Toshiko Akiyoshis japanische Familie lebte in der Mandschurei, als sie auf die Welt kam, und kehrte erst nach dem Zweiten Weltkrieg nach Japan zurück. Akiyoshi erlernte das Klavierspiel mit sieben Jahren und unterhielt mit 16 Jahren amerikanische G.I.s in Beppu. Die Platten von Teddy Wilson begründeten ihre Liebe zum Jazz, das Improvisieren brachte sie sich durch Zuhören selbst bei. Mit 23 Jahren spielte sie in ihrer eigenen Band, durch die der amerikanische Jazz-Pianist Oscar Peterson auf sie aufmerksam wurde. Dieser empfahl sie seinem Produzenten und 1953 erschien ihre erste Platte, Toshiko’s Piano.
Sie studierte von 1955 bis 1959 mit einem Stipendium am Berkeley College of Music, spielte in verschiedenen Bands und trat 1956 auf dem Newport Jazz Festival auf. Als sie das Studium abgeschlossen hatte, heiratete sie ihren Musikerkollegen Charlie Mariano, die Ehe hielt bis 1967. Die beiden spielten gemeinsam in verschiedenen Formierungen, in den frühen 1960er Jahren lebten und tourten sie in Japan.
Nach einer Tätigkeit bei einem Radiosender in New York ging sie 1972 mit ihrem zweiten Ehemann Lew Tabackin nach Los Angeles. Dort gründeten die beiden eine Big Band, für die Akiyoshi bestehende Stücke arrangierte und eigene komponierte. Ihr erstes Album im Jahr 1974 hieß Kogun, in etwa „Ein-Mann-Armee“ auf Japanisch, wozu Akiyoshi inspiriert wurde von der Geschichte des japanischen Soldaten, der im Dschungel verloren ging und für 30 Jahre nicht erfuhr, dass der Krieg beendet wurde.
Sie befasste sich mit traditioneller japanischer Musik und deren Instrumenten und ließ diese in ihre Kompositionen einfließen. Mit ihrer Big Band konnte sie keine Plattenverträge, sie spielte jedoch in diversen kleineren Formationen und veröffentlichte auch als Solokünstlerin.
Sie schrieb 1999 eine Suite zum Jahrestag des Abwurfs der Atombombe über Hiroshima. Der buddhistische Mönch Kyudo Nakagawa war mit der Bitte darum an sie herangetreten und hatte ihr einige Bilder von den direkten Nachwirkungen der Bombe gezeigt. Akiyoshi war zunächst erschüttert und wusste nicht, wie sie Musik schreiben sollte, die diesem Grauen gerecht würde. Dann sah sie das Bild einer jungen Frau, die aus einem Bombenschutzbunker herauskam und ein verhaltenes Lächeln zeigte, und verstand, dass es bei der Feierlichkeit zum Jahrestag und in ihrer Komposition um Hoffnung gehen sollte. Am 6. August 2001 wurde die Suite uraufgeführt, 2002 erschien sie als Album.
Aufgrund vorsehbarer (Herbstferien) und unvorhergesehener Ereignisse (gegebenenfalls später mehr) diese Woche nur etwas Musik von Anita O’Day. Biografie bitte bei Wikipedia lesen, Hörproben unten!
Vandana Shiva wurde in eine brahmanische Familie geboren, der obersten KasteIndiens, doch ihre Eltern prägten sie früh mit ihrer modernen und liberalen Einstellung. So hatten sie sich als Mitglieder der indischen Unabhängigkeitsbewegung einen neuen Namen gewählt, an dem ihre Kaste nicht mehr zu erkennen war; Vanadana wurde von der Mutter im Sinne des Feminismus ohne genderspezifische Erwartungen und Vorurteile erzogen. Die Wanderungen im Himalaya, die sie in ihrer Kindheit mit ihren Eltern machte, legten den Grundstein für ihre Naturbezogenheit.
Sie studierte zunächst Physik, mit Albert Einstein als Vorbild, doch bei der Arbeit an einem Brutreaktor im Bhabha Atomic Research Centre entwickelte sie eine Vorstellung von der Gefahr radioaktiver Strahlung und schloss ein Studium der Wissenschaftsphilosophie in Kanada an. Nach abgeschlossenem Studium wurde sie Professorin an einem Institut in Bangalore, dass interdisziplinäre Forschung auf den Gebieten Technik, Umwelt und Politik betreibt.
Shiva war in ihrer indischen Studienzeit aktiv in der Chipko-Bewegung, in der sich indische Frauen gegen die Abholzung in ihrer Region und damit der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zur Wehr setzten, indem sie Bäume umarmten (chipko = HIndi für „festhalten“). Nach ihrer Rückkehr aus Kanada wurde sie zur bekanntesten, aber auch umstrittenen Figur des Ökofeminismus und der Globalisierungskritik in Indien. Sie rief die Organisation Navdanya ins Leben, die in Indien Samen traditioneller Nahrungspflanzen sammelt und bewahrt; Shiva ist überzeugt, dass die Lösung für Hunger und Armut nicht in genetisch veränderten Nahrungsmitteln liegt, sondern in der Rettung und Wiederentdeckung der natürlichen Diversität, mit der ursprüngliche Landwirtschaft betrieben wurde. Sie untersuchte mit der deutschen Feministin Maria Mies die Auswirkungen der westlichen, patriarchalischen Gesellschaft und ihrer wirtschaftlichen Entwicklungsstrategien in Indien. Die traditionell „männlichen“ Maßstäbe des Erfolges, nämlich Gewinn individueller Macht, zerstöre Umwelt und Gesellschaft, während traditionell „weibliche“ Werte den Erhalt und Entwicklung des Gemeinwohls förderten. Kritiker führen an, dass diese Einteilung in binäre Gegensätze Frauen in Entwicklungsländern in traditionelle Strukturen fessele, die instrumental für ihre Unterdrückung sind.
Vandana Shiva ist aktiv in verschiedenen Organisationen der Globalisierungskritik und des Umweltschutzes, sie hat mehrere Bücher veröffentlicht und hält acht Ehrendoktortitel, 1993 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis Right Livelihood Award. Ihre Argumentationen sind allerdings nicht immer sachlich und bieten Ansatz für Kritik; auch ihre eigenen finanziellen Gewinne an ihrem Ruf als „Beschützerin der armen indischen Bauern“ werden stellenweise negativ bemerkt.
Die jamaikanische Reggae-Sängerin, 1970 in Spanisch Town geboren, wurde berühmt mit ihrem Song „Shy Guy“, der Teil des Soundtracks von Bad Boys war. Bemerkenswerter jedoch ist, dass sie die einzige Prominente jamaikanischer Herkunft ist, die offen homosexuell lebt: 2018 heiratete sie ihre langjährige Freundin Mijanne Webster, eine ebenfalls jamaikanische Violinistin. Jamaika ist berüchtigt nicht nur für die schlechten juristischen Bedingungen für Homosexuelle im Land, sondern auch für die offene Gewalt, die Homosexuelle dort erleben, angefacht zum Teil von Musikern, die in ihren Liedern zum Verbrennen Schwuler aufrufen. Sie wurde für ihr öffentliches Coming-Out mit einem Tapferkeitspreis in der Musikbranche ausgezeichnet, verlor jedoch darüber auch den Kontakt zu allen bis auf eines ihrer 15 Geschwister.
Geboren als (wohl uneheliche) Tochter eines spanischen Offiziers in Mexiko und einer in Mexiko geborenen Spanierin (Criolla), wuchs das Wunderkind auf der Hacienda ihrer Großeltern mütterlicherseits in Amecameca auf, wo sie bereits im Kleinkindalter heimlich in der Bibliothek las. Mit drei Jahren beherrschte sie Latein – das sie als 13jährige bereits unterrichten würde – und mit fünf Jahren die Buchführung, mit acht Jahren schrieb sie ein Gedicht auf die Eucharistie. Sie war bewandt in griechischer Logik und schrieb auch Gedichte in Nahuatl.
Mit 16 Jahren ging sie nach Mexico City, wo sie gerne an der Universität studiert hätte – sie hätte sich als Mann verkleiden müssen, um das zu erreichen. Da sie jedoch nicht die Erlaubnis ihrer Mutter erhielt, betrieb sie ihre Studien privat weiter, während sie als Hofdame am Hof des Vizekönigspaares fungierte. Dort erregte sie die Aufmerksamkeit der Vizekönigin Leonor Carreto, die sie unter ihre Fittiche nahm und förderte. Der Vizekönig stellte die Bildung und das Talent der jungen Hofdame auf die Probe und konfrontierte sie überraschend mit Theologen, Juristen, Philosophen und Dichtern, denen sie spontan Rede und Antwort stehen musste. Sie bestand diese Prüfung mit fliegenden Fahnen.
