Schlagwort: serbien

39/2020: Asima Chatterjee, 23. September 1917

Asima Chatterjee (Link Englisch) war die Tochter eines Arztes, die in der gebildeten Mittelschicht Kolkatas zur Welt kam und deren akademische Karriere von der Familie gefördert wurde. Ihr Vater gab sein Interesse an der Botanik an sie weiter.

Mit 19 Jahren machte Chatterjee den Abschluss der weiterführenden Schule am Scottish Church College der University of Calcutta, mit einer besonderen Würdigung im Fach Chemie. Sie studierte anschließend Organische Chemie am Rajabazar Science College der Universität, wo sie 1938, mit 21 Jahren, ihren Master of Science machte und sechs Jahre später als erste Frau Indiens einen wissenschaftlichen Doktortitel holte. Ihre Doktorarbeit scrieb sie über die Chemie von Pflanzenprodukten und synthetische organische Chemie. Sie lernte in ihrem Studium unter anderem von Prafulla Chandra Ray (Link Englisch), der als der Vater der modernen Chemie in Indien gilt. (Der Wikipedia-Beitrag nennt einen ihrer Lehrer auch als Satyendranath Bose, einen Physiker, der mit Albert Einstein zusammenarbeitete und nach dem unter anderem die Bosonen benannt sind. Dieser Artikel auf feministindia.com nennt allerdings Prafulla Kumar Bose als ihren einflussreichen Lehrer.)

Asima Chatterjee erforschte in ihrer 40-jährigen Karriere natürliche chemische Produkte, insbesondere Alkaloide, wie etwa Vincaalkaloide, die das Wachstum von Krebszellen verhindern können. Sie untersuchte die antikonvulsive Wirkung einer Kleefarn-Art (Marsilea minuta), sowie die Wirkung gegen Malaria des Teufelsbaumes (Alstonia scholaris), einer Enzian-Art (Swertia chirata), einer Wegerich-Art (Picrorhiza kurroa) und der Caesalpinien (Caesaplinia crista). Ihre Arbeit führte zur Entwicklung einer Medizin gegen Epilepsie und mehreren Medikamenten gegen Malaria.

Sie erhielt zahlreiche Ehrungen des indischen Staates, gründete den Fachbereich für Chemie am Frauencollege Bethune College (Link Englisch) und erreicht neben den oben genannten noch zahlreiche andere Erkenntnisse über die medizinische Wirkung diverser Pflanzenwirkstoffe.

Sie starb am 22. November 2006 mit 89 Jahren.

Dieser Listicle von feministindia.com erwähnt sie neben anderen interessanten indischen Wissenschaftlerinnen.

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Ebenfalls diese Woche

24. September 1794: Jeanne Villepreux-Power
Eigentlich gelernte Schneiderin, machte die französische Hobby-Meeresbiologin erst Experimente mit Wasserorganismen in Aquarien.

24. September 1946: Maria Teresa Ruiz
Die chilenische Astronomin entdeckte Kelu-1 (Link Englisch), ein System zweier Brauner Zwerge im Sternbild der Hydra.

26. September 1832: Zsófia Torma
Als Hobby-Archäologin fand die Ungarin einige Lehmbruchstücke der Vinča-Kultur, die 5.400 bis etwa 4.600 vor unserer Zeitrechnung im heutigen Serbien, West-Rumänien, Süd-Ungarn und dem östlichen Bosnien angesiedelt war.

12/2018

2. Dezember 1083: Anna Komnena

Die Tochter des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos mit dessen Frau Irene Dukaina kam als ältestes von sieben Kindern in der Porphyra zur Welt, dem aus rotem Gestein erbauten Gebäude innerhalb des Großen Palastes in Konstantinopel, das für die Geburten der kaiserlichen Nachkommen vorbehalten war. (Es ist nicht klar zu benennen, ob der Begriff der Purpurgeburt – einer Geburt innerhalb der Herrschaft des Vaters – auf dieses Gebäude zurückgeht oder ob das Gebäude deshalb aus purpurem Gestein gebaut wurde, weil diese Farbe die kaiserliche Herrschaft symbolisierte.)

Direkt nach der Geburt wurde sie mit Konstantin Dukas verlobt, der als Sohn des Michael VII. zu diesem Zeitpunkt noch Mitkaiser und Thronfolger war. Diese Verbindung sollte vor allem die Rechtmäßigkeit der Herrschaft Alexios‘ I. untermauern, der den Thron vom Vorgänger usurpiert hatte; die adelige Dukas-Familie hatte mehrere byzantinische Kaiser gestellt. Wie für ihre Kultur üblich, wuchs Anna im Haus ihrer Schwiegermutter auf – Maria von Alanien, der pikanterweise ein Verhältnis mit Alexios I. nachgesagt wird. Als jedoch Annas Bruder Kaloioannes geboren wurde, gab es einen blutsverwandten Thronfolger: Alexios I. entzog Konstantin die Regentschaft und schickte Maria von Alanien ins Kloster (möglicherweise auch, weil sie Intrigen spann, ihn zu entmachten). Konstantin nahm diese Entscheidungen nicht übel und zog sich dem Kaiser weiterhin wohlgesonnen nach Zentralmakedonien zurück.

