Schlagwort: underground railroad

10/2023: Anna Murray Douglass, 8. März 1813

Anna Murray kam als Kind freigelassener Sklaven in Denton, Maryland, zur Welt. Sie verließ ihr Elternhaus mit 17 Jahren und ging nach Baltimore, wo sie sich ihren Unterhalt als Haushälterin und Waschfrau verdiente.

Mit 25 Jahren lernte sie Frederick Bailey kennen – möglicherweise am Hafen, an den sie ihre Arbeit brachte und wo Frederick als Kalfater arbeitete, möglicherweise gingen sie auch in die gleiche Kirche. Ihr Leben als freie Afroamerikanerin weckte in Frederick den Wunsch, sich ebenfalls aus der Sklaverei zu befreien; er musste auch frei sein, um Anna heiraten zu können. Also lieh sie sich die Freilassungsurkunde eines Freundes und nähte eine Matrosenuniform für Frederick, in der er sich in den Zug nach New York setzte. Das Ticket hatte wahrscheinlich auch Anna gekauft, die mit ihrer beruflichen Tätigkeit in der wirtschaftlichen Lage war, eine Familie zu versorgen. Sie traf ihn in New York wieder und die beiden wurden von einem New Yorker Abolitionisten getraut, zunächst unter dem Namen Johnson, den sie später in Douglass änderten.

Anna Murray Douglass stellte bei der Eheschließung den gesamten Hausstand für ihr Leben in New Bedford, Massachussetts, und unterhielt auch weiterhin mit ihrer Arbeit als Waschfrau und Schusterin (sie lernte in New York, Schuhe zu reparieren) das Ehepaar und später die Familie. Frederick war nach seiner Befreiung aus der Sklaverei in der Abolitionismus-Bewegung politisch aktiv, verdiente jedoch nur selten und wenig Geld mit seiner Rednertätigkeit. Anna arbeitete, unterstützte ihren Mann, war selbst aktiv in der Boston Female Anti-Slavery Society (Link Englisch) und gebar zwischen 1939 und 1950 fünf Kinder: Rosetta Douglass (Link Englisch), die später selbst in der Bürgerrechts- und vor allem der afroamerikanischen Frauenrechtsbewegung wirkte und das Buch „My Mother As I Recall Her“ schrieb, Lewis Henry Douglass (Link Englisch), Frederick Douglass Jr. (Link Englisch), ebenfalls Abolitionist, und Charles Remond Douglass (Link Englisch), sowie Annie Douglass.

Von 1845 bis 1847 weilte Frederick in seiner politischen Tätigkeit für den Abolitionismus in Großbritannien, in dieser Zeit sparte Anna zu Hause jeden Cent, den er sandte, und ernährte die Familie mit ihrem Arbeitseinkommen. Als er zurückkehrte, zog die Familie nach Rochester, New York, wo das Douglass-Haus eine Station des Underground Railroad wurde. Frederick Douglass veröffentlichte von dort aus seine abolitionistische Zeitschrift The North Star (Link Englisch).

Anna Murray Douglass war zwar eine sehr tüchtige Frau, die die Finanzen des Douglass-Haushaltes nicht nur sicherte, sondern auch Buch führte; sie hatte jedoch keine höhere Bildung und war keine Dame der höheren Gesellschaft. Frederick bewegte sich durch seine politische Arbeit inzwischen in Kreisen, in denen Anna wahrscheinlich weder gerschätzt noch erwünscht war, und in denen sie sich womöglich auch nicht wirklich wohl fühlte. Dennoch war ihr Haus beständig auch Gastgeber für länger bleibende Gäste aus aller Welt, unter anderem von europäischen Frauen, die in der Abolitionismus-Bewegung tätig waren. Etwa Ottilie Assing, die auch nicht die einzige war, mit der Frederick wahrscheinlich eine Affäre hatte. Die weißen Feministinnen, die mit Frederick arbeiteten und ihn verehrten, hatten wenig für Anna übrig – in einem erschreckenden Mangel an intersektionaler Solidarität und Respekt wurde Frederick für seine Ehefrau bemitleidet(2), wobei auch Colourism (Link Englisch) eine Rolle spielte: Anna hatte eine dunklere Hautfarbe als ihr Mann, der nach ihrem Tod die weiße Helen Pitts heiraten sollte (Link Englisch). Die Vorwürfe der Untreue diskutierte Frederick Douglass nicht öffentlich, so wie auch sonst seine Ehefrau wenig in seinen Texten erwähnt wurde; dies war nicht unbedingt Ignoranz oder Böswilligkeit. Für eine Frau dieser Zeit (Mitte des 19. Jahrhunderts) war es unziemlich, Gegenstand des öffentlichen Gespräches zu sein, und eine Privatsphäre zu haben, über die sie selbst bestimmen konnte, war für die freie Afroamerikanerin erster Generation ein Privileg, das sie nicht leichtfertig aufgab. Nichtsdestotrotz ist es dieser Rücksichtnahme und Privatsphäre geschuldet, dass von Anna Douglass und ihren Leistungen wenig bekannt war; ihre Tochter schrieb später, dass Frederick Douglass‘ Geschichte „durch die unerschütterliche Loyalität von Anna Murray möglich gemacht wurde“.

1860 starb die jüngste Tochter der Douglass‘, Annie, was ihrer Mutter sehr nahe ging; 1872 brannte ihr Haus nieder, wahrscheinlich wegen Brandstiftung, und sie verloren ein kleines Vermögen an Eigentum wie auch eine gesamte Ausgabe des North Star und Texte, die Frederick später hatte veröffentlichen wollen. Die Familie zog um nach Washington, D.C., wo Anna Douglass weiterhin den Haushalt führte, doch sie erlitt eine Reihe von Schlaganfällen. Ihre Gesundheit ließ immer weiter nach, bis sie 1882 mit 69 Jahren schließlich starb.


Quellen Biografie: (1) Wiki englisch | Wiki deutsch, (2) Smithsonian Magazine

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