Am Hof jedoch wurden ihr beständig Anträge gemacht, da noch immer erwartet wurde, dass eine junge Frau heiraten sollte. Also entschloss sie sich, um ihre Studien nicht einem Leben als Ehefrau zu opfern, ins Kloster zu gehen. Die Unbeschuhten Karmeliterinnen waren ihr in der Lebensführung zu streng, bei den Hieronymitinnen fand sie 1669 hingegen die einfache, lockere Klosterumgebung, in der sie sich wohlfühlte. Sie konnte dort als Schützling der Vizekönigin eine Bibliothek aufbauen und ihren eigenen Forschungen nachkommen. Sie pflegte eine Freundschaft mit Carlos de Sigüenza y Góngora, einem anderen mexikansichen Universalgelehrten, der sie über die Maßen schätzte.
De la Cruz schrieb im Kloster, unter der Patronage der Vizekönigin, unzählige Bücher, Gedichte und Essays; darunter Kritiken an Kirchenmitgliedern und der Kirche an sich. Sie setzte sich dabei offen und mit Witz für die Bildung und die Rechte der Frauen ein. Damit wurde sie auf die Dauer den Würdenträgern unbequem, selbst diejenigen, die ihr nicht widersprachen, waren der Meinung, als Nonne – als Frau – solle sie sich allein mit geistlichen Dingen beschäftigen. Es ist nicht geklärt, ob sie schließlich auf Druck des mexikanischen Erzbischof 1694 tatsächlich eine Unterlassungserklärung unterzeichnete, sicher ist jedoch, dass sie offiziell Buße tat, ihre Bücher und Forschungsmaterialien verschenkte und aufhörte, Texte zu veröffentlichen.
Zwei Jahre nach dem Einschreiten gegen ihre schriftstellerische Tätigkeit 1695 starb sie mit 47 Jahren an der Pest, die sie sich bei der Pflege anderer Nonnen zugezogen hatte. Sie wird heute in Mexiko als bedeutende Dichterin sowohl der frühen mexikanischen wie der spanischen Literatur verehrt und erhielt den Beinamen „Mexikanischer Phoenix“.
Téllez war zwölf, als in Nicaragua die Diktatur Anastasio Somoza Debayles begann, dem letzten Regenten des Landes aus dem Somoza-Clan. Mit 19 trat sie der FSLN bei, der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront, in der sie schon während ihres Medizinstudiums zur Kommandantin aufstieg. Da offener Widerstand in der Diktatur tödlich enden konnte, ging sie in den Untergrund und kämpfte als Guerillera zunächst in den Bergen in Nicaraguas Norden.
Als 22-jährige war sie dann dritt-höchste Befehlshaberin (Comandante Dos, unter Comandante Uno Hugo Torres und Comandante Cero Edén Pastora Gomez) bei der Einheit, die 1978 den Nicaraguanischen Nationalpalast stürmte. Die Einheit zählte zu den Terceristen – dem „Dritten Weg“ innerhalb der inzwischen gespaltenen Befreiungsfront: Die GPP (Guerra Popular Prolongata) wählte die Strategie der Rekrutierung und Mittelbeschaffung im Untergrund, während sich die Aktivisten aus dem offenen politischen Kampf zurückzogen, die „FSLN Proletario“ glaubte an eine Möglichkeit des Sieges durch die Mobilisierung des Proletariats. Die Terceristen hingegen forderten Pragmatismus und schlossen sich mit anderen, nicht-sandinistischen Kräften zusammen, um die Diktatur zu stürzen. Bei der Stürmung des Nationalpalastes wurden 1500 Zivilisten als Geiseln genommen. Téllez führte die Verhandlungen mit Somoza und handelte die Befreiung von 60 politischen Gefangenen aus – unter ihnen FSLN-Mitbegründer und späteren nicaraguanischen Innenminister Tomás Borge –, mediale Veröffentlichung sandinistischer Forderungen, Lösegeld und eine Fluchtflugzeug. Die beteiligten FSLN-Mitglieder flohen nach dieser Aktion nach Kuba und Panama, wo sie sich weiterhin militärisch ausbilden ließen, für einen fortgesetzten Kapmf gegen das Regime. Das wurde auch tatsächlich durch diese Demonstration der Revolutionäre geschwächt, Somoza und seine Macht waren angreifbar geworden, während die Revolutionäre im Volk Sympathien gewinnen konnten. Andere Oppositionskräfte fühlten sich ermutigt, sodass wenige Tage später ein Generalstreik ausgerufen wurde, der sich zu einem Volksaufstand im ganzen Land ausweitete. Nach zwei Wochen griff der Diktator Somoza mit der Nationalgarde hart durch und ließ Tausende in der Zivilbevölkerung töten, noch mehr flohen in die benachbarten Länder. Die Besetzung des Nationalpalastes sowie die folgenden Unruhen machten jedoch weltweit auf die Zustände im mittelamerikanischen Land aufmerksam.
Téllez kehrte im darauffolgenden Jahr nach Nicaragua zurück und nahm erneut am Guerillakrieg der wieder konsolidierten FSLN teil. Aus den ländlichen Kampfgebieten zog sie schließlich mit ihren Truppen nach Léon, das nach sechs Wochen Häuserkampf von den Sandinisten erobert wurde. Die Hauptstadt Managua fiel zwei Wochen später, der Diktator floh.
In der anschließenden Regierung wurde Téllez später zur Gesundheitsministerin, ihre Kampagne für die Volksgesundheit wurde von der UN ausgezeichnet. Während sie weiterhin in der Politik aktiv blieb, sich für Homosexuellen- und Frauenrechte einsetzt und bis in die kürzliche Vergangenheit mit Leib und Seele für ihre Sache eintrat (zuletzt trat sie 2008 in einen Hungerstreik, um gegen ihren ehemaligen Sandinisten-Genossen Daniel Ortega zu protestieren), veröffentlichte sie auch ein Buch über die Geschichte Nicaraguas und seine Bedeutung in Mittelamerika. 2004 wurde sie als Gastprofessorin nach Harvard berufen, erhielt aber keine Einreisegenehmigung, weil sie als Terroristin gelistet war. Akademiker*innen des ganzen Landes traten daraufhin zu ihrer Verteidigung und Unterstützung ein.
Die japanische Sängerin sticht durch ihren individuellen Stil hervor, beeinflusst von der Liebe zum Jazz ihres Vaters und Arbeit ihrer Mutter mit Klassik.
Die letzte chinesische Kaiserin kam als erste Tochter eines mandschurischen Beamten auf die Welt, in einer hochgestellten Familie des chinesischen Adels. Sie erhielt eine Ausbildung wie für Mädchen der Elite üblich: Lesen, Zeichnen, Schachspielen, Sticken und Nähen durfte sie lernen, das Schreiben der komplizierten Zeichenschrift sollte sie nicht benötigen. Auch blieb ihr als Mandschurin das grausame Füßebinden erspart. Als ältestes Kind war sie mit sieben Jahren in der Lage, ihren Vater zu unterstützen, die Familie aus einer Notlage zu helfen, in die sie durch den gerade beendeten Ersten Opiumkrieg geraten waren. Ihr Vater äußerte später lobend, sie sei ihm mehr wie ein Sohn als wie eine Tochter gewesen, weshalb er sie wohl auch später an den Themen teilhaben ließ, die eigentlich Männern vorbehalten waren.