Anna wurde entgegen den eigenen Vorstellungen mit Nikephoros Bryennios, einem Militär und Geschichtsschreiber, verheiratet. Sie genoss eine ausführliche Bildung in Naturwissenschaften, Philosophie und Musik und war mehr an eigenen Projekten interessiert als an der Ehe. Ihr Vater hatte ihr die Leitung eines Krankenhauses und Waisenhauses anvertraut und sie unterrichtete dort auch; außerdem war sie eine Expertin für Gicht und pflegte ihren daran erkrankten Vater. Von ihren Lehrern und Zeitgenossen wurde sie als gebildete und intelligente Person hoch geschätzt.

Nicht ganz so uninteressiert war sie jedoch an ihrem eigenen Status, da sie gegen ihren Bruder und, seit dem Alter von fünf Jahren, offiziellen Thronfolger Kaloioannes („der schöne Johannes“) eine Abneigung pflegte und mit ihrer Mutter darauf hinarbeitete, ihm den Thron vorzuenthalten. Über die Weigerung ihres Mannes, gegen den inzwischen bettlägerigen Kaiser Alexios I. und seinen Thronfolger zu intrigieren, klagte sie, ihre Geschlechter seien vertauscht, da er von ihnen beiden die Frau hätte sein sollen. Kaloioannes erhielt jedoch – auf welche Weise auch immer – den Siegelring seines Vaters und wurde nach dessen Tod zum Kaiser gekrönt. Obwohl Anna und ihre Mutter erneut versuchten, Nikephoros zur Usurpation zu bewegen, scheiterte ihr Vorhaben und Kaloioannes verbannte die beiden Frauen in Kloster.

In dieser politisch stillgelegten Situation übernahm sie, nachdem ihr Mann starb und ein unvollständiges Werk über die byzantinische Geschichte hinterließ, die Geschichtsschreibung über die Regierungszeit ihres Vaters. Vieles in der 15 Bücher starken Alexiade konnte sie nur aus Erzählungen und Augenzeugenberichten zusammentragen, wobei sie natürlich vor allem das gute Bild ihres Vaters als Befehlshaber und Kaiser im Sinn hatte. Dennoch ist ihr Werk historisch unschätzbar wertvoll, da es die einzige Nacherzählung des Ersten Kreuzzuges aus Sicht der Byzantiner darstellt.

Anna Komnena starb in den frühen 50er Jahren des 12. Jahrhunderts und hinterließ mit der Alexiade ein auch literarisch hochwertiges Geschichtswerk, in dem sie in attischem Griechisch, mit Zitaten aus der Bibel und von Homer gespickt, nicht nur historische Ereignisse schildert, sondern auch Einblicke in ihre eigene Gedanken- und Gefühlswelt gibt.

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8. Dezember 1880: Rokeya Sakhawat Hussain

Geboren wurde Rokeya mit dem Nachnamen Khatun in dem Teil von Britisch-Indien, das heute Bangladesch ist. Ihre Eltern waren wohlhabende, gebildete Moslems und zogen es vor, Persisch oder Arabisch zu sprechen, Bengalisch war zwar die Sprache der Massen, aber eben darum auch in der Oberschicht verpönt. Als ihre ältere Schwester Karimunnesa, später ebenfalls Schriftstellerin, Bengalisch studieren wollte, untersagten ihre Eltern dies; der älteste Bruder Ibrahim jedoch unterrichtete seine beide Schwesten in der Sprache und hatte damit großen Einfluss auf ihre Entwicklung und ihren Erfolg.

Mit 16 heiratete Rokeya Khan Bahadur Sakhawat Hussain, einen Friedensrichter, der selbst Urdu, die „Sprache des gebildeten Hofes“ sprach. Wie ihr älterer Bruder, so ermunterte sie auch ihr Mann in ihrer Bildung und literarischen Entwicklung. Auf seinen Vorschlag hin schrieb sie ihr erstes Buch, „Pipasa“ (Durst), auf Bengalisch, sodass sie eine breite Bevölkerung erreichen konnte. Unter anderem schrieb sie danach ein Buch namens Sultanas Traum, das sich von seiner Zusammenfassung liest wie eine frühere, bengalische Version von Gerd Brantenbergs „Töchter Egalias“: die Geschlechtervorzeichen sind verdreht, die Frauen das dominierende Geschlecht.

Nach 13 Jahren Ehe starb ihr Mann. Zu Lebzeiten hatte er ihr ermöglicht, Geld für eine Schule zur Seite zu legen, an der sie muslimische Mädchen unterrichten könnte. Nach seinem Tod schritt sie zur Tat und gründete das Sakhawat-Denkmal-Mädchengymnasium in der Heimatstadt ihres Mannes Baghalpur. Nach Erbstreitigkeiten mit der Familie ihres Mannes musste sie die Schule aus dem urdusprachigen Gebiet in die bengalische Stadt Kolkata verlegen; dort ist die Schule noch heute eines der beliebtesten Gymnasien der Stadt.

Sakhawat Hussain schrieb neben ihren Romanen auch vielseitige Formate zur Verbreitung ihres islamischen Feminismus. Sie legte besonderes Augenmerk auf die Unterdrückung bengalischer Frauen und vertrat die Ansicht, dass Frauen Allah am besten die Ehre erweisen könnten, wenn sie sich ganz als Person entfalten dürfen. Nur mit der freien Berufswahl der Frauen könnte die Entwicklung der gesamten muslimischen Bevölkerung des indischen Subkontinents voranschreiten. Sie gründete den Anjuman-e-Khawateen-e-Islam, den islamischen Frauenverband, der sich mit Konferenzen und Podiumsdiskussionen für diese Sache einsetzte.

