Schlagwort: pädiatrie

Flossie Cohen

* 1925 • † 2004

Flossie Cohen (Link Englisch) kam in Kalkutta zur Welt, über ihr Leben vor dem Studium ist weiter nichts bekannt. Spätestens in den 1940er Jahren kam sie in die USA, zum Studium der Medizin an der University at Buffalo. Hier schloss sie 1950 (mit einem MD?) ab und absolvierte ein praktisches Jahr (bzw. ein Jahr residency, Link Englisch) in der Kinderheilkunde am Brooklyn Jewish Hospital (Link Englisch).

1953 ging sie an das Children’s Hospital of Michigan (Link Englisch) in Detroit. Hier arbeitete sie in der Forschung zur Kinder- und Neugeborenen-Immunologie, sie richtete hierfür das Labor an der Klinik ein sowie den klinischen Dienst für Immunologie und Rheumatologie. Beide Bereiche leitete sie bis zu ihrer Pensionierung. Sie war auch eine Professorin an der Wayne State University School of Medicine (Link Englisch).

Sie war eine Ko-Autorin einer bahnbrechenden Studie, die 1972 veröffentlicht wurde, in der erstmals die biochemischen Hintergründe der Erkrankungen dargestellt wurden, die unter SCID – Severe Combined Immunodeficiency fallen. Dies sind genetisch bedingte Störungen des Immunsystems, bei der verschiedene Lymphozyten, vor allem die T-Lymphotzyten, nur fehlhaft funktionieren oder gar nicht produziert werden. Da dieser Defekt in den blutbildenden Stammzellen vorliegt, ist eine Heilung nur möglich durch eine Stammzellenstransplantation, wie etwa das Knochenmarks. Eine solche wurde ebenfalls von Flossie Cohen erstmals erfolgreich an einem Kind durchgeführt, nur drei Jahre nach der Studie, im Jahr 1975.

Als in den 1980er Jahren die AIDS-Epidemie in den USA um sich griff, befasste sich die Immunologin auch mit dieser Erkrankung. Sie ergriff praktische Schritte, indem sie an ihrem Kinderkrankenhaus eine HIV-Klinik für Betroffene eröffnete, und sie arbeitete an der klinischen Erforschung der Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf das ungeborene Kind.

Zwei Jahre, nachdem sie sich 1992 zur Ruhe gesetzt hatte, wurde sie in die Michigan Women’s Hall of Fame (Link Englisch) aufgenommen. Sie starb 2004 mit 79 Jahren.

Da auch die Seite Jewish Women’s Archive Flossie Cohen einen Eintrag widmet, gehe ich davon aus, dass sie einer jüdischen Familien aus Kalkutta entstammt. Die Geschichte der Juden in Indien, speziell Kalkutta, wird in diesem englischen Wikipedia-Beitrag beleuchtet; die erste jüdische Familie, die sich in Kalkutta ansiedelte, trug den Namen Cohen.

Susan Ofori-Atta

* 1917 • † Juli 1985

Susan Ofori-Atta (Link Englisch) kam in Ghana zur Welt, zu dieser Zeit britische Kronkolonie Goldküste. Ihr Vater war Okyenhene (Link Englisch) Ofori Atta I. (Link Englisch) – er war der König von Akyem Abuakwa (Link Englisch), eines der vier Akim-Staaten, somit war Susan Ofori-Atta eine Adlige ihres Volkes.

Nach dem Abschluss der Grundschule besuchte sie mit etwa 12 Jahren die Achimota School (Link Englisch) (die geneigte Leser:innen unter anderem von Esther Afua Ocloo kennen), wo sie abschließend die GCSE-Prüfung bestand, das britische Äquivalent zur deutschen mittleren Reife. Sie machte anschließend eine Ausbildung zur Hebamme an der Korle-Bu Midwifery Training School in Accra, die von Agnes Yewande Savage mitbegründet wurde. Nach ihrem Abschluss dort ging sie 1935, mit ungefähr 18 Jahren, für eine weitere Hebammenausbildung nach Schottland. Dort studierte sie später auch an der University of Edinburgh Medical School, wo sie 1947 den Bachelor of Medicine (MBChB, Link Englisch) machte. Sie war Diplomatin des Royal College of Obstetricians and Gynaecologists und des Royal College of Paediatrics and Child Health. Mit ihrem MBChB war sie die erste Ghanaerin – und vierte Frau west-afrikansicher Herkunft – mit einem Universitätsabschluss und die dritte Ärztin west-afrikanischer Herkunft nach Agnes Yewande Savage und Elizabeth Abimbola Awoliyi.