Mit 16 wurde Cixi für den Harem des neuen, 19-jährigen Kaisers Xianfeng ausgewählt. Nach einem Vorbereitungsjahr im eigenen Haushalt betrat sie mit 17, damals zunächst unter dem Namen Lan, für das zweite Vorbereitungsjahr und den Rest ihres Lebens die Verbotene Stadt. Während Lan/Cixi in der sechsten und damit untersten Stufe der Konkubinen zunächst niederrangig blieb, erhob der Kaiser im Widerspruch mit der Etikette eine Konkubine der fünften Stufe zu seiner Kaiserin: Ci’an (auch Zheng) leitete in der Position als Kaiserin den Harem. Sie war eher unscheinbar und nicht unbedingt eine Führungspersönlichkeit, doch gelang es ihr, Zwistigkeiten und Unfrieden im Harem im Zaum zu halten. Lan/Cixi konnte den Kaiser anfangs nicht für sich einnehmen, verärgerte ihn eher noch durch ein Schreiben, in dem sie ihm Vorgehensweisen gegen Unruhen im Land vorschlug. Er setzte einen Erlass auf, dass sie nach seinem Tod „beseitigt“ werden solle, weil sie möglicherweise nach der Macht greifen würde. Doch Cixi hatte die Kaiserin Ci’an auf ihrer Seite, die auch schon dafür gesorgt hatte, dass sie in die fünfte Stufe der Konkubinen erhoben worden war und nun Konkubine Yi hieß.
In jedem Fall hatte der Kaiser eine Favoritin unter seinen Nebenfrauen, die ihm bald eine Tochter gebar. Während der Phase der Enthaltsamkeit, die der Kaiser mit der Schwangeren und späteren Mutter einhalten musste, wurde auch Cixi/Yi 1856 von ihm schwanger; sie gebar dem Kaiser den ersten Sohn, Zaichun, und wurde somit automatisch zur Nebenfrau ersten Ranges, nur noch der Kaiserin Ci’an unterstellt, die die Mutterrolle für den Thronfolger auszuüben hatte. Mit dem gehobenen Status kamen Privilegien wie der Zugang zu Bildung durch Hauslehrer.
China wurde in den kommenden Jahren immer wieder in Kriege um seine Territorien verwickelt und von umliegenden und europäischen Mächten zur Öffnung seiner Grenzen gezwungen; nach dem Zweiten Opiumkrieg 1858 war es Großbritannien, Frankreich, Russland und den USA unter anderem erlaubt, in China Opium zu verkaufen und christliche Missionare ins Land zu senden. Als 1860 diese Alliierten wiederum kriegerisch gegen Peking vorgingen, floh der Kaiser Xianfeng mit seinem gesamten Hofstaat in den Sommerpalast außerhalb der Hauptstadt und ließ seinen Halbbruder, Prinz Gong, in Peking zurück, um mit den eindringenden Mächten zu verhandeln. Der Kaiser war krank und schonte seine Gesundheit nicht bei Trinkgelagen mit Hofbeamten und seiner bevorzugten Konkubine. Der einflussreichste der Hofbeamten, Sushun, hatte offensichtlich Pläne: Cixi beobachtete ihn eines Abends, wie er sich auf den Kaiserthron setzte und sich vom Obereunuchen dort wie der Kaiser hofieren ließ. Auch hatte Sushun bereits – angeblich wegen der schweren Krankheit des Kaisers – bereits das Holzkästchen öffnen lassen, in welchem der Kaiser für einen Zeitpunkt nach seinem Tod ein Papier mit dem Namen seines Nachfolger hinterlegen sollte. Sushun hatte verkünden lassen, dass das Holzkästchen leer gewesen sei, dass also weder der gemeinsame Sohn des Kaisers mit Cixi noch einer seiner Neffen als Thronfolger auserkoren war. Cixi schloss daraus richtig, dass Sushun plante, entweder sich selbst zum Kaiser auszurufen oder einen Marionettenherrscher unter seinem Einfluss einzusetzen. Folgerichtig war ihr Leben, vor allem aber das Leben ihres Sohnes in Gefahr. Es gelang ihr jedoch gegen den Widerstand des Hofstaates, wenige Minuten vor dessen Tod, mit ihrem Sohn vor den Kaiser zu treten und ihm noch die Ernennung seines Kindes als Thronfolger zu entlocken. Da der Dreijährige noch nicht regieren konnte, machte das die Kaiserinwitwen Ci’an und Cixi zu dessen Regentinnen.
Sushun versuchte noch weiterhin, sich als eigentlichen Regierenden zu installieren, indem er die beiden Frauen mit Hausarrest dazu erpresste, seine Installation mit ihren Siegeln offiziell zu machen; doch die Mandarine, die hochgestellten Beamten des Landes, hatten bereits ihre Schriften an die beiden Kaiserinnen gerichtet und sie damit als Regentinnen anerkannt. Mit Hilfe des Prinzen Gong und der Traueretikette der chinesischen Kaiser gelang es Ci’an und Cixi, sich dem direkten Einfluss Sushuns zu entziehen: Der Minister musste den Leichenzug des Kaisers in die inzwischen wieder befriedete Hauptstadt begleiten, der Thronfolger sollte jedoch vor dem Leichnam in Peking ankommen. Die Gesellschaft um den jungen Prinzen erreichte drei Tage früher als nötig sein Ziel und die Kaiserinnen konnten das vorherige Schreiben mit ihren Siegeln zur Fälschung erklären. Sushun und seine Gefolgsleute wurden verhaftet, die meisten von ihnen verbannt, Sushun hingegen wurde zunächst zum Tod durch tausend Schnitte verurteilt (das verlinke ich nicht, aber es gibt einen Wikipedia-Eintrag dazu), später aber zur Enthauptung begnadet.
Diese strategische Vorgehensweise Cixis, ihr Leben und das ihres Sohnes zu retten und selbst in die Lage zu kommen, China zu regieren, brachten ihr bei unfreundlich gesinnten chinesischen Beamten den Ruf ein, kaltblütig und skrupellos zu sein; selbstverständlich wurde ihr auch sexuelle Devianz angedichtet, als der Rest der Welt sich für die chinesische Regentin zu interessieren. Cixi setzte nach ihrem Sohn, der 1872 mit 16 Jahren Kaiser wurde, aber nur drei Jahre regierte, bevor er an Syphilis starb, noch zwei weitere Minderjährige auf den Thron und behielt so lange Zeit das Zepter in der Hand. Ihrem Sohn, Kaiser unter dem Namen Tongzhi, folgte ihr Neffe Guangxu, ebenfalls drei Jahre alt, als er den Thron bestieg. Die andere Kaiserinwitwe Ci’an zog sich aus den Regierungsgeschäften zurück und starb, bevor Guangxu regierungsfähig wurde. Der durch eine Lungenerkrankung fast stumme Kaiser strebte, als er schließlich Kaiser wurde, Reformen an, die China wahrscheinlich ermöglicht hätten, den wirtschaftlichen und technologischen Rückstand gegenüber den westlichen Mächten aufzuholen. Cixi setzte ihren Neffen jedoch unter Hausarrest und nahm die Regierung wieder in die eigene Hand.
Cixi hatte sich im Laufe der Zeit von einer gewissen Reformwilligkeit zum Konservativismus entwickelt, möglicherweise durch Schicksalsschläge und den Verlust von Vertrauen in ihre Verbündeten. Erst die Erschütterungen des Boxeraufstandes schienen sie erkennen lassen, dass China mitnichten eine Vormachtstellung in der Welt hatte. Sie hatte die Aufstände gegen die Ausländer im Land gebilligt und unterstützt, da sie von ihren eigenen Makeln ablenkten; nach der blutigen Niederschlagung ließ sie dann die Aufständischen bestrafen. Während jedoch die Regentin sich auf die Erneuerung des Glanzes vergangener Zeiten konzentrierte und nur schwergängig das Land für die Zukunft vorbereitete, griffen die Westmächte nach immer mehr Territotium. Sie kündete zwar noch die Umstellung auf eine konstitutionelle Monarchie an, doch 1908 zog sich die 73-jährige eine echte Grippe zu und verstarb – nicht ohne ihren Neffen am Tag zuvor noch mit Arsen zu vergiften, sodass ihr bevorzugter Thronfolger zum Kaiser gekrönt würde: Der zweijährige Puyi, der letzte Kaiser von China.
1911 brach die Xinhai-Revolution aus und beendete die Monarchie in China.
Für einen spannenden Überblick über die chinesischen Kaiser und deren unterschiedliche Dynastien empfehle ich die Geo Epoche Nr. 93 über das kaiserliche China, die ich gerade lese (unbezahlte Werbung, aus reiner Überzeugung). Leider habe ich vor Beendigung dieses Beitrags noch nicht bis zum letzten Kapitel, dem über Cixi, gelesen.
Die Tochter eines türkischen Vaters und einer polnischen Mutter wuchs auf der kleinasiatischen Seite Istanbuls auf; sie begann eine Gesangsausbildung am Konservatorium von Ankara, brach diese jedoch ab und setzte den Gesangsunterricht privat fort. Sie war mit einem Banker verheiratet und sang zunächst als Chorsängerin am Türkischen Staatstheater.