Sie starb mit auf den Tag 52 Jahren an einem Herzleiden. Ihr Todestag, der 9. Dezember, wird in Bangladesch zu ihren Ehren gefeiert.

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15. Dezember 1948: Patricia Cowings

Die afroamerikanische Tochter eines Lebensmittelhändlers und einer Kindergärtnerin kam in der Bronx (New York) zur Welt, zu einem Zeitpunkt, als diese sich von einem Bezirk der Mittelschicht in ein Arbeitviertel verwandelte. In den 1960er Jahren, als Cowings schulpflichtiger Teenager war, galt die Bronx dann als sozialer Brennpunkt und war berüchtigt für ihre hohe Kriminalitätsrate. Cowings Eltern legten daher als Ausweg aus diesem Umfeld großen Wert auf ihre schulische Bildung. Sie entdeckte früh ihre Liebe zu den Naturwissenschaften und studierte Psychologie, später auch Psychophysiologie an einer Universität in New York; ihre Tante, die einen Doktortitel innehatte, inspirierte und motivierte sie dabei, sodass auch Cowings schließlich mit einem Doktortitel abschloss.

In einem Ingenieurskurs, der den Aufbau des Space Shuttles zum Inhalt hatte, machte sie mit ihren spezifischen Beiträgen aus psychologischer Sicht Eindruck, und entdeckte sie ihre Begeisterung für die Raumfahrt. Sie wurde als erste Afroamerikanerin als Wissenschaftsastronautin ausgebildet, kam aber nie zum praktischen Einsatz. Stattdessen jedoch trug sie maßgeblich zur Verbesserung der Gesundheit von Astronauten bei: Sie entwickelte erfolgreich ein System autogenetischer Feedback-Übungen (AFTE, autogenetic feedback training exercises), mit dem die Menschen in der Schwerelosigkeit innerhalb von sechs Stunden lernen konnten, bis zu 20 Körperfunktionen zu erkennen und zu beeinflussen, die für die Raumkrankheit verantwortlich sind. Mit Hilfe dieser Übungen können die Astronauten die unangenehmen Symptome wie Übelkeit, Schwindel und Ohnmacht vermeiden.

Cowings Übungssystem hilft inzwischen auch Krebspatienten, die unter Chemotherapie mit den gleichen Nebenwirkungen zu kämpfen haben.

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19. Dezember 1875: Mileva Marić

Als Kind wohlhabender Eltern in Titel, damals Österreich-Ungarn, heute Serbien, genoss Marić eine gute schulische Ausbildung, die ihr Vater während mehrer Orts- und Schulwechsel besonders förderte. Vor allem ihre Noten in Mathematik und Physik waren ausgezeichnet. Nach einer Krankheit, die sie in der Schweiz auskurierte, legte sie mit 21 Jahren in Bern ihre Matura ab und begann ein Medizinstudium in Zürich. Nach einem Semester jedoch wechselte sie an das Polytechnikum, um dort als einzige Frau ihres Jahrgangs Mathematik und Physik zu studieren. Sie besuchte die gleichen Kurse wie Albert Einstein, mit dem sie sich bald anfreundete. Während er seine zweite Diplomprüfung bestand, fiel sie beim ersten Versuch durch – beim zweiten Versuch, ein Jahr später, war sie im ersten Trimester mit Einsteins Tochter schwanger und fiel erneut durch. Für die Geburt von „Lieserl“ kehrte sie in die Vojvodina zurück; das Kind erlitt dort mit einem Jahr eine Scharlacherkrankung, über ihr weiteres Schicksal herrscht Unklarheit.

Zurück in der Schweiz, heiratete Marić Einstein, obwohl seine Familie sie ablehnte. In den folgenden elf Jahren gebar Marić Einstein zwei Söhne und folgte ihm an jeden Ort, an den ihn sein Lehrberuf verschlug. Doch schon bevor sie ihn 1914 auch nach Berlin begleitete, hatte er einen Briefwechsel und wahrscheinlich auch eine Affäre mit seiner Cousine Elsa begonnen – die auch seiner Familie eine lieber gesehene, weil standesgemäße Partnerin war. Die räumliche Nähe des unfreiwilligen Liebesdreiecks führte bald zum Bruch und Marić kehrte mit ihren beiden Söhnen nach Zürich zurück. Aber erst fünf Jahre später, nachdem Einstein ihr das Preisgeld des Nobelpreises zusicherte, den bald gewinnen würde, willigte Marić in die Scheidung ein. Nur wenige Monate danach heiratete Einstein in Berlin Elsa, obwohl das Züricher Gericht, das die Scheidung rechtskräftig erkläret hatte, ihm eine zweijährige Heiratssperre auferlegt hatte.

Mit dem Geld des Nobelpreises, den Einstein tatsächlich 1922 gewann, erwarb Marić drei Mietshäuser; in einem davon lebte sie, die anderen dienten dem Unterhalt. Doch als ihr Sohn Eduard 1932 mit Schizophrenie diagnostiziert wurde, schmolzen ihre Ressourcen bald dahin: Sie musste zwei Häuser verkaufen, eines überschrieb sie ihrem Ex-Ehemann, behielt aber die Vollmacht darüber. Einstein sorgte zwar, inzwischen in den USA lebend, weiterhin für seinen Sohn und sie, doch es reichte nur für bescheidene Verhältnisse. Marić starb mit 72 in einer Züricher Privatklinik.

