Schlagwort: wednesday women

46/2020: Josephine Silone Yates, 15. November 1859

CN: In den englischen Titeln aus der Zeit der Jahrhundertwende 18./19. in diesem Beitrag wird eine Form des N-Wortes verwendet.

Josephine Silone Yates (Link Englisch) kam möglicherweise auch schon 1852 zur Welt – ich richte mich mit Altersangaben in diesem Beitrag jedoch nach dem alternativen, genaueren Datum.

Josephine war die zweite Tochter von Alexander und Parthenia Reeve Silone und lebte mit ihren Eltern und ihrer Schwester bei ihrem Großvater mütterlicherseits, einem befreiten Sklaven, in Mattituck, New York. Die Mutter brachte ihr mit der Bibel das Lesen bei, in der Grundschule zeigte sich bereits ihr großes Potential. So zog sie mit 11 Jahren zu ihrem Onkel, einem Pastor in Philadelphia, um dort das Institute for Coloured Youth (Link Englisch) zu besuchen. Die Direktorin Fanny Jackson Coppin (Link Englisch) wurde dort ihre Mentorin. Allerdings musste Josephine Silone schon im nächsten Jahr umziehen, da ihr Onkel an eine Universität versetzt wurde. Mit 12 Jahren zog sie also zu ihrer Tante mütterlicherseits nach Newport, Rhode Island. Dort besuchte sie eine weiterführende Schule und anschließend die Highschool; an beiden Schulen war sie einzige Schwarze Schülerin, doch erfuhr sie von Lehrer:innen und Schüler:innen wohl Respekt. Ihr Lehrer (oder Lehrerin) in Naturwissenschaften hielt sie für eine der begabtesten Schüler:innen und ermöglichte ihr Zugang zum Chemielabor für eigenverantwortliche Arbeiten.

1877, also vermutlich mit 18 Jahren, machte sie mit Auszeichnung ihren Highschool-Abschluss, als erste Schüler:in of Colour an der Schule. Sie war die Schülerin mit dem besten Abschluss und durfte daher traditionsgemäß die Abschiedsrede des Jahrgangs halten, außerdem erhielt sie eine Medaille und ein Stipendium für ein Universitätsstudium. Statt einer Hochschul-Karriere entschied sich Silone jedoch für eine Ausbildung zur Lehrerin, die sie an der Rhode Island State Normal School in Providence antrat. Dort machte sie zwei Jahre später – wiederum als erste Person of Colour – ihren Abschluss und war damit die erste Afro-Amerikanerin mit einer Zulassung als Lehrerin an Schule in Rhode Island. Später sollte ihr die National University of Illinois einen MSc-Grad verleihen.

Die Reihe der Ersten Male für eine Afro-Amerikanerin setzte Josephine Silone fort, als sie nach ihrem Abschluss eine der ersten Lehrer:innen of Colour an der Lincoln University in Jefferson City, Missouri wurde. Diese war nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg explizit für Afro-Amerikaner:innen gegründet worden, mit weißen und oC Lehrer:innen. Der Präsident Inman E. Page (Link Englisch) fand es jedoch für den Erfolg der Schule entscheidend, weiße Lehrende mit PoC zu ersetzen, um den Schüler:innen Rollenvorbilder zu bieten.

Wie alle Lehrenden lebte Silone auf dem Campus, in den Häusern, in denen sich die Schlafräume der Student:innen befanden. Sie unterrichtete Chemie, englische Literatur und ‚elocution‘, was sowohl Rhetorik wie auch Diktion bedeuten kann. Als sie zur Leiterin des Naturwissenschaftlichen Fachbereichs ernannt wurde, war sie wiederum die erste WoC, die einem naturwissenschaftlichen Fachbereich an einem College vorstand, außerdem (möglicherweise) die erste WoC mit voller Professur an einer US-Hochschule.