1953 begann sie ihre Karriere in Neapel, nur vier Jahre später sang sie zum ersten Mal an der Mailänder Scala. Bis zum Jahr 1987 trat sie an der Scala in 19 Rollen auf und baute ihr Repertoire auf über 70 Partien aus. Die „türkische Diva“ sang Hauptrollen in den USA und Europa, unter den berühmtesten Dirigenten ihrer Zeit. Besondere Erfolge feierte sie mit ihren Interpretationen von Donizetti, einem zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Komponisten des Belcanto.
Nach dem Ende ihrer Bühnenkarriere war Gençer noch vielseitig in der Opern- und Musikbranche tätig. Ihr zu Ehren findet seit 1996 der Leyla Gençer Gesangswettbewerb statt. Die Sängerin starb 2008 80jährig an Herzversagen, ihre Asche wurde wunschgemäß in den Bosporus verstreut.
Die serbische Malerin des Expressionismus und Fauvismus nahm anfangs privaten Zeichenunterricht in Belgrad. 25jährig kam sie nach München und wurde zunächst Schülerin des slowenischen Malers und Lehrers Anton Azbe; Petrović liebte alles Russische und besuchte auch den Salon von Marianne von Werefkin, wo sie russischen Künstlern begegnete. Ihre Vorliebe für die farbenfrohe russische Kunst brachte sie als Schülerin zum „Farbenfürst“ Julius Exter nach Übersee am Chiemsee.
Petrović vereinte ihre lebenslange Treue zum Azbe-Stil mit der Farbigkeit des Expressionismus. Sie reiste als Künstlerin durch ganz Europa und stellte in den 1910er-Jahren mehrfach in Paris aus. In ihrem Heimatland Serbien ist sie auch aufgrund ihres politischen Engagements beliebt: Sie unterstützte die Bevölkerung in Mazedonien in den türkischen Pogromen und gründete die erste serbische Künstlerkolonie. In den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg malte sie in ihrer Heimat Landschaft, Soldaten und Bauern, verpflichtete sich jedoch auch als freiwillige Krankenpflegerin. Im Rahmen dieser Tätigkeit zog sie sich den Flecktyphus zu und verstarb 43jährig in einem Lazarett.
Die spätere Ehefrau des iranischenSchahs wurde als Tochter eines aserbaidschanisch-stämmigen Offiziers in Teheran geboren, der starb, als sie zehn Jahre alt war. Farah Diba besuchte in Teheran zunächst eine italienische, später zwei französische Schulen; mit 19 Jahren schrieb sie sich in Paris an einer Hochschule für Architektur ein.
Da viele iranische Studenten staatliche Unterstützung in ihren ausländischen Studien erhielten, wurden stets einige in die Botschaft geladen, wenn der Schah dort weilte. Im Rahmen eines solchen Treffens lernte Farah Mohammed Reza Pahlavi Shah kennen. Es erfolgten einige weitere Treffen, bis nach etwa einem halben Jahr die Verlobung des Schah mit dem 19 Jahre älteren Monarchen bekanntgegeben wurde. Farah wurde die dritte und letzte Ehefrau des iranischen Staatsoberhauptes und schenkte ihm in zehn Jahren vier Kinder.
Nach der Hochzeit war ihr Titel zuerst Malakeh, aus dem Arabischen für „Königin“. Zwei Jahre, nachdem sie durch die Ehe diesen Titel erhalten hatte, erhöhte der Schah per Dekret ihre Stellung: Er verlieh ihr den Titel Schahbanu, Persisch für „Gemahlin des Schah“. Damit betonte er nicht nur ihre persische Herkunft, sondern wertete ihre Position – und damit intediert die Stellung der Frau in der iranischen Gesellschaft – auf eine der Gleichberechtigung nähere.
Farah Pahlavi Schahbanu setzte sich in ihrer politischen Position vielseitig für die Menschen und die Kultur im Iran ein, mit einem Büro, das sich in vier Themenbereich engangierte: Medizin und Gesundheit, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur udn Soziale Angelegenheiten. So gründete sie z. B. als erste ein Dorf, in dem Leprakranke und ihre Familien nicht nur medizinisch versorgt, sondern auch gesellschaftlich rehabilitiert wurden – bis dahin führte die Erkrankung zur lebenslänglichen Verbannung nicht nur des Betroffenen, sondern auch derer Familien aus dem heimatlichen Verbund. Gesellschaften unter ihrer Schirmherrschaft verbesserten die Versorgung von Krebskranken, Brandopfern, Kindern und die Zusammenarbeit mit der WHO. Farah Pahlavi gründete mehrere Waisenhäuser, Fachschulen und Institutionen für die Teilhabe von körperlich Beeinträchtigten; die ehemalige Pfadfinderin förderte auch die Organisation der Pfadfinderinnen im Iran. Außerdem förderte sie mit Schrimherrschaften die Literatur, das Theater und Museumslandschaft im Iran, insbesondere mit Fokus auf Kinder und die persische Sprache. Farah unternahm Inspektionsreisen in abgelegene Gebiete ihres Landes und begleitete ihren Mann bei Staatsbesuchen rund um die Welt, unter anderem auch den 1967 in Deutschland.
Im gleichen Jahr, 1967, war Farah Pahlavi mit ihrer Schwägerin, der Zwillingsschwester ihres Mannes, an einer Veränderung des Familienrechts beteiligt. Sie selbst wurde von ihrem Mann ein weiteres Mal in ihrer Stellung gehoben: Sie wurde zur Vizekönigin und das Mindestalter, in dem der Sohn des Schah würde regieren dürfen, wurde auf 20 angehoben – Farah wurde damit in Abwesenheit oder im Todesfall des Schahs zur gleichberechtigten Übergangs-Regentin. Dies war ein umwälzender Schritt für die Gleichstellung der Frau in der iranischen Gesellschaft. Die gleichzeitige Gesetzesänderung, dass Frauen das Recht zur Scheidungseinreichung verliehen wurde und Männer sich nicht mehr ohne Angabe von Gründen von ihren Frauen scheiden lassen konnten, sowie die Einwilligung der ersten Ehefrau und einen Nachweis für die Versorgungsicherung benötigten, um eine Zweitfrau zu heiraten, sollte diese fortschrittliche Entwicklung zementieren. Der AjatollahChomeini, damaliger religiöser Führer des Islam im Iran, war alles andere als begeistert; dieser Schritt nach vorn verstärkte die gegenläufige Reaktion und trug zur Spaltung des Landes bei, die in der Islamischen Revolution und schließlich dem Sturz des Schahs 1979 ihren Höhepunkt fand.
Nachdem der Schah und seine Frau den Iran verlassen hatten, suchten sie an verschiedenen Stellen sowohl Exil wie auch medizinische Versiorgung für die Krebserkrankung des Monarchen. Einige Politiker, die sie vor kurzem noch als Staatsgäste empfangen hatten, wiesen sie nun ab. Nach Aufenthalten in Ägypten, Marokko, den Bahamas und Mexiko wurde der Schah einige Zeit in amerikanischen Krankenhäusern behandelt; es folgten weitere Aufenthalte in Panama und wiederum Ägypten, wo der Schah 1980 an den Folgen des Krebs verstarb.
Farah Pahlavi lebt derzeit abwechselnd in Frankreich und den USA, sie engagiert sich weiterhin bei der UNESCO für Kinderbildung. Zwei ihrer Kinder musste sie nach Selbstmorden beerdigen: Ihre jüngste Tochter nahm 2001 31jährig Schlaftabletten und Kokain, ihr jüngster Sohn erschoss sich 2011 mit 44 Jahren.
Celia ‚Azúcar‘ Cruz gilt als Queen of Salsa, „la reina de salsa“. In einfachen Verhältnissen in Havana, Kuba, aufgewachsen, begann sie eine Ausbildung zur Lehrerin, um einen „anständigen“ Beruf zu haben, doch sang sie schon seit ihrer Kindheit und hoffte auf eine wirtschaftlich und sozial vielversprechendere Zukunft als Sängerin. Sie gewann in zahlreichen Gesangswettbewerben, doch ihren wirklichen Durchbruch schaffte sie mit 25, als die vorherige Sängerin der kubanischen Band Sonora Matancera in ihre Heimat Puerto Rico zurückkehrte. Die Band gab Celia Cruz eine Chance und stand bald im Schatten ihres Ruhms.