Während Marić selbst keine wissenschaftlichen Arbeiten hinterließ, ist umstritten, wie sehr sie an den Arbeiten Einsteins beteiligt war, die ihn ihm Wunderjahr 1905 berühmt machten. Die Vermutung basieren vor allem auf den Formulierungen von „unserer Arbeit“, die Einstein in Briefen verwendet, sowie darauf, dass der Name des Autors dreier der Arbeiten, deren Originale verschollen sind, Einstein-Marity (der ungarischen Form von Marić) lautete. Beweisen lässt es sich nicht, doch sind einige Vorlesungsunterlagen Einsteins in Marićs Handschrift verfasst. Schließlich ist es nicht unmöglich, dass eine Frau, die selbst offensichtlich so interessiert und gebildet in Mathematik und Physik war wie Marić, zumindest als verständige Zuhörerin und ebenbürtige Gesprächspartnerin an der Entstehung seines Genies in immaterieller Form beteilig war. Im Einklang mit diesem Gedanken wurde Mileva Marić 2005 von ihrer ehemaligen Hochschule, inzwischen die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich und der Gesellschaft zu Fraumünster als „Mitentwicklerin der Relativitätstheorie“ geehrt.

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23. Dezember 1983: Máret Ánne Sara

Die samisch-norwegische Künstlerin nahm 2017 an der documenta 14 teil, mit einer Weiterentwicklung ihrer ersten Installation, „Pile o’Sápmi“: Einer Installation aus Rentierschädeln mit Einschusslöchern. Der erste „Pile o’Sápmi“ entstand 2016, kurz bevor ihr Bruder vom Obersten Gerichtshof in Norwegen gezwungen wurde, sein Rentierzucht per Tötung zu reduzieren. Die Rentierzucht gehört traditionell zur Lebensweise der Samen und wird von der norwegischen Regierung stark reguliert – aufgrund der Überweidung der Finnmark, sagt die Regierung, wegen der Gier nach Bodenschätzen, die gehoben werden können, wenn keine Rentiere mehr dort weiden, sagt Saras Bruder.

Der Titel des Werkes nimmt Bezug auf ein Foto (Link englischsprachig), das einen Berg Büffelschädel zeigt, den Cree-Indianer im kanadischen Regina zusammengetragen hatten. Sie zog damit die Parallele zwischen der Vertreibung der amerikanischen Ureinwohner und der Unterdrückung der Samen in den Gesellschaften der Länder, über deren Gebiet sich der Lebensraum der Samen erstreckt.

Google-Ergebnisse Máret Ánne Sara

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26. Dezember 1926: Marija Atanassowa

Kurz und knackig zum Schluss: Die Bulgarin war die erste Zivilpilotin ihres Landes, die erste weibliche Kapitänin für schwere Flugzeugtypen und die erste Frau, die ein Verkehrsflugzeug auf dem Flughafen London Heathrow landete.

Die andere Seite von Allem

Mila Turajlić (Serbien/Frankreich/Qatar, 2017)

Full Disclosure: Der deutsche Verleih JIP Film und Verleih ist an mich herangetreten und hat mir den Film für diese Rezension zugänglich gemacht; kein weiteres Honorar wurde vereinbart. Der Text spiegelt meine unbeeinflusste Meinung wieder.

Belgrad, 1947: Eine Tür wird abgeschlossen, die Wohnung der bürgerlichen Familie Turajlić in zwei Hälften aufgeteilt, auf Befehl der regierenden Kommunistischen Partei. Die Familie Turajlić lebt von nun an in der einen Hälfte, eine Familie aus dem Proletariat in der anderen. In diesen geteilten Räumen wächst Srbijanka Turajlić auf und auch ihre Tochter Mila, die Regisseurin des Dokumentarfilms. Auf ihrer Seite der Tür durchleben sie die Krisen, Kriege und Bürgerkriege, die Belgrad und Serbien unter seinen unterschiedlichen Namen und Staatsformen nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht zur Ruhe kommen lassen.

Mila Turajlić erzählt sehr persönlich und intim davon, wie Politik ins Private dringt und wie Menschen sich dazu verhalten. Vom dreimaligen Klingeln der alten Freunde, mit dem sie sich noch immer zu erkennen geben, obwohl es den Geheimdienst, der nur einmal klingelte, inzwischen nicht mehr gibt. Vom Blick aus der Wohnung auf brennende Botschaften und Polizeiaufgebote. Und von Volkszählungen, in denen Srbijanka die Antwort auf ihre Nationalität und ihre Religion noch immer verweigert, während die alte Nachbarin, die Proletarierin, sich frei heraus als Serbin und Atheistin vermerken lässt.

