* 1911 • † 2. März 2007
Der deutsche Wikipedia-Eintrag von Tsai-Fan Yu nennt unbekümmert ein genaues Datum ihrer Geburt nach einer Quelle, die ich leider nicht verifizieren kann. Dieses Datum ( 24. Oktober) wird an keiner anderen Stelle genannt, also lasse ich es derzeit mit Fragezeichen versehen (außerdem wirft es den Ablauf des Zeitstrahls um, wenn ich Yu in den herkömmlichen Kalender übernehme).
Geboren wurde sie in Shanghai; als sie 13 Jahre alt war, starb ihre Mutter, der alleinerziehende Vater arbeitete zeitweise in drei Jobs, um der Tochter die schulische Laufbahn zu ermöglichen, zu der sie offenbar befähigt war. Ihr Studium der Medizin nahm sie am Ginling College (Link Englisch) auf, doch bereits im zweiten Studienjahr (möglicherweise nach einem Bachelor-Abschluss) erhielt sie ein Stipendium für ein weiteres Studium am Peking Union Medical College (Link Englisch), das nach dem Beispiel der Johns Hopkins Universität unterrichtete. Yu machte dort 1939 mit 28 Jahren ihren Doktor mit Bestnoten und im gleichen Jahr sofort als Chief Medical Resident (in etwa Chefärztin) für Innere Medizin.
Während sie in China arbeitete, erforschte sie auch Pflanzenkrankheiten von Zitrusfrüchten und Bohnen. 1947 kam sie nach New York, um am College of Physicians and Surgeons der Columbia University zu unterrichten. Drei Jahre später erhielt sie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Zehn Jahre nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten fand sie am Mount Sinai Hospital ihre berufliche Heimat, hier sollte sie 1973 die erste Frau in den USA werden, die eine volle Professur erhielt.
Ihr Lebenswerk war die Erforschung und Behandlung von Stoffwechselkrankheiten. Nachdem sie sich anfangs mit Morbus Wilson befasst hatte, einer Erbkrankheit, die den Kupferstoffwechsel der Leber beeinträchtigt, konzentrierte sie sich den Großteil ihres beruflichen Lebens am Mount Sinai Hospital auf die Gicht. Diese wird ausgelöst durch erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut, der eine Nierenfehlfunktion zugrunde liegt. Neben den Schüben mit schmerzhaften Entzündungen der Gelenke und anderen Geweben wirkt sich dieser gestörte Stoffwechsel auch wiederum nachteilig auf die Nieren aus.
Tsai-Fan Yu stellte in ihrer Forschung die Verbindung her zwischen den Harnsäurewerten im Blut und dem Ausmaß der Gelenkschmerzen von Gichtpatienten. Sie klassifizierte die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Gicht und untersuchte die Zusammenhänge der Gicht mit anderen Erkrankungen. So stellte sie fest, dass etwa die Hälfte aller Gichtpatienten auch an anderen metabolischen Krankheiten leidet, wie Bluthochdruck, Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Proteinen durch den Urin), Diabetes oder Hyperlipoproteinämie (u.a. erhöhter Cholesterinspiegel).
In den 1950er Jahren trug Yu entscheidend zur Entwicklung von Medikamenten gegen die Gicht und ihre Symptome bei; sie entdeckte die Wirkstoffe Probenecid, Colchicin und Phenylbutazon zumindest für akute Gichtanfälle. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Alexander B. Gutman trug sie in diesen Jahren auch zur Einrichtung einer spezialisierten Gichtklinik am Mount Sinai Hospital bei. In den 1960er Jahren entwickelte sie dank ihrer weiteren Erforschung der Krankheitsmechanismen den Wirkstoff Allopurinol, der 1977 in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO aufgenommen wurde.
Sie veröffentlichte in ihrer Laufbahn 220 wissenschaftliche Artikel sowie zwei Bücher, Gout and Uric Acid Metabolism (‚Gicht und der Harnsäurestoffwechsel‘) 1972 und zehn Jahre später The Kidney in Gout and Hyperurecimia (Die Nieren bei Gicht und Hyperurikämie).
Sie emeritierte 1992 mit 81 Jahren, bis dahin hatte sie mehr als 4.000 Gichtpatienten untersucht und behandelt. Noch 12 Jahre später, 2004, war sie an der Gründung der gemeinnützigen Tsai-Fan Yu Foundation beteiligt. Sie starb 95-jährig im Mount Sinai Medical Center in New York.
In dieser Übersicht über asiatische Wissenschaftler:innen der Asia Research News wird auch Tsai-Fan Yu erwähnt.