Celia befand sich mit der Band gerade in Mexiko, als Fidel Castro 1959 auf Kuba die Macht ergriff, und sie blieben alle im Exil. Castro verbot Cruz zwei Jahre später sogar die Einreise zur Beerdigung ihrer Mutter. Cruz wurde amerikanische Staatsbürgerin und feierte in den USA und Mexiko Erfolge, die ihr auch gelegentliche Ausflüge ins Filmfach gewährten. Sie gewann im Laufe ihres Lebens drei Grammys und vier Latin Grammys.
Sie starb 2003 mit 77 Jahren an den Folgen eines Hirntumors.
Die afro-amerikanische Schauspielerin wuchs in Harlem auf, wo ihre Eltern nebenbei eine Pension für afro-amerikanische Reisende betrieben, die nicht in „weißen“ Hotels aufgenommen wurden. Sie spielte bereits in der Highschool Theater und während des College am American Negro Theater in Harlem, wo sie schon früh mit späteren Stars wie Sidney Poitier und Harry Belafonte auf der Bühne stand. Von dort erarbeitete sie sich ihre Karriere über Off-Broadway-Produktionen an den Broadway. Sie besuchte das Actors Studio unter Lee Strasberg und erreichte über erste Produktionen afro-amerikanscher Filme auch Hollywood. Sie spielte bis zum Ende ihres Lebens in Theater und Filmen, unter anderem in mehreren Werken von Spike Lee. Mit 83 Jahren erhielt sie ihre einzige Oscarnominierung für ihre Rolle als Denzel Washingtons Mutter in American Gangster; sie ist die einzige im 21. Jahrhundert für diese Auszeichnung nominierte Person, die auch bereits gestorben ist.
Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann Ossie Davis galt Ruby Dee als „Erstes Ehepaar der Bürgerrechtsbewegung“. Die beiden waren mit ihren Schauspielkollegen politisch aktiv und mit den Bürgerrechltern Martin Luther King Jr. und Malcolm X befreundet. Noch bis ins hohe Alter nahm sie an politischen Kundgebungen und Demonstrationen teil und betrachtete ihre prominente Stellung as Schauspielerin als Möglichkeit, für die Rechte der afro-amerikanischen Bevölkerung einzutreten.
Ruby Dee starb mit 91 Jahren; die Lichter am Broadway wurden am Freitagabend nach ihrem Todestag für eine Minute gedimmt, um ihrer zu gedenken.
Luisa Capetillo wurde in Puerto Rico geboren, als Tochter eines Basken und einer Korsin, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf die karibische Inselgruppe ausgewandert waren. Liberal erzogen und von den Eltern im Lesen und Schreiben unterrichtet, fand sie ihre erste berufliche Beschäftigung als Vorleserin in einer amerikanischen Zigarrenfabrik – sie las dort den Arbeitern Zeitungen und Romane vor. Über diese Tätigkeit kam sie auch in Kontakt mit Gewerkschaften.
Geprägt von den philosophischen und literarischen Vorlieben ihrer Eltern, las sie Tolstoy, Zola und Hugo; in Kombination mit der harschen Realität ihrer kolonialen Umgebung entwickelte sie sich zur Anarchistin und weiblichen Stimme der Arbeiterbewegung. Sie beteiligte sich zwar nicht an Organisationen der Frauenrechtsbewegung, aber dies nur, weil sie der Meinung war, diese müsse eingebunden werden in den Klassenkampf. 1904 veröffentlichte sie ihr eigenes Essay, „Mi Opinión“, in dem sie die Frauen des Proletariats aufforderte, für ihre Rechte – als Frauen und als Arbeiterinnen – zu kämpfen. Mit der Veröffentlichung dieses Textes in Gewerkschaftszeitungen und der Teilnahme an Arbeiterstreiks gelangte Capetillo bald an die Spitze der FLT (Federación libre de trabajadores), der puerto-ricanischen Arbeiterbewegung, und setzte sich in dieser Position für die Bildung und Rechte der Arbeiterfrauen ein. Mit ihrer Überzeugungsarbeit für das Frauenwahlrecht gilt sie als die erste Suffragette Puerto Ricos.
Zwischen 1912 und 1919 wirkte sie mit an Streiks der Tabakarbeiter in New York und Tampa (FL), außerdem schrieb sie weiterhin Essays und brachte ihr erstes Werk ein weiteres Mal heraus. 1915 wurde sie auf Kuba verhaftet, weil sie Hosen trug – damals für Frauen eine tatsächliche Straftat. Sie hatte bereits vor ihrer politischen Tätigkeit mehrere Kinder bekommen, ohne verheiratet zu sein, und war auch Verfechterin der „freien Liebe“ in dem Sinne, dass Frauen sich ihre Partner frei wählen können sollten.
In den Jahren vor ihrem Tod durch Tuberkulose 1922 war sie 1916 und 1918 noch einmal an den größten Arbeiterstreiks der puertoricanischen Geschichte beteiligt.
Der Anfang ihres Lebens schien der mexikanischen Künstlerin zunächst nichts Gutes zu versprechen. Als sie fünf Jahre alt war, starb ihr Vater und sie lebte in der Obhut ihrer Mutter und Großmutter in einem Dorf im Norden Mexikos. Gemäß der streng katholischen Traditionen auf dem Land wurde sie mit 14 Jahren in die Ehe mit einem viel älteren Offizier gezwungen und bekam innerhalb der nächsten drei Jahre drei Kinder. Als die mexikanische Revolution endete, zog sie mit ihrer Familie nach Mexiko-Stadt. Dort begann sie, ihre Malerei professioell zu entwickeln und ließ sich schließlich mit 26 Jahren wieder scheiden, um ihrer Leidenschaft nachzukommen. Sie schrieb sich an der Academia de San Carlos ein und begeisterte bei einer Schülerausstellung deren Direktor, Diego Rivera, frisch verheirateter Mann von Frida Kahlo. Aufgrund verschiedener Differenzen mit den anderen Schülern der Akademie beendete sie ihr Studium dort, blieb aber mit dem wenig älteren Kommilitonen und Mentor Rufino Tamayo in engem künstlerischen und persönlichen Kontakt. Ihr primitivistischer und surrealistischer Stil machte sie einzigartig unter den mexikanischen Künstlern ihrer Zeit und sie feierte nicht nur in ihrem Heimatland Erfolge: Sie war die erste mexikanische Künstlerin mit einer Ausstellung in den USA, die allein ihre Werke zeigte.
Sie zog einen weniger politischen Ausdruck in der Kunst vor als die meisten ihrer zeitgenössischen Kollegen und war im Inhalt stark von den vor-christlichen und katholischen Einflüssen ihrer frühen Prägung beeinflusst. In den 1940er Jahren erreichte ihre Karriere ihren Höhepunkt und 1944 wurde sie Kulturbotschafterin ihres Landes. Kurz darauf erlitt sie jedoch einen Schlaganfall, außerdem begannen sich ihre früheren Förderer, die männlichen Künstler Mexikos, gegen sie zu wenden und sie zu diskreditieren. Sie erlitt einen weiteren Schlaganfall und starb 1955.
Die erste, einzige und letzte Königin Hawai’is wurde unter dem Namen Lili’u Loloku Walania Kamaka’eha geboren. Ihr Name bezieht sich wie alle hawaiianischen Namen auf ein Ereignis, das bei ihrer Geburt stattfand: Da die damalige Königin von Hawai’i, Kīna’u, zur Zeit der Geburt eine Augeninfektion hatte, wurde das Kind von ihr Brennen (Lili’u) Tränend (Loloku) brennender Schmerz (Walania) wunde Augen (Kamaka’eha) genannt. Wie ebenfalls in der hawaiianischen Kultur üblich, wurde die Tochter des Chief und Patriarchen des Hauses Kalākaua und seiner Frau direkt nach der Geburt von Freunden ihrer Eltern adoptiert, nämlich dem Chief Abner Pākī und Laura Kōnia, einer Verwandten des regierenden Königs Kamehameha III. ‚Ohana, das hawaiianische Wort für Familie, umschließt nicht nur die leiblichen Verwandten, sondern auch Wahlverwandtschaft und Adoptivfamilie; durch ausgeprägte Austauschen von Kindern, hana’i, schon im Säuglingsalter entstanden so enge Bindungen auch zwischen genetisch nicht verwandten Familien.
