Kategorie: Science Fiction

44/2019: Lois McMaster Bujold, 2. November 1949

Die Science-Fiction- und Fantasy-Autorin Lois McMaster Bujold hält den Rekord, den Hugo Award für den besten Roman viermal gewonnen zu haben, und zieht damit gleich mit ihrem Kollegen Robert A. Heinlein.

Besonders bekannt ist ihre inzwischen 19-teilige Reihe, die Vorkosigan-Saga, in der allein drei Bücher mit der Hugo Award ausgezeichnet wurden. Diese Science-Fiction-Saga spinnt Bujold um den kleinwüchsigen interstellaren Spion und Söldner Mike Vorkosigan. Die Romane schrieb Bujold nicht in chronologischer Reihenfolge, noch wurden sie in der Abfolge veröffentlicht, in der sie geschrieben wurden. Vielmehr schuf Bujold eine ganze Welt um die Vorgeschichte und Entwicklung des Helden, in der sie sich mit Liebe und Beziehung, aber auch der möglichen Technik und Wissenschaft einer interstellaren Zukunft in 1000 Jahren auseinandersetzt.

Der zweite Teil ihrer Fantasy-Trilogie Curse of Chalion, Paladin der Seelen, gewann neben dem vierten Hugo Award auch noch den Nebula Award und den Locus Award – diese letzteren beiden Preise gewann auch ihr Kurzroman innerhalb der Vorkosigan-Saga Die Berge der Trauer.

mary shelley

für die FILMLÖWIN durfte ich Mary Shelley besprechen – seit dem 9. Mai auf DVD/BD – ein sehr schöner film, der locker den bechdeltest besteht und (fast) alles richtig macht!

Wer sich vorher oder hinterher noch mal etwas zur echten Mary Shelley zu Gemüte führen möchte, kann ja noch meinen Beitrag von 2016 zu ihr lesen. Ihr Leben nach der Veröffentlichung von Frankenstein bekommt dort auch nicht sehr viel Raum, deshalb hier eine kurze Zusammenfassung ihres Lebens post-Frankenstein. Sie schrieb weitere Romane und Reiseberichte, vor allem aber arbeitete sie daran, das Werk ihres verstorbenen Mannes zu veröffentlichen. Davon, seine Biografie zu schreiben, hielt sie ihr Schwiegervater ab, der seine finanziellen Zuwendungen – auf die sie lange Zeit angewiesen blieb – davon abhängig machte, dass niemand von den radikalen Ansichten seines Sohnes erfuhr. Der Tod von Percys erstem Sohn mit Harriet Shelley machte Marys Sohn Percy Florence zum direkten Erben des Shelley-Vermögens und als der Schwiegervater später starb, waren Mutter und Sohn ihre wirtschaftlichen Sorgen halbwegs los.

Sie traf nach Percys Tod noch einige Männer, die ihr die Ehe antrugen, aber sie lehnte stets ab. Sie könne nach einer Ehe mit einem Genie nur ein weiteres heiraten, war ihre Begründung. Dafür half sie allerdings einem befreundeten Frauen*-Pärchen, in Frankreich wie Mann* und Frau* zusammenzuleben – sie half ihnen, den Pass einer der beiden zu fälschen, sodass diese dort unter ihrem männlichen Pseudonym leben konnte.

Sie wurde mehrfach Opfer von Erpressungsversuchen, die auf ihrer oder Percys „unmoralischer“ Lebensweise beruhten. Ein Mann erpresste sie damit, eine kritische Biografie Percy Bysshe Shelleys herausbringen zu wollen – worauf sie nicht einging, wohl, weil diese sie eventuell aus der Zensur durch ihren Schwiegervater befreit hätte. Sie fand allerdings ihren eigenen Weg, dennoch ihre eigene Sichtweise zu erzählen, indem sie Percys Gedichte mit ausführlichen Anmerkungen herausbrachte, die sehr ins biografische Detail gingen.

Noch etwas zu ihrem größten Werk, Frankenstein oder Der Moderne Prometheus. Es steht noch immer ein Film aus, der diese literarische Vorlage gänzlich von den filmischen Vorgängern frei und wirklich nach der Geschichte Shelleys erzählt. Als ich das Buch damals las, war ich immer wieder erschüttert, wie völlig anders Shelley den künstlichen Menschen charakterisiert, als es uns unsere popkulturellen Einflüsse glauben lassen. Ich kann nur empfehlen, sich dieses Werk auf die feministische Lektüreliste zu setzen.