Nachdem sie ihr Studium beendet hatte, arbeitete sie zunächst als Hebamme am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra, einige Zeit, bevor auch Matilda J. Clerk dort arbeiten sollte. 1960 arbeitete sie einige Zeit als Freiwillige in einem kongolesischen Krankenhaus (Quelle: Wiki – Seite 44). Im Princess Marie Louise Hospital in Accra war sie Amtsärztin, von dort wechselte sie zur University of Ghana Medical School (Link Englisch), wo sie die pädiatrische Abteilung mitbegründete. Schließlich eröffnete sie eine Privatpraxis für die Versorgung von Frauen und Kindern, die Accra Clinic.

Bei der Gründung der Zweiten Republik Ghana Ende der 1960er Jahre war Susan Ofori-Atta Mitglied der verfassungsgebenden Vollversammlung. Sie war außerdem eine Gegnerin des traditionellen Erbrechts der Akan, das Ehefrauen und Kinder benachteiligte. Die Akan lebten (und leben z.T. noch) nach einem sozialen Regelwerk, das Matrilinearität (Link Englisch) und Patrilinearität kombiniert. Jede Familie sieht sich einer der sieben oder acht Gruppen zugehörig, die auf jeweils eine Vorfahrin berufen, den Abusua (Link Englisch). Es ist tabu, innerhalb der eigenen Abusua zu heiraten und Kinder zu bekommen. Mütter und Kinder leben in einem Haushalt mit der mütterlichen Familie, die Männer leben im Haushalt der eigenen mütterlichen Familie. Über diese mütterliche Erblinie werden Status, Eigentum, insbesondere Landbesitz, politischer Einfluss und sogar öffentliche Ämter vererbt. (Über den Vater vererbt sich das Ntoro, das wiederum Rituale, Tabus und eigene Etikette mit sich bringt, so gehört jedes Individuum zu einem Abusua und innerhalb diesen hat es das Ntoro des Vaters.) Durch dieses matrilineare Erbrecht haben aber im Falle des Todes eines Mannes seine Nichten und Neffen, die Kinder seiner Schwester, Anspruch auf sein Erbe, statt seiner Frau und seiner eigenen Kinder. Susan Ofori-Atta erreichte mit ihrer politischen Arbeit, dass im Jahr 1985 das Erbrecht Ghana dahingehend geändert wurde.

1974 erhielt sie die Ehrendoktorwürde der University of Ghana für ihre Forschung zur Unterernährung von Kindern (CW Bilder), insbesondere dem Hungerödem Kwashiorkor (CW Bilder). ‚Kwashiorkor‘ heißt in der ghanaischen Ga-Sprache ‚Krankheit, die ein Kind bekommt, wenn ein neues Kind geboren wird‘, da sie auftritt, wenn ein Kind von der Muttermilch entwöhnt wird – zum Beispiel, weil ein weiteres geboren wird – und auf feste Nahrung umstellen muss, die nicht genug Eiweiß enthält. (Der Wiki-Beitrag zu Susan Ofori-Atta notiert, dass sie für die Einführung dieses Namens verantwortlich ist, sowohl der englische wie der deutsche Beitrag zum Begriff verweisen jedoch auf die jamaikanische Ärztin Cicely Williams (Link Englisch), die ihn bereits in den 1930er Jahren anwandte.) Eine andere Bezeichnung für Kinder mit ‚Kwashiorkor‘ ist ‚Biafra-Kind‘ aufgrund gehäuften Auftretens der Erkrankung – oder entsprechender Bilder – während des Biafra-Krieges Ende der 1960er Jahre, auf Deutsch heißt Kwashiorkor auch ‚Mehlnährschaden‘.

Susan Ofori-Atta gehörte zu einer politisch aktiven und einflussreichen Familie, nicht nur durch die Ehe mit E.V.C. deGraft-Johnson (unter dessen Nachnamen sie ebenfalls bekannt ist), der mit dem ghanaischen Vizepräsidenten der Jahre 1979 bis 1981, Joseph W.S. deGraft-Johnson, verwandt war. Auch ihre Geschwister waren politische Figuren, ihr Bruder William Ofori-Atta war Anfang der 1970er Ghanas Außenminister und einer der Big Six, der andere Bruder Kofi Asante Ofori-Atta war Mitte der 1960er Jahre Sprecher des ghanaischen Parlaments, ihre jüngere Schwester Adeline Akufo-Addo (Link Englisch) war Anfang der 1970er die First Lady Ghanas.

Susan Ofori-Atta starb im Juli 1985 in England.

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