Während ihrer Schulzeit lebte sie im Haus des hawaiianischen Königs Kamehameha IV und dessen Frau. Sie war mit 19 Jahren für einige Zeit verlobt mit dem späteren, vom hawaiianischen Adel gewählten König Lunalilo, löste diese Verlobung jedoch wieder und heiratete mit 24 Jahren einen kroatischstämmigen Amerikaner. Ihr ehemaliger Verlobter Lunalilo starb bereits ein Jahr nach seiner Thronbesteigung und Lili’us Bruder Kalākaua wurde als sein Nachfolger bestimmt. Als dieser 19 Jahre später starb, wurde Lili’u mit 53 Jahren wiederum durch Erbrecht Königin von Hawai’i. Zu diesem Zeitpunk wählte sie den offiziellen Namen Lli’uokalani, „brennender Schmerz der königlichen Familie“.
Schon lange Zeit vor ihrer Regentschaft hatten sich die auf Hawai’i lebenden amerikanischen Besitzer von Bananenplantagen in die Politik des Inselstaates eingemischt, im wirtschaftlichen Interesse ihres Heimatlandes. Unter anderem Sanford Dole*, ein Jurist und Politiker ohne hawaiianische Wurzeln (er stammte von amerikanischen Missionaren ab), hatte 1887 mit der Unterstützung einer rein kaukasischen Militäreinheit auf Hawai’i, den Honolulu Rifles, einen Umsturz der hawaiianischen Monarchie herbeigeführt. Dieser Putsch endete damit, dass Kalākaua unter dem Druck angedeuteter Bedrohungen auf sein Leben eine Konstitution unterzeichnete, die die indigene Bevölkerung massiv benachteiligte: Die politische Macht des hawaiianischen Königshauses wurde zugunsten des Kabinetts eingeschränkt, Wahlrecht hatten nur noch Männer, die des Lesens mächtig waren – also auch dies hauptsächlich die Nachfahren der kaukasischen Einwanderer – oder war an ein Mindestmaß an Wohlhaben und Einkommen geknüpft, was die Ureinwohner zum größten Teil von politischer Teilhabe ausschloss. Diese kolonialistisch wirkende Verfassung wird die Bayonet Constitution genannt, da sie unter Waffengewalt eingerichtet wurde.
Lili’uokalani versuchte in ihrer zweijährigen Amstzeit, der ursprünglichen hawaiianischen Monarchie – und der indigenen Bevölkerung – wieder mehr Macht und Mitbestimmung zu verschaffen. Als sie schließlich 1893 mit einer neuen Verfassung die Politik des Landes wieder in die Hände der Ureinwohner bringen wollte, gründeten die amerikanischen Plantagenbesitzer, unter ihnen Dole, das „Komitee für öffentliche Sicherheit“, auf dessen Betreiben hin US-Marines auf Hawai’i landeten und die Königin unter Hausarrest stellten. Im Folgejahr riefen die US-Besatzer die Republik Hawai’i aus, mit Dole als Präsident; nachdem 1895 einige indigene Royalisten eine Rebellion versucht hatten und inhaftiert worden waren, dankte Lili’uokalani zugunsten deren Freilassung offiziell ab. Es war ihr erlaubt, für die Sache ihres Landes und ihres Volkes vor dem US-Senat zu sprechen, jedoch ohne Erfolg. Im Zuge des Spanisch-Amerikanischen Krieges wurde Hawai’i wegen seiner strategischen Lage von den USA als „Hawai’i-Territorium“ annektiert.
Für die verbleibenden 19 Jahre ihres Lebens erhielt Lili’uokalani eine Rente und lebte im Haus ihres Schwiegervaters auf Honolulu, wo sie 79jährig an einem Schlaganfall verstarb.
Lili’uokalanai komponierte über 100 Lieder, das bekannteste davon: Aloah `Oe
Als Zolia Augusta Emperatriz Chavarri del Castillo geboren, gab sich die peruanische Folkloresängerin den Quechua-Künstlernamen Yma Sumac (ima sumaq: wie schön). Ihre Stimme umfasste an die fünf Oktaven (normales Register professioneller Sänger*innen: drei Oktaven), vom Bariton bis ins hohe Pfeifenregister. Sie begann ihre Karriere mit 20 Jahren im peruanischen Radio. Im gleichen Jahr, 1942, heiratete sie Moisés Vivanco, mit welchem sie und ihr Cousin die Folkloregruppe Imma Sumack and the Conjunto Folklorico Peruano gründeten. Vier Jahre später ging das Trio nach New York, konnte dort jedoch zunächst keine nennenswerten Erfolge verbuchen. 1949 gebar sie einen Sohn und ein Jahr später erhielt sie schließlich, unter dem letztgültigen Künstlernamen Yma Sumac, einen Plattenvertrag bei Capitol Records. Dort nahm mit dem Album Voice of the Xtabay ihre Karriere Fahrt auf, sie gab zahlreiche Konzerte in London und Paris und absolvierte weltweite Tourneen.
1955 wurde sie amerikanische Staatsbürgerin. Sie betätigte sich auch als Schauspielern, unter anderem 1957 im Film Das Geheimnis der Inkas neben Charlton Heston, nachdem sie sich als Star in der Musikszene etabliert hatte. Ihre Ehe zu Vivanco wurde geschieden, neu geschlossen und wieder geschieden, zwischendurch gingen die beiden mit einer gemeinsamen Band auf fünfjährige Welttournee.
Sumac blieb für den Rest ihres Lebens musikalisch aktiv, ihre umfangreiche Stimme und die markant folkloristischen Stücke finden sich auch heute noch regelmäßig in der Popkultur. 83jährig erhielt sie den Orden del Sol vom peruanischen Staat. 2008 starb sie 85jährig in Los Angeles.
Adichie wurde als fünftes von sechs Kindern eines nigerianischen Mathematikprofessors und der ersten weiblichen Registratorin an der Universität von Nigeria geboren. Sie begann ein Medizin- und Pharmaziestudium in Nsukka, an der Universität ihrer Eltern, arbeitete zu dieser Zeit aber bereits als Redakteurin eines Magazins. Mit 19 Jahren ging sie für das Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaften in die USA, zunächst in Philadelphia, später in Willimantic, Connecticut, wo sie ihrer Schwester näher war, die in Coventry als Ärztin arbeitete.
Als Afrikanerin in Afrika aufgewachsen, war es ihr fremd, aufgrund ihrer Hautfarbe anders behandelt und beurteilt zu werden. Diese Erfahrung machte sie nun in den USA, wo z. B. ihre Zimmergenossin im Wohnheim sich wunderte, wie gut Adichie Englisch sprach und dass sie keine afrikanische Volksmusik hörte. Nachdem Adichie einen Master-Abschluss in Kreativem Schreiben gemacht hatte, begann sie zu schreiben und unter anderem diese Erfahrungen darin zu verarbeiten.
Seit 2002 hat Adichie mehrere Romane, Kurzgeschichten und Essays geschrieben und unzählige Nominierungen und Preise erhalten. Bekannt wurde sie einerseits mit ihrem TEDTalk „The danger of a single story„ (englischer YouTube-Clip), worin sie über die Gefahr spricht, andere Menschen und Kulturen nur über den einen Aspekt ihrer Geschichte zu verstehen, sich nur aufgrund dieses Aspekts sich ein Bild vom ganzen Menschen oder der ganzen Kultur zu machen. Sie parallelisiert ihre eigene Erfahrung mit der Wahrnehmung des afrikanischen Kontinents in der restlichen Welt: Ihre Familie hatte einen Pagen, von dem sie in ihrer Kindheit nur wusste, dass er und seine Familie arm waren. Das war das Bild, das sie sich von ihnen machte; als ihre Familie einmal den Pagen und seine Familie in dessen Heimat besuchten, war sie daher überrascht festzustellen, dass die Familie Körbe flocht – also etwas herstellte, nicht „nur“ arm, also passiv und arm war. Ebenso ergeht es dem afrikanischen Kontinent und Afrikanern in der Wahrnehmung der restlichen Welt: Der Gedanke an Afrika ist so eng verbunden mit den Bildern von hungernden Menschen, dass es oftmals für Überraschung sorgt, wenn sich herausstellt, dass Menschen in Afrika nicht alle arm sind – und die, die es sind, nicht nur arm sind –, sondern auch eine moderne Kultur pflegen und auch den Kulturen anderer Länder folgen können.