Jetzt lest aber erst einmal meine Filmkritik auf FILMLÖWIN.

KW 35/2016: Mary Shelley, 30. August 1797

Mary Shelley

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Bei Mary Shelley habe ich eigentlich Schreibhemmung – ein reiches, beeindruckendes, freies Leben voller Tragik und Erfolg, und eine Person, die kulturhistorisch, literaturwissenschaftlich und feministisch ausführlich untersucht und besprochen wurde.

Deshalb möchte ich versuchen, mich auf die wesentlichen Dinge beschränken. Sie war die Tochter von Mary Wollstonecraft, die bei ihrer Geburt starb. Sie wuchs unter dem Namen der Ägide ihres Vaters William Godwin auf, der ihr und ihrer älteren Halbschwester Fanny Imlay eine verhältnismäßig umfassende Bildung und seine politische Ausrichtung zum Anarchismus angedeihen ließ. Sie verliebte sich mit 16 in einen Bewunderer ihres Vaters, Percy Bysshe Shelley, der zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet war, folgte ihm auf einer Reise quer durch Europa und kehrte nach zwei Jahren von ihm schwanger nach England zurück. Das Verhältnis der beiden, zumal seine damalige Frau sehr unter seiner Untreue litt, war ein Skandal, den auch ihr Vater nicht guthieß; Mary sah in ihrem Lebensstil wohl die reale Umsetzung der frühen Ideen ihres Vaters.

In London wohnte Mary mit ihrer Stiefschwester Claire Clairmont zusammen, die sie auch auf der Europareise begleitet hatte, ihr Liebhaber und Vater ihres Kindes lebte wegen Schulden im Untergrund und war selten bei ihr. Ihr erstes Kind, eine Tochter, verstarb kurz nach der Geburt, was Mary in eine Depression stürzte. Sie wurde jedoch bald wieder schwanger und gebar einen Sohn, der mit ihr, Shelley und Clairmont an den Genfer See reiste. Das Ziel für den Sommerurlaub 1816 wurde entschieden, weil sich dort Lord Byron aufhielt, von dem Claire Clairmont schwanger war. Mit dessen Leibarzt John Polidori zu fünft, verbrachte die Gesellschaft den Sommer in der Villa Diodati, während der Säugling von einem Kindermädchen betreut wurde.

Die Geschichte darum, wie in diesem Sommer Mary Shelleys bekanntestes Werk, „Frankenstein„, zu Stande kam, ist halb Wahrheit, halb selbst gesponnene Legend. Tatsächlich war es wohl ein verregneter Tag, der die Gesellschaft im Hause festhielt, an dem Byron vorschlug, jeder von ihnen solle eine Schauergeschichte verfassen. Legende ist jedoch eher, dass Mary zunächst keine Idee hatte, aber von einem Wachtraum inspiriert wurde, in dem sie Frankensteins Monster neben seinem Schöpfer vor sich sah. Ihr eigenes Tagebuch dieses Zeitraums existiert nicht mehr, John Polidori notierte jedoch in seinem, dass alle außer ihm sofort an einer Geschichte arbeiteten.

Bevor Frankenstein allerdings veröffentlicht wurde, ließen sich Percy Shelley und Mary in England nieder, erlebten die Selbstmorde von Percys erster Ehefrau und Marys Halbschwester Fanny Imlay. Der junge Witwer und die erneut schwangere Autorin heirateten, eigentlich nur, um das Sorgerecht für Percys Kinder aus erster Ehe zu gewinnen, und Mary gebar eine zweite Tochter. Anfang 1818 kam Frankenstein zunächst ohne Angabe des Verfassers heraus, kurz darauf verließ die Familie Shelley England mit dem Gedanken, nie mehr zurückzukehren.

Die Familie reiste mit Kindermädchen durch Europa und fand überall Freunde und Unterstützer. Dann starben beide Kinder kurz hintereinander in Italien und Mary verfiel erneut in schwere Depression. Das Schreiben und die Geburt ihres vierten und letzten Kindes halfen ihr über den Schmerz hinweg; Percys Interesse für andere Frauen, das über den Rahmen einer offenen Beziehung hinausging, eine weitere Fehlgeburt und der Verlust eines adoptierten Mädchens (dessen Herkunft ungeklärt ist) hingegen trugen nur zum tragischen Verlauf ihres Lebens bei.