In den Bildern, die abgesehen von Nachrichtenbildern sich fast vollständig im Haus der Familie Turajlić oder um es herum bewegen, vollzieht die 37-jährige Regisseurin die Geschichte ihres Landes und ihrer Familie nach. Schon ihr Urgroßvater war bei der Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen anwesend, wie ein Gemälde beweist, das verschwunden ist und wieder auftaucht. Die Mutter Srbijanka war als Professorin an der Belgrader Universität eine treibende Kraft bei den Demonstrationen gegen Milošević und aktiv in der Organisation Otpor!, die diesen schließlich zu Fall brachte. In Gesprächen, die Mutter und Tochter über mehrere Jahre miteinander und mit Besuchern in der geteilten Wohnung führen, stellen sie sich schwere Fragen: Ist es die Verantwortung der Eltern, in einem repressiven System, überhaupt am Leben zu bleiben, um für die Kinder zu sorgen – oder ist es ihre Verantwortung, gegen das System zu rebellieren und sich selbst zu gefährden? Ist es wichtiger zu bleiben und zu kämpfen oder zu gehen und arbeiten zu können?

Wir können hier in Deutschland vom Glück sprechen, seit dem Zweiten Weltkrieg eine politisch (verhältnismäßig) ruhige und wirtschaftlich (verhältnismäßig) sichere Zeit erlebt zu haben. Erschütternd im Gegensatz dazu, wie Srbijanka erzählt, dass sie 1996 aufgrund der Inflation nicht mehr genug Geld hatte, um ihre Familie für die nächste Woche zu ernähren – und in den Supermärkten auch gar nichts mehr vorhanden war, was sie hätte kaufen können. Dass in einem jetzt europäischen Land zu dem Zeitpunkt, als ich Abitur machte, Eltern entscheiden mussten, nichts zu essen, damit ihre Kinder (Mila Turajlić ist zwei Jahre jünger als ich) nicht hungern müssen. Doch trotz dieser entscheidenden Unterschiede, die die geografische Nähe der unserer Länder Lügen strafen, hat Mila Turajlićs Film auch für das deutsche Publikum höchste Relevanz. Auch in unseren Familien sind die Folgen eines totalitären Regimes noch spürbar, liegt es doch für einige nur zwei, höchstens drei Generationen zurück – für andere noch weniger. Und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit oder deren Verweigerung bestimmt auch in unserem Land noch immer, wohin sich Politik und Gesellschaft entwickeln.

Die Frage, ob wir auf die Straße gehen, um uns für das einzusetzen, was wir für richtig halten, müssen wir uns leider heute auch wieder wieder stellen. Srbijanka Turajlić hat in ihrem Leben reichlich gekämpft und ist müde, resigniert; sie fragt ihre Tochter, ob diese es in sich spürt, den Kampf fortzusetzen. Doch die Räume sind schon so lange getrennt, dass niemand so recht weiß, wie sie noch wieder betreten werden können, selbst, wenn die Türen geöffnet werden.

Der Film hinterlässt diese Unsicherheit, zwischen Hoffnung und Resignation; er bindet die beiden Frauen, Mutter und Tochter, ein in die Geschichte, die vor ihnen begann und nach ihnen weitergeht, ohne zu einem Schluss zu kommen, wie sehr sie den Lauf der Dinge beeinflussen können. Er lässt mich berührt zurück, ein wenig beschämt darüber, wie wenig ich über all das wusste, bewegt vom Mut und Entschlossenheit der Hauptfigur und ihrer Familie.

„Die andere Seite von Allem“ erhielt bereits zahlreiche internationale Filmpreise und läuft ab heute in ausgewählten Kinos. Die Termine können auf der Seite des Verleihs abgerufen werden.

10/2018

10. Oktober 1928: Leyla Gençer

Die Tochter eines türkischen Vaters und einer polnischen Mutter wuchs auf der kleinasiatischen Seite Istanbuls auf; sie begann eine Gesangsausbildung am Konservatorium von Ankara, brach diese jedoch ab und setzte den Gesangsunterricht privat fort. Sie war mit einem Banker verheiratet und sang zunächst als Chorsängerin am Türkischen Staatstheater.

1953 begann sie ihre Karriere in Neapel, nur vier Jahre später sang sie zum ersten Mal an der Mailänder Scala. Bis zum Jahr 1987 trat sie an der Scala in 19 Rollen auf und baute ihr Repertoire auf über 70 Partien aus. Die „türkische Diva“ sang Hauptrollen in den USA und Europa, unter den berühmtesten Dirigenten ihrer Zeit. Besondere Erfolge feierte sie mit ihren Interpretationen von Donizetti, einem zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Komponisten des Belcanto.

Nach dem Ende ihrer Bühnenkarriere war Gençer noch vielseitig in der Opern- und Musikbranche tätig. Ihr zu Ehren findet seit 1996 der Leyla Gençer Gesangswettbewerb statt. Die Sängerin starb 2008 80jährig an Herzversagen, ihre Asche wurde wunschgemäß in den Bosporus verstreut.

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12. Oktober 1873: Nadezda Petrović

Die serbische Malerin des Expressionismus und Fauvismus nahm anfangs privaten Zeichenunterricht in Belgrad. 25jährig kam sie nach München und wurde zunächst Schülerin des slowenischen Malers und Lehrers Anton Azbe; Petrović liebte alles Russische und besuchte auch den Salon von Marianne von Werefkin, wo sie russischen Künstlern begegnete. Ihre Vorliebe für die farbenfrohe russische Kunst brachte sie als Schülerin zum „Farbenfürst“ Julius Exter nach Übersee am Chiemsee.