Adichie lebt in Nigeria und den Vereinigten Staaten, wo sie Kreatives Schreiben unterrichtet. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter, und hält Ehrendoktortitel an zwei Universitäten.
Die tschechische surrealistische Künstlerin studierte zunächst bis 1920 in Prag und ging dann nach Paris, wo sie mit Jindrich Štyrsky einen Vorläufer der Informel-Stilrichtung schuf, den Artifizialismus. Sie zeichnete und malte oft erotische Motive; nachdem sie André Breton und den Surrealismus kennenlernte, gründete sie mit anderen tschechischen Künstlern die Tschechische Surrealisten Gruppe.
Während des Zweiten Weltkrieges galt ihre Kunst als „entartet“ und sie lebte im Untergrund, wobei sie ihrem jüdischen Partner auch Unterschlupf gewährte. Die beiden gingen 1947 gemeinsam nach Paris. Dort lebte sie bis 1980.
Toyen wurde als Frau geboren, würde sich heute jedoch wahrscheinlich als non-binär (enby) identifizieren, da sie sich nicht in binäre Genderrollen einfügte und sich auch mit männlichen Pronomen ansprechen ließ.
Die venezolanische Volksheldin wurde als Tochter eines kanarisch-stämmigen Intellektuellen in Caracas geboren. Während ihrer Kindheit usurpierte Napoleon Spanien und setzte seinen Bruder als König ein. Das spanische Volk im Land und in den Kolonien rebellierte; in Venezuela sahen die Kolonisten die Schwächung des Heimatstaats als Chance, ihre Unabhängigkeit zu erringen.
In den folgenden Kämpfen um die Herrschaft in Venezuela geriet die Familie Cáceres in die Kriegswirren. Ihr Vater wurde von Royalisten ermordet, ihr Bruderschloss sich einer Befreiungsaktion inhafterter Freiheitskämpfer an, wurde festgenommen und exekutiert. General Juan Arismendi, einer der Führer der republikanischen Revolution, verliebte sich (39jährig) in die 15jährige und bot ihrer verbleibenden Familie Unterkunft und Verpflegung auf der Isla Margarita. Dort heirateten die beiden schließlich. Juan Arismendi wurde als vorläufiger Gouverneur der Isla Margarita eingesetzt, musste jedoch vor den spanischen Truppen in die Berge fliehen. Daraufhin wurde Luisa mit 16 Jahren inhaftiert, um ihren Mann aus seinem Versteck zu locken oder die zur Preisgabe seines Aufenthaltsortes zu zwingen.
Die junge Schwangere wurde unter übelsten Bedingungen gefangengehalten und misshandelt. Sie lag in einer dunklen Zelle bei schlechter Ernährung und bewegte sich möglichst wenig, um ihre Kerkerwärter nicht auf sich aufmerksam zu machen. Ein Priester erbarmte sich ihrer schließlich und brachte ihr Licht und bessere Nahrung. Mit 17 Jahren brachte sie in der Gefangenschaft ein Kind zur Welt, dass aufgrund ihrer schlechten Lage während der Schwangerschaft kurz nach der Geburt verstarb. Nichtsdestotrotz blieb Luisa standhafte venezolanische Freiheitskämpferin und verriet nicht, wo sich ihr Mann aufhielt.
Sie wurde nacheinander in zwei andere Gefängnisse verlegt, blieb jedoch über diese ganze Zeit abgeschnitten von ihrer Familie. Als die republikanische Armee schließlich die Oberhand in Venezuela gewann, ließen ihre spanischen Geiselnehmer sie nach Cadiz in Spanien senden. Auf der Seereise dorthin erlitt sie Schiffbruch und strandete auf den Azoren; Anfang des Jahres 1817 erreichte sie endlich Cadiz und wurde dem dortigen andalusischen General vorgeführt. Dieser stimmte den Bestimmungen seiner südamerikanischen Kollegen nicht zu und setzte Luisa nur unter Hausarrest, mit einer Pension und unter der Obhut eines Arztes und dessen Frau. Sie blieb dort etwas mehr als ein Jahr, während dessen sie sich weigerte, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem sie ihre Loyalität gegenüber dem spanischen König erklären sollte.
1818 gelang ihr mit Hilfe zweier Freunde die Flucht über den Atlantik. So kam sie schließlich 1819 über Philadelphia wieder auf die Isla Margarita und wurde mit ihrem Mann wiedervereint. Sie lebte den Rest ihres Lebens in Caracas und bekam noch elf Kinder. Als Nationalheldin gefeiert, findet sich ihr Abbild seit 2008 auf dem 20-Bs-F-Schein.
3. April 1907: Lola Álvarez Bravo
Die Fotografin, eine der ersten Mexikos, trug zur nachrevolutionären Kulturblüte des Landes bei und war unter anderem mit Frida Kahlo und dem Dichterkreis Los Contemporáneos bekannt. Zunächst unter der Ägide ihres Mannes Manuel Álvarez Bravo, entwickelte sie bald ihren eigenen Stil, inspiriert von anderen in Mexiko tätigen Fotografen wie Tina Modotti und Edward Weston. Auch privat trennte sie sich von ihrem Mann und hatte zeitweise eine Beziehung mit María Izquierdo. Mit 37 Jahren hatte sie ihre erste allein bestrittene Ausstellung im Palacio de Bellas Artes, dem wichtigsten Kulturhaus Mexikos; sieben Jahre später eröffnete sie ihre eigene Galerie, in der Frida Kahlo 18953 ihre einzige Soloausstellung erhielt. Sie unterrichtete an der Academia San Carlos und war 1955 an Edward Steichens Fotoausstellung The Family of Man beteiligt.
Lola Alvarez Bravo
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4. April 1927: Aušra Augustinavičiūtė
Die litauische Psychologin, Soziologin und Ökonomin ist die Begründerin der Sozionik, die ähnlich dem Myers-Briggs-Typenindikator die Aspekte menschlicher Persönlichkeiten in unterschiedliche Funktionen und Beziehungstypen einteilt.
Während der MBTI in den englischsprachigen Ländern verbreitet ist, ist die Sozionik das Gegenstück im russischen, slawischen und baltischen Raum. Die Sozionik erforscht, basierend auf C. G. Jungs psychologischen Typen, wie Menschen Informationen aufnehmen, verarbeiten und weitergeben. Sie teilt Eigentschaften und Neigungen des Menschen in so genannte Dichotomien, Gegensatzpaare oder Skalen, auf: Logik – Ethik, Intuition – Sensorik, Introversion – Extraversion, Rationalität – Irrationalität. Aus diesen leiten sich die acht Aspekte ab, aus deren unterscheidlichen Kombinationen in einem individuellen Charakter sich die sechszehn Typen ergeben.
Hauptkritikpunkt ist, dass ebenso wie der MBTI ein Testergebnis der Sozionik dem Barnum-Effekt unterliegt: Dass Menschen in einem ausreichend unspezifischen Text immer zutreffende Beschreibungen für sich finden.
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5. April 1970: Miho Hatori
Die japanische Musikerin arbeitete bereits in ihrer Jugend in einem Plattengeschäft in Tokyo und war an der Hiphop Crew Kimidori beteiligt. Mit 22 Jahren ging sie nach New York, um Kunst zu studieren. Zunächst sang sie in der Punkband Laito Lychee, dann traf sie Yuka Honda und gründete mit ihr das Triphop-Projekt Cibo Matto, bei dem sie unter anderem auch mit Sean Lennon kooperierte. Sie war eine (oder die erste) Sprecherin der Gorillaz-Gitarristin Noodle.
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17. April 1957: Jacqueline Moudeina
Die Menschenrechtsaktivistin musste 1979 ihre Heimat Tschad wegen des einsetzenden Bürgerkriegs verlassen. Sie beendete ihr Studium der Rechtswissenschaften in Brazzaville, Republik Kongo, wo sie sich auch der kongolesischen Sektion der Menschenrechtsorganisation ihres Heimatlandes, ATPDH, anschloss.
