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52/2020: Jean Bartik, 27. Dezember 1924

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Jean Bartik (links) und Fran Bilas (rechts) am ENIAC
Von United States Army – Image from [1], Gemeinfrei

Ich hätte gerne länger über Jean Bartik geschrieben, aber abgesehen von den Feiertagen hat es nun einige Umstände gegeben, die mir sowohl Zeit wie Motivation genommen haben. Deshalb werden die letzten beiden Beiträge dieses Jahres nur so kurz wie möglich ausfallen.

Jean Bartik kam als Elizabeth Jean Jennings in Missouri zur Welt. Mit 20 Jahren machte sie am Northwest Missouri State Teachers College ihren BSc in Mathematik; direkt im Anschluss ging sie als menschlicher Computer zur US-Armee, bei dem Projekt der University of Pennsylvania, am Universalrechner ENIAC ballistischer Flugbahnen zu berechnen. Hier begründete Jean Bartik mit Kay McNulty (Kathleen Antonelli), Frances Spence, Betty Holberton, Marlyn Meltzer und Ruth Teitelbaum die Programmierung digitaler Computer – die sechs Frauen mussten sich ohne Handbücher, allein anhand von Diagrammen und eigenen Versuchen, die Handhabung des Rechners erarbeiten, den sie mit ihren händischen Berechnungen fütterten. Dabei entwickelten sie diverse Techniken des Programmierens, die heute noch verwendet werden.

1946, bei der Eheschließung mit dem Ingenieu William Bartik, legte sie sowohl ihren vorherigen Rufnamen `Betty´ab wie ihren Nachnamen und trat danach stets als Jean Bartik in Erscheinung. Sie war eine der Programmiererinnen, die auch nach dem Umzug des ENIAC auf den Aberdeen Proving Ground bei dem Projekt verblieb.

Sie machte später einen Abschluss in Englisch und ließ sich von ihrem Mann scheiden, arbeitete jedoch zeitlebens in der Computerbranche. Erst in den 1990er Jahren erfuhren die Programmiererinnen des ENIAC öffentliche Anerkennung für ihre Leistungen.

Jean Bartik starb am 23. März 2011 mit 86 Jahren. Im Jahr vor ihrem Tod hatte sie noch an einem Dokumentarfilm mitgewirkt und ihre Biografie vollendet.

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Ebenfalls diese Woche

23. Dezember 1912: Anna J. Harrison (Link Englisch)
1978 wurde diese Chemikerin die erste weibliche Präsidentin der American Chemical Society.

24. Dezember 1895: Marguerite Williams (Link Englisch)
Als erste Afroamerikanerin/WoC in den USA erlangte die Geologin einen Doktortitel in diesem Fachgebiet.

26. Dezember 1780: Mary Somerville
Aufgrund einer mangelhaften Schulbildung musste sich diese Autodidaktin ihre Kenntnisse der Astronomie und Mathematik selbst erarbeiten; dies gelang ihr jedoch so gut, dass sie bald die Anerkennung der Wissenschaft und der Allgemeinheit erlangte.

27. Dezember 1959: Maureen Raymo
Die US-amerikanische Paläoklimatologin ist die erste weibliche Leitung des Lamont-Doherty Earth Observatory.

2. Januar 1846: Julia Lermontowa
Über diese Mathematikerin schrieb ich 2018, als ich über die Welt jenseits des Tellerrandes schrieb.

Ruth Teitelbaum

* 1924 • † 1986

Auch Ruth Teitelbaum gehört zu den Programmiererinnen des ENIAC, dem ersten turingmächtigen Universalrechner, an dem die vergangene Woche vorgestellte Marilyn Meltzer mitarbeitete sowie Frances Spence, Betty Holberton, Kay McNulty und Jean Bartik. Sie hatte einen Bachelor of Science in Mathematik am Hunter College gemacht und fand eine Anstellung an der Moore School of Electrical Engineering der University of Pennsylvania, wo sie mit den anderen fünf Frauen als ‚Computer‘ arbeitete. Als die Berechnung ballistischer Flugbahnen von Hand an Rechenmaschinen als zu umständlich erkannt wurde, lernte Teitelbaum Schaltpläne zu lesen, um die Daten per Lochkarten einzugeben.

Teitelbaum zog mit dem ENIAC zum Aberdeen Proving Ground um, wo sie mit Maria Goeppert-Mayer zusammengearbeitet haben muss. Sie unterrichtete dort zwei Jahre lang den Programmierer:innen-Nachwuchs.

Sie starb 1986. Auch sie wurde 1997 in die Women in Technology International Hall of Fame (Link Englisch) aufgenommen. Die Seite frauen-informatik-geschichte.de der Universität Bremen und des BmFSFJ stellt die Frauen und ihre Arbeit ebenfalls vor.