Petrović vereinte ihre lebenslange Treue zum Azbe-Stil mit der Farbigkeit des Expressionismus. Sie reiste als Künstlerin durch ganz Europa und stellte in den 1910er-Jahren mehrfach in Paris aus. In ihrem Heimatland Serbien ist sie auch aufgrund ihres politischen Engagements beliebt: Sie unterstützte die Bevölkerung in Mazedonien in den türkischen Pogromen und gründete die erste serbische Künstlerkolonie. In den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg malte sie in ihrer Heimat Landschaft, Soldaten und Bauern, verpflichtete sich jedoch auch als freiwillige Krankenpflegerin. Im Rahmen dieser Tätigkeit zog sie sich den Flecktyphus zu und verstarb 43jährig in einem Lazarett.

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14. Oktober 1938: Farah Pahlavi

Die spätere Ehefrau des iranischen Schahs wurde als Tochter eines aserbaidschanisch-stämmigen Offiziers in Teheran geboren, der starb, als sie zehn Jahre alt war. Farah Diba besuchte in Teheran zunächst eine italienische, später zwei französische Schulen; mit 19 Jahren schrieb sie sich in Paris an einer Hochschule für Architektur ein.

Da viele iranische Studenten staatliche Unterstützung in ihren ausländischen Studien erhielten, wurden stets einige in die Botschaft geladen, wenn der Schah dort weilte. Im Rahmen eines solchen Treffens lernte Farah Mohammed Reza Pahlavi Shah kennen. Es erfolgten einige weitere Treffen, bis nach etwa einem halben Jahr die Verlobung des Schah mit dem 19 Jahre älteren Monarchen bekanntgegeben wurde. Farah wurde die dritte und letzte Ehefrau des iranischen Staatsoberhauptes und schenkte ihm in zehn Jahren vier Kinder.

Nach der Hochzeit war ihr Titel zuerst Malakeh, aus dem Arabischen für „Königin“. Zwei Jahre, nachdem sie durch die Ehe diesen Titel erhalten hatte, erhöhte der Schah per Dekret ihre Stellung: Er verlieh ihr den Titel Schahbanu, Persisch für „Gemahlin des Schah“. Damit betonte er nicht nur ihre persische Herkunft, sondern wertete ihre Position – und damit intediert die Stellung der Frau in der iranischen Gesellschaft – auf eine der Gleichberechtigung nähere.

Farah Pahlavi Schahbanu setzte sich in ihrer politischen Position vielseitig für die Menschen und die Kultur im Iran ein, mit einem Büro, das sich in vier Themenbereich engangierte: Medizin und Gesundheit, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur udn Soziale Angelegenheiten. So gründete sie z. B. als erste ein Dorf, in dem Leprakranke und ihre Familien nicht nur medizinisch versorgt, sondern auch gesellschaftlich rehabilitiert wurden – bis dahin führte die Erkrankung zur lebenslänglichen Verbannung nicht nur des Betroffenen, sondern auch derer Familien aus dem heimatlichen Verbund. Gesellschaften unter ihrer Schirmherrschaft verbesserten die Versorgung von Krebskranken, Brandopfern, Kindern und die Zusammenarbeit mit der WHO. Farah Pahlavi gründete mehrere Waisenhäuser, Fachschulen und Institutionen für die Teilhabe von körperlich Beeinträchtigten; die ehemalige Pfadfinderin förderte auch die Organisation der Pfadfinderinnen im Iran. Außerdem förderte sie mit Schrimherrschaften die Literatur, das Theater und Museumslandschaft im Iran, insbesondere mit Fokus auf Kinder und die persische Sprache. Farah unternahm Inspektionsreisen in abgelegene Gebiete ihres Landes und begleitete ihren Mann bei Staatsbesuchen rund um die Welt, unter anderem auch den 1967 in Deutschland.

Im gleichen Jahr, 1967, war Farah Pahlavi mit ihrer Schwägerin, der Zwillingsschwester ihres Mannes, an einer Veränderung des Familienrechts beteiligt. Sie selbst wurde von ihrem Mann ein weiteres Mal in ihrer Stellung gehoben: Sie wurde zur Vizekönigin und das Mindestalter, in dem der Sohn des Schah würde regieren dürfen, wurde auf 20 angehoben – Farah wurde damit in Abwesenheit oder im Todesfall des Schahs zur gleichberechtigten Übergangs-Regentin. Dies war ein umwälzender Schritt für die Gleichstellung der Frau in der iranischen Gesellschaft. Die gleichzeitige Gesetzesänderung, dass Frauen das Recht zur Scheidungseinreichung verliehen wurde und Männer sich nicht mehr ohne Angabe von Gründen von ihren Frauen scheiden lassen konnten, sowie die Einwilligung der ersten Ehefrau und einen Nachweis für die Versorgungsicherung benötigten, um eine Zweitfrau zu heiraten, sollte diese fortschrittliche Entwicklung zementieren. Der Ajatollah Chomeini, damaliger religiöser Führer des Islam im Iran, war alles andere als begeistert; dieser Schritt nach vorn verstärkte die gegenläufige Reaktion und trug zur Spaltung des Landes bei, die in der Islamischen Revolution und schließlich dem Sturz des Schahs 1979 ihren Höhepunkt fand.