Nachdem Percy Shelley bei einem Bootsunfall im Mittelmeer ums Leben gekommen war, hatte Mary kein weiteres ernsthaftes Interesse an Bindung. Sie arbeitete weiterhin als Autorin und Verlegerin, hatte auch amouröse Begegnungen, aber die wichtigste Beziehung blieb die zu ihrem Sohn Percy Florence. Zu ihrer späteren Schwiegertochter entwickelte sie noch ein inniges Verhältnis, sie litt zum Zeitpunkt der Hochzeit ihres Sohnes jedoch bereits an Symptomen einer Erkrankung, bei der es sich vermutlich um einen Hirntumor handelte, an dem sie einige Jahre später 53jährig verstarb.
„Frankenstein“ blieb ihr wichtigstes Werk; eine Geschichte, die sich unter anderem mit elterlicher Verantwortung, Forscherdrang, Fortschrittsangst, Wissenschaftshybris, Identitätsfindung, Moralität und der Frage, was gutes Leben ist, beschäftigt, und nebenbei schon das Uncanny Valley entdeckte.

Bild: By Richard Rothwell from the National Portrait Gallery, Public Domain

*

Von 230 (Wikipedia) relevanten Persönlichkeiten vor dem 19. Jahrhundert sind diese 13 (inklusive Mary Shelley) Frauen:
1.9.1286 Elisabeth Richza von Polen
29.8.1540 Elisabeth von Brandenburg-Küstrin
4.9.1557 Sophie von Mecklenburg
31.8.1629 Anna Margarete von Hessen-Homburg
1.9.1647 Anna Sophie von Dänemark
2.9.1648 Magdalena Sibylla von Sachsen-Weißenfels
4.9.1729 Juliane von Braunschweig-Wolfenbüttel
2.9.1763 Caroline Schelling
29.8.1769 Philippine Rose Duchesne
30.8.1798 Virgine Déjazet
30.8.1800 Auguste Gräfin von Harrach
4.9.1800 Pauline von Württemberg

KW 25/2012: Octavia E. Butler, 22. Juni 1947

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Ocatvia E. Butlers Sternstunde – insofern, als diese den Beginn ihrer Karriere markierte – war es, als sie mit 12 Jahren nach Sichtung des Films Devil Girl from Mars zur Ansicht kam, dass sie Besseres schreiben könne. Und das, obwohl sie aus ärmlichen, nicht gerade bildungsnahen Verhältnissen stammte und bei ihr in der Schulzeit eine Leseschwäche diagnostiziert wurde. Mit ihren ersten Kurzgeschichten und späteren Romanzyklen begann sie auf Dauer eine ansehnliche Bibliographie zusammenzuschreiben, als die bekannteste afro-amerikanische Science-Fiction-Autorin (was an sich natürlich nicht schwer ist, wie viele davon gibt es wohl insgesamt?).

Wenn man den Inhalt von Devil Girl from Mars bei Wikipedia liest, kommt man mal wieder auf emanzipationsbedingte Kastrationsangst, was ich einen sehr guten Anlass für eine Schriftstellerkarriere finde. Dass Olivia E. Butler daraufhin Sci-Fi-Romane schrieb, die zumeist aus Perspektive ethnischer Minderheiten Gender, Geschlecht und Sexualität zum Thema hatten, lässt darauf schließen, dass der Film nur die literarische Beschäftigung mit den Themen getriggert hat, die in ihrem Leben eine Rolle spielten.

Ich habe noch nichts von ihr gelesen, aber angesichts ihrer Themen und des Lobes, das sie erhielt, bin ich jetzt durchaus interessiert – gute Fantasy und Science Fiction ist schließlich dünn genug gesät. Von Frauen für Frauen noch viel dünner.

Es gibt eine Olivia E. Butler Home Page, eine Kurzbiografie mit Beurteilung ihres Gesamtwerkes (auf Englisch) kann man bei bookrags lesen.

Bild: By Nikolas Coukouma – This is the first time this version of the photo has been released by Nikolas Coukouma., CC BY-SA 2.5

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