Fachbereiche wie Künstliche Intelligenz, Computerlinguistik und Molekularbiologie. So trugen die Erkenntnisse, die sie in ihrem Buch Logic Grammar von 1989 veröffentlichte, zur Entzifferung des menschlichen Genoms bei.

1982 wurde sie außerordentliche Professorin an der Simon Fraser University in British Columbia, Kanada. Ihrer Bestrebung, ordentliche Professorin zu werden, stand auch akademischer Sexismus im Weg, so wurde ihr einmal gesagt, sie habe dafür noch nicht genug Publikationen vorzuweisen. Das, nachdem kurz zuvor ein männlicher Kollege mit weniger Publikationen befördert worden war. 1991 wurde sie schließlich doch ordentliche Professorin und blieb es bis zu ihrer Emeritierung 2013.

Neben ihrer Forschungstätigkeit in ihrem ‚eigenen‘ Fach hatte sie auch Kraft für feministischen Einsatz. Als sich die Universität weigerte, ihre die Kinderbetreuungskosten (von $17!) zu erstatten, die angefallen waren, weil sie eine Lesung in einer anderen Stadt hatte halten müssen, ging sie bis nationalen Forschungsrat Kanadas. Dieser schrieb es nach ihrer Beschwerde fest, dass Kinderbetreuungskosten von Forschenden mit Stipendium ersetzt werden müssen. Dahl veranlasste an ihrer Universität auch eine fakultätsübergreifende Untersuchung zur niedrigeren Bezahlung von Frauen.

Veronica Dahl trat auch als Beraterin für verschiedene Unternehmen und Organisationen in Erscheinung; ihr Vertrag mit IBM soll den bis dahin bestehenden Rekord in Vergütungshöhe gebrochen haben.

Und schließlich schreibt sie auch noch wortwörtlich ausgezeichnete Prosa und Lyrik, wie diesen wunderbaren Text ‚Love to hide – love to invent‘, in dem sie zwei Erlebnisse mit Polizeigewalt und Liebe gegenüberstellt.

*Sie ist auf Twitter aktiv, ich hätte sie evtl. nach ihrem genauen Geburtsdatum fragen können, habe mich aber nicht getraut zu fragen…

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