Nachdem der Schah und seine Frau den Iran verlassen hatten, suchten sie an verschiedenen Stellen sowohl Exil wie auch medizinische Versiorgung für die Krebserkrankung des Monarchen. Einige Politiker, die sie vor kurzem noch als Staatsgäste empfangen hatten, wiesen sie nun ab. Nach Aufenthalten in Ägypten, Marokko, den Bahamas und Mexiko wurde der Schah einige Zeit in amerikanischen Krankenhäusern behandelt; es folgten weitere Aufenthalte in Panama und wiederum Ägypten, wo der Schah 1980 an den Folgen des Krebs verstarb.

Farah Pahlavi lebt derzeit abwechselnd in Frankreich und den USA, sie engagiert sich weiterhin bei der UNESCO für Kinderbildung. Zwei ihrer Kinder musste sie nach Selbstmorden beerdigen: Ihre jüngste Tochter nahm 2001 31jährig Schlaftabletten und Kokain, ihr jüngster Sohn erschoss sich 2011 mit 44 Jahren.

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21. Oktober 1925: Celia Cruz

Celia ‚Azúcar‘ Cruz gilt als Queen of Salsa, „la reina de salsa“. In einfachen Verhältnissen in Havana, Kuba, aufgewachsen, begann sie eine Ausbildung zur Lehrerin, um einen „anständigen“ Beruf zu haben, doch sang sie schon seit ihrer Kindheit und hoffte auf eine wirtschaftlich und sozial vielversprechendere Zukunft als Sängerin. Sie gewann in zahlreichen Gesangswettbewerben, doch ihren wirklichen Durchbruch schaffte sie mit 25, als die vorherige Sängerin der kubanischen Band Sonora Matancera in ihre Heimat Puerto Rico zurückkehrte. Die Band gab Celia Cruz eine Chance und stand bald im Schatten ihres Ruhms.

Celia befand sich mit der Band gerade in Mexiko, als Fidel Castro 1959 auf Kuba die Macht ergriff, und sie blieben alle im Exil. Castro verbot Cruz zwei Jahre später sogar die Einreise zur Beerdigung ihrer Mutter. Cruz wurde amerikanische Staatsbürgerin und feierte in den USA und Mexiko Erfolge, die ihr auch gelegentliche Ausflüge ins Filmfach gewährten. Sie gewann im Laufe ihres Lebens drei Grammys und vier Latin Grammys.

Sie starb 2003 mit 77 Jahren an den Folgen eines Hirntumors.

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27. Oktober 1922: Ruby Dee

Die afro-amerikanische Schauspielerin wuchs in Harlem auf, wo ihre Eltern nebenbei eine Pension für afro-amerikanische Reisende betrieben, die nicht in „weißen“ Hotels aufgenommen wurden. Sie spielte bereits in der Highschool Theater und während des College am American Negro Theater in Harlem, wo sie schon früh mit späteren Stars wie Sidney Poitier und Harry Belafonte auf der Bühne stand. Von dort erarbeitete sie sich ihre Karriere über Off-Broadway-Produktionen an den Broadway. Sie besuchte das Actors Studio unter Lee Strasberg und erreichte über erste Produktionen afro-amerikanscher Filme auch Hollywood. Sie spielte bis zum Ende ihres Lebens in Theater und Filmen, unter anderem in mehreren Werken von Spike Lee. Mit 83 Jahren erhielt sie ihre einzige Oscarnominierung für ihre Rolle als Denzel Washingtons Mutter in American Gangster; sie ist die einzige im 21. Jahrhundert für diese Auszeichnung nominierte Person, die auch bereits gestorben ist.

Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann Ossie Davis galt Ruby Dee als „Erstes Ehepaar der Bürgerrechtsbewegung“. Die beiden waren mit ihren Schauspielkollegen politisch aktiv und mit den Bürgerrechltern Martin Luther King Jr. und Malcolm X befreundet. Noch bis ins hohe Alter nahm sie an politischen Kundgebungen und Demonstrationen teil und betrachtete ihre prominente Stellung as Schauspielerin als Möglichkeit, für die Rechte der afro-amerikanischen Bevölkerung einzutreten.

Ruby Dee starb mit 91 Jahren; die Lichter am Broadway wurden am Freitagabend nach ihrem Todestag für eine Minute gedimmt, um ihrer zu gedenken.

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28. Oktober 1879: Luisa Capetillo

Luisa Capetillo wurde in Puerto Rico geboren, als Tochter eines Basken und einer Korsin, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf die karibische Inselgruppe ausgewandert waren. Liberal erzogen und von den Eltern im Lesen und Schreiben unterrichtet, fand sie ihre erste berufliche Beschäftigung als Vorleserin in einer amerikanischen Zigarrenfabrik – sie las dort den Arbeitern Zeitungen und Romane vor. Über diese Tätigkeit kam sie auch in Kontakt mit Gewerkschaften.