1995, nachdem das Terrorregime des Diktators Hissène Habré gestürzt worden war, kehrte sie in den Tscshad zurück und setzte sich seitdem für die Rechte von Frauen, Kindern und Minderheiten ein. Seit dem Jahr 2000 kämpft sie als Anwältin für die Opfer des Habré-Regimes: Der Politiker wird beschuldigt, für 40.000 politisch motivierte Morde vor allem an Minderheiten im Tschad verantwortlich zu sein. Da der Ex-Diktator im Senegal lebte, reichte sie entsprechende Klage beim Obersten Gerichtshof des Senegal ein und erstatte zeitgleich im Tschad Anzeige gegen seine Sicherheitsbeamten. Der Gerichtshof im Senegal sah sich als nicht zuständig an, weshalb Moudeina sich an ein Gericht in Belgien richtete – aufgrund des Weltrechtsprinzips, nach dem völkerstrafrechtlich relevanten Taten überall in der Welt verfolgt werden können. Ein belgischer Beamter nahm sich des Falles an, untersuchte die Vorwürfe und erließ schließlich einen internationalen Strafbefehl gegen Habré. Die Afrikanische Union hingegen verlangte die Verfolgung der Klage im Senegal, da „kein afrikanisches Staatsoberhaupt außerhalb Afrikas verurteilt werden sollte“. Nach weiterem Hin und Her, währenddessen sich der Senegal einer Strafverfolgung Habrés zunächst verweigerte und Moudeina wiederum in Belgien auf seinen Prozess drängte, musste sich Habré schließlich 2013 in der senegalesichen Hauptstadt Dakar für Kriegsverbrechen, Folter und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten und wurde 2016 schließlich, für Vergewaltigungen, sexuelle Sklaverei und Anordnung illegaler Tötungen, zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt.
Moudeina setzt sich weiterhin, gegen den Widerstand in ihrem Heimatland, für Menschen- und Kinderrechte ein, zum Beispiel gegen den Verkauf und die Versklavung von Kindern als Rinderhirten. Sie wurde 2001 bei einer Demonstration von einer Handgranate, die gezielt vor ihr platziert wurde, am Unterleib verletzt und trägt noch immer Granatensplitter in den Beinen, die ihre Gesundheit beeinträchtigen. Sie bestand trotz Gängeleien durch die tsschadischen Behörden immer wieder darauf, von medizinisch notwendigen Aufenthalten in Frankreich in ihre Heimat zurückzukehren; erst, als sie 2008 enthüllte, dass der Präsident Idriss Déby, Kindersoldaten in den tschadisch-sudanesischen Anteil am Dafur-Konflikt gesendet hatte, wurde die Bedrohung im eigenen Land so groß, dass sie Antrag auf Asyl in Frankreich stellte.
1. Januar: Chertek Amyrbitowna Antschimaa-Toka
1912 geboren, war die Tuwinerin 1940 das erste weibliche Staatsoberhaupt einer Republik – in einem südsibirischen Land, nicht einmal halb so groß wie Deutschland.
Leider war sie als solche, auch durch die Schattenregierung ihres Mannes, nur eine Marionette der Regierung der Sowjetunion, unter der die von Stalin angeordnete Säuberung des Landes von Buddhismus und Schamanismus sowie die Ausrottung der traditionellen nomadischen Lebensweise weiterbetrieben wurde. Das Land trat drei Tage nach der Sowjetunion in den Zweiten Weltkrieg ein und im Oktober 1944 als ‚autonomes Gebiet‘ in die Sowjetunion eingegliedert. Antschimaa-Toka bekleidete bis 1972 nur noch regionale Ämter. Sie verstarb 2008 in der tuwinischen Hauptstadt Kyzyl.
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2. Januar: Julia Wsewolodowna Lermontowa
Die 1846 in St. Petersburg geborene Russin wollte ursprünglich Medizin studieren, musste jedoch feststellen, dass sie weder den Anblick von Skeletten noch der Armut ihrer Patienten ertrug. Ihr wissenschaftliches Interesse richtete sich daraufhin auf die Chemie. Als sie trotz beständiger Ermutigung durch ihre Lehrer nicht an der Universität akzeptiert wurde, die als die Beste für Chemie in Russland galt, bemühte sie sich um ein Studium im Ausland. Ihrer Cousine Anna Michailowna Jewreinowa war von der erfolgreichen Mathematikerin Sofja Wassiljewna Kowalewskaja Unterstützung bei einem Studium in Deutschland angeboten worden und mit der älteren, angesehenen Anstandsdame war es beiden jungen Frauen möglich, Russland zu verlassen.
Als 22jährige studierte Lermontowa in Heidelberg Chemie und untersuchte in Robert Bunsens Labor die Eigenschaften von Platinverbindungen. Von dort ging sie nach Berlin und studierte organische Chemie unter August von Hofmann. 1874, mit 25 Jahren, schrieb Lermontowa ihre Dissertation und wurde an der Universität Göttingen die erste Frau mit einem Doktorgrad der Chemie.
Im Anschluss daran kehrte sie nach Russland zurück, arbeitete an der Synthetisierung von Kohlenwasserstoffen und stellte nach ihrem Rückzug aus der Chemie auf ihren geerbten Landsitz einen Käse her, der in ganz Russland verkauft wurde. Als Sofja Kowalewskaja 1891 starb, übernahm Lermontowa (teilweise) die Fürsorge für deren nun verwaiste Tochter Fufa, die zu Lermontowas Tod 1919 auch deren gesamten Besitz erbte.
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4. Januar: Hamida Barmaki
Die afghanische Menschenrechtsaktivisttin wäre am 4. Januar 48 Jahre alt geworden. Die Juraprofessorin war Expertin für das afghanische Rechtssystem, das durch säkuläre und religiöse Aspekte kompliziert gestaltet ist. Sie setzte sich in ihrem Land für die Frauen- und allgemeinen Menschenrechte, vor allem der Kinder, ein, hatte mehrere öffentliche Ämter inne und arbeitete als Vertreterin des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. 2009 wurde sie Kommissarin für Kinderrechte bei der AIHRC, der unabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission.
Am 28. Januar 2011 wurde sie, mit ihrer gesamten Familie aus Mann und vier Kindern im Alter von 16, 14, 11 und 4 Jahren, Opfer eines Selbstmordanschlages auf einen Supermarkt in Kabul, dessen ursprüngliches Ziel bis heute ungeklärt ist.
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6. Januar: Melchora Aquino
„Tadang Sora“, Alte Sora, wie Melchora Aquino im Tagalog liebevoll genannt wird, war bereits 84 Jahre alt, als 1896 der philippinische Kampf um die Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialmacht begann. Sie war 1812 als Tochter von Landarbeiter auf die Welt gekommen, hatte keine Bildung erfahren und war nach dem Tod ihres Mannes alleinerziehende Mutter ihrer sechs Kinder gewesen; sie trat manchmal als Sängerin auf oder sang in der Kirche zur Messe.
Ihr Sohn war aktiv im philippinischen Freiheitskampf und sie unterstützte ihn, indem sie in ihrem Haus verwundete Kameraden aufnahm und ihr Haus für die Versammlung der revolutionären Organisation zur Verfügung stellte. So wurde sie die ‚Mutter der Katipunan‚. Sie wurde auch mit 84 Jahren von den Spaniern inhaftiert und auf die Marianen-Inseln deportiert. Zwei Jahre später, als die Vereinigten Staaten die Kontrolle über die Philippinen übernahmen, wurde sie entlassen und kehrte zurück in ihren Heimatort, wo sie erst 11 Jahre später, im hohen Alter von 107 Jahren, starb. Ihre Grabstelle im Hinterhof ihres Hauses ist heute ein öffentlicher Friedhof.
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17. Januar: Eri Yoshida
Die 26jährige Japanerin ist die erste Frau, die in ein japanisches Profi-Baseballteam aufgenommen wurde, und nachdem sie von den Chico Outlaws gedraftet wurde, auch die erste, die in zwei Nationen professionell Baseball spielte.
Die Pitcherin spezialisierte sich mit 16 Jahren auf einen speziellen Wurf, den Knuckleball, der wegen des Mangels an Effet besonders instabil fliegt und daher für den Batter unberechenbar ist. Leider konnte sie in ihrer Spielzeit bei den Outlaws keine Erfolge erzielen und wurde daher bereits nach einem Jahr aus dem Kader gestrichen.
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24. Januar: Rokia Traoré
Zum Schluss: etwas Musik. Die malische Musikerin singt in ihrer Muttersprache Bambara oder auf Französisch, ihre Musikrichtung bezeichnet sie als „zeitgenössische Musik aus Mali“. Die Klänge bringen etwas äquatoriale Wärme in den Januar.