Ihre Philosophie als Lehrende beschrieb sie wie folgt: „Das Ziel jeglicher wahrer Bildung ist es, Körper und Seele alle Schöheit, Kraft und Perfektion zu geben, zu denen sie fähig sind, um das Individuum für ein vollständiges Leben auszustatten.“ (Quelle: Wiki)

Nach zehn Jahren an der Universität heiratete Josephine Silone William Ward Yates, den Direktor einer Schule in Kansas City. Als verheiratete Frau musste sie ihren Beruf daraufhin aufgeben, sie wurde dafür jedoch in der afro-amerikanischen Frauenbewegung aktiv. Sie schrieb als Korrespondentin für The Woman’s Era (Link Englisch) und andere Magazine, wie The Voice of the Negro (CN N-Wort im deutschen Beitrag). Für ihre Autorinnentätigkeit verwendete sie manchmal ihren eigenen Namen, manchmal schrieb sie unter dem Pseudonym R. K. Potter. Sie war 1893 eine der Mitbegründerinnen der Women’s League of Kansas City, eine Organisation zur Selbsthilfe und Verbesserung der Lebensumstände afro-amerikanischer Frauen, und deren erste Präsidentin. Als sich die Women’s League drei Jahre später der National Association of Coloured Women anschloss, wurde Silone Yates zunächst deren Schatzmeisterin und Vizepräsidentin von 1897 bis 1901, anschließend dann für vier Jahre bis 1904 deren Präsidentin. Außerdem bekam sie 1890 eine Tochter und 1895 einen Sohn.

1902 wurde sie vom Kompendium Twentieth Century Negro Literature; or, A Cyclopedia of Thought on the Vital Topics Relating to the American Negro als eine der 100 ‚America’s Greatest Negros‘ gelistet. Die Lincoln University berief sie zurück, um die Leitung für den Fachbereich Englisch und Geschichte zu übernehmen, sodass sie schließlich doch wieder in die Lehrtätigkeit kam.

1908 wollte sie allerdings wegen Krankheit ausscheiden, doch der Verwaltungsrat gestattete ihr dies nicht, und so blieb sie als Frauenberaterin an der Hochschule tätig. Als jedoch zwei Jahre später ihr Mann starb, setzte sie sich zur Ruhe udn kehrte nach Kansas City zurück. Schon am 3. September 1912 starb sie selbst, nach kurzer Krankheit.

Auch Wednesday Women und BlackPast widmen Josephine Silone Yates einen Beitrag.

*

Ebenfalls diese Woche

9. November 1871: Florence Rena Sabin
Die US-amerikanische Ärztin war 1917 die erste Frau mit einer Professur an der medizinischen Fakultät der Johns Hopkins University und die erste Frau, der die Leitung eines wissenschaftlichen Instituts, nämlich der Rockefeller University, übertragen wurde.

9. November 1914: Hedy Lamarr
Wenn es um vergessene und verborgene Fähigkeiten von schönen Frauen geht, gehört sie immer dazu. Lamarr, in Wien unter dem Namen Hedwig Eva Maria Kiesler geboren, war Schauspielerin und im nationalsozialistischen Deutschland verrufen für ihre mimische Darstellung eines Orgasmus.

Damals in Deutschland verboten, heute zwar eindeutig, aber doch zahm: Hedy Lamarrs Darstellung eines Orgasmus

Hier steht sie aber selbstverständlich für ihre Erfindung einer Funkfernteuerung für Torpedos, die selbsttätig die Frequenzen wechselte und deswegen vor Störungen durch den Feind weitgehend sicher war. Während ihre Erfindung zum damaligen Zeitpunkt zu komplex für eine massenhafte Anwendung war, basiert unter anderem das frequency hopping der Bluetooth-Technologie darauf.

11. November 1866: Martha Annie Whiteley (Link Englisch)
Die englische Chemikerin trug entscheidend dazu bei, dass Frauen in der Chemical Society aufgenommen wurden.

12. November 1957: Rihab Taha (Link Englisch)
Eine Frau auf der Schattenseite der Wissenschaft: Die irakische Mikrobiologin zeichnete für die Produktion von biologischen Waffen im Irak verantwortlich, unter anderem Anthrax und Botulinumtoxin. Sie wurde dafür von einigen auch ‚Dr. Germ‚ genannt.

WEG MIT
§218!