Geprägt von den philosophischen und literarischen Vorlieben ihrer Eltern, las sie Tolstoy, Zola und Hugo; in Kombination mit der harschen Realität ihrer kolonialen Umgebung entwickelte sie sich zur Anarchistin und weiblichen Stimme der Arbeiterbewegung. Sie beteiligte sich zwar nicht an Organisationen der Frauenrechtsbewegung, aber dies nur, weil sie der Meinung war, diese müsse eingebunden werden in den Klassenkampf. 1904 veröffentlichte sie ihr eigenes Essay, „Mi Opinión“, in dem sie die Frauen des Proletariats aufforderte, für ihre Rechte – als Frauen und als Arbeiterinnen – zu kämpfen. Mit der Veröffentlichung dieses Textes in Gewerkschaftszeitungen und der Teilnahme an Arbeiterstreiks gelangte Capetillo bald an die Spitze der FLT (Federación libre de trabajadores), der puerto-ricanischen Arbeiterbewegung, und setzte sich in dieser Position für die Bildung und Rechte der Arbeiterfrauen ein. Mit ihrer Überzeugungsarbeit für das Frauenwahlrecht gilt sie als die erste Suffragette Puerto Ricos.

Zwischen 1912 und 1919 wirkte sie mit an Streiks der Tabakarbeiter in New York und Tampa (FL), außerdem schrieb sie weiterhin Essays und brachte ihr erstes Werk ein weiteres Mal heraus. 1915 wurde sie auf Kuba verhaftet, weil sie Hosen trug – damals für Frauen eine tatsächliche Straftat. Sie hatte bereits vor ihrer politischen Tätigkeit mehrere Kinder bekommen, ohne verheiratet zu sein, und war auch Verfechterin der „freien Liebe“ in dem Sinne, dass Frauen sich ihre Partner frei wählen können sollten.

In den Jahren vor ihrem Tod durch Tuberkulose 1922 war sie 1916 und 1918 noch einmal an den größten Arbeiterstreiks der puertoricanischen Geschichte beteiligt.

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30. Oktober 1902: María Izquierdo

Der Anfang ihres Lebens schien der mexikanischen Künstlerin zunächst nichts Gutes zu versprechen. Als sie fünf Jahre alt war, starb ihr Vater und sie lebte in der Obhut ihrer Mutter und Großmutter in einem Dorf im Norden Mexikos. Gemäß der streng katholischen Traditionen auf dem Land wurde sie mit 14 Jahren in die Ehe mit einem viel älteren Offizier gezwungen und bekam innerhalb der nächsten drei Jahre drei Kinder. Als die mexikanische Revolution endete, zog sie mit ihrer Familie nach Mexiko-Stadt. Dort begann sie, ihre Malerei professioell zu entwickeln und ließ sich schließlich mit 26 Jahren wieder scheiden, um ihrer Leidenschaft nachzukommen. Sie schrieb sich an der Academia de San Carlos ein und begeisterte bei einer Schülerausstellung deren Direktor, Diego Rivera, frisch verheirateter Mann von Frida Kahlo. Aufgrund verschiedener Differenzen mit den anderen Schülern der Akademie beendete sie ihr Studium dort, blieb aber mit dem wenig älteren Kommilitonen und Mentor Rufino Tamayo in engem künstlerischen und persönlichen Kontakt. Ihr primitivistischer und surrealistischer Stil machte sie einzigartig unter den mexikanischen Künstlern ihrer Zeit und sie feierte nicht nur in ihrem Heimatland Erfolge: Sie war die erste mexikanische Künstlerin mit einer Ausstellung in den USA, die allein ihre Werke zeigte.

Sie zog einen weniger politischen Ausdruck in der Kunst vor als die meisten ihrer zeitgenössischen Kollegen und war im Inhalt stark von den vor-christlichen und katholischen Einflüssen ihrer frühen Prägung beeinflusst. In den 1940er Jahren erreichte ihre Karriere ihren Höhepunkt und 1944 wurde sie Kulturbotschafterin ihres Landes. Kurz darauf erlitt sie jedoch einen Schlaganfall, außerdem begannen sich ihre früheren Förderer, die männlichen Künstler Mexikos, gegen sie zu wenden und sie zu diskreditieren. Sie erlitt einen weiteren Schlaganfall und starb 1955.

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leptirica

djordje kadijevic, serbien 1973
die erste nachricht: auch im ehemaligen jugoslawien gibt’s vampire – allerdings stehen die speziell auf mehl und müller, sie verwandeln sich in schmetterlinge und nicht in fledermäuse und irgendwie können sie von körper zu körper wandern, selbst mit loch im bauch. die zweite: auch hier ist der vampir der vagina dentata eng verwandt.
das mädchen radojka ist der inbegriff ländlicher unschuld: offenes langes haar, weißes, besticktes kleid, kussmund und seidiger augenaufschlag. dies ist aber auch in den serbischen bergen einladung für die mysteriösen erscheinungsformen des bösen, sich ihr zu nähern und ihre unschuld zu korrumpieren. so ist das mädchen, das der bräutigam schon vor der hochzeit  vernaschen will, nicht nur schon unschön angebohrt, sondern droht auch, ihn ihrerseits zu vernaschen.
es bleibt sich also durch die kulturen gleich: vampirismus = bedrohliche sexualität. weiblicher vampirismus = männliche kastrationsangst. schön, wenn man auch in der fremde bekanntes findet.
editorial: ich habe tschechien leider verschlafen (sah aber wunderschön aus) und mir den rest jugoslawien gespart (im übertragenen sinne: mein mann ist herumgereist und ich habe am strand gelegen). zum tschechischen baron prásil hat er einige eindrücke gesammelt, leptirica ausführlich beleuchtet und weitere jugos folgen noch.

WEG MIT
§218!