Marlyn Meltzer

* 1922 • † 7. Dezember 2008

Marlyn Meltzer machte mit 20 Jahren 1942 einen Universitätsabschluss an der Temple University in Philadelphia. Direkt im Anschluss fand sie eine Anstellung an der Moore School of Engineering (Link Englisch); sie konnte eine Rechenmaschine bedienen, was sie dafür qualifizierte, Berechnungen für die Wettervorhersage anzustellen. Im folgenden Jahr wechselte sie in ein Team, das für die Berechnung ballistischer Flugbahnen verantwortlich war: Meltzer wurde eine ‚Computor‘, gemeinsam mit Frances Spence, Betty Holberton, Kay McNulty, Jean Bartik und Ruth Teitelbaum; Informatikerinnen, die den ersten elektronischen turingmächtigen Universalrechner ENIAC programmierten.

Für zwei Jahre stellten die sechs Frauen alle nötigen Berechnungen von Hand an, die für die Programmierung des ENIAC nötig waren, anschließend waren sie es, die die Programmierung vornahmen; sie blieben unerwähnt, als der Computer 1946 an der University of Pennsylvania vorgestellt wurde. Marlyn Meltzer verließ kurz darauf das Projekt und heiratete, der Computer wurde zum Aberdeen Proving Ground umgezogen, wo unter anderem Maria Goeppert-Mayer mit weiterer Programmierung beauftragt wurde.

Marlyn Meltzer wurde 1997 in die Women in Technology International Hall of Fame eingeführt. Sie war ehrenamtlich tätig, unter anderem strickte sie in ihren letzten vier Lebensjahren noch mehr als 500 Chemomützen, für Menschen, die unter der Chemotherapie ihre Haare verloren haben. Sie starb am 4. Dezember 2008.

Im Dokumentarfilm Top Secret Rosies: The Female ‚Computers‘ of WWII von 2010 wird die Arbeit der Mathematikerinnen und Programmiererinnen des ENIAC gewürdigt. Dieser Artikel über die ‚Invisible Women‘ auf lifehacker.com.au befasst sich ebenfalls mit den übersehenen Frauen.

7/2020: Susan Lim, 14. Februar 1952

Lee Hong Susan Lim (Link Englisch) wurde in Seremban geboren, der Hauptstadt des malaysischen Bundesstaates Negeri Sembilan. Nachdem sie die Grundschule und die weiterführende Schule in ihrer Heimatstadt abgeschlossen hatte, ging sie 1971 nach Kuala Lumpur, um an der Universität Malaya Zoologie zu studieren. Zunächst schloss sie ihren Master of Science ab, dann arbeitete sie auf ihre Promotion hin. Sie verdiente ihren Unterhalt als Tutorin an der Universität, während sie ihre Doktorarbeit über Hakensaugwürmer bei Frischwasserfischen. Mit dieser Arbeit promovierte sie 1987, mit 35 Jahren. Zwei Jahre später wurde ihr eine Lehrstelle an der Universität angeboten, 2003 wurde sie zur Professorin am dortigen Biologischen Institut.

Lim gilt als die führende Spezialistin für Hakensaugwürmer in Südostasien. Indem sie mehr als 100 neuer Arten beschrieb und ebensoviele neu einordnete, erarbeitete sie sich den sechsten Platz auf der Liste der produktivsten Hakensaugwurm-Forscher, und die produktivste Frau in diesem Bereich überhaupt. Sie ist in ihrem Forschungsbereich auch dafür bekannt geworden, einen bis dahin unbekannten Mechanismus zu beschreiben, mit dem sich einige der Würmer an ihren Wirten befestigen, nämlich einer Art Netz, die diese aus ihren Sekreten bilden.

Lim starb 2014 im Alter von 62 Jahren an einem langen Krebsleiden.

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Ebenfalls diese Woche

12. Februar 1921: Kathleen Antonelli
Auch als Kay McNulty bekannt, gehört die diplomierte Mathematikerin zu den sechsersten Programmiererinnen des ENIAC, mit dem die US-Armee ballistische Berechnungen anstellte. Die Lebensgeschichten dieser „Computer“ genannten Frauen (und Männer) sind lesenswert, aber zu gehaltvoll für meine derzeitigen Kapazitäten.

14. Februar 1862: Agnes Pockels
Die in Venedig geborene Tochter eines deutschen Offiziers forschte als Autodidaktin zur Grenzflächenspannung, genauer: zur Oberflächenspannung. Durch ihre Beobachtungen beim Spülen (ausgerechnet!) entwickelte sie die Schieberinne, heute auch Filmwaage, die Irving Langmuir zusammen mit Katharine Blodgett weiterentwickelte. Für seine Weiterentwicklung erhielt Langmuir – und nur er – den Nobelpreis für Chemie, drei Jahre, bevor Pockels starb.

16. Februar 1880: Kono Yasui (Link Englisch)
Mit 47 Jahren wurde die Zellbiologin 1927 die erste Frau mit Doktorgrad in Japan. 22 Jahre später wurde sie Professorin an der Ochanomizu Joshi Daigaku, der Frauenuniversität Ochanomizu, 1955 wurde sie für ihre akademischen Leistungen mit der Medaille am Violetten Band geehrt.

16. Februar 1932: Archana Sharma (Link Englisch)
Die indische Botanikerin lieferte vor allem mit ihren Forschungen zu Chromosomen von Bedecktsamern einen wissenschaftlichen Durchbruch, der zu einer neuen Kategorisierung der Pflanzen führte.

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