Schlagwort: genderfluidität

13/2023: Mykki Blanco, 2. April 1986

Mykki Blanko kam als ein Kind der Quattelbaum-Familie zur Welt, ihr Vater, ein afroamerikanischer Jude, beendete seine Tätigkeit als IT-Spezialist, um als Medium zu arbeiten, ihre Mutter war eine Rechtsanwaltsfachangestellte; die Eltern trennten sich, als Mykki zwei Jahre alt war, und sie lebte anschließend bei ihren Großeltern väterlicherseits in Kalifornien. Nach einem Umzug nach North Carolina floh sie mit 16 Jahren aus dem Familienheim nach New York City. Es folgte eine Zeit wechselnder Wohnsitze und zweier begonnener Ausbildungen. Für ein Studium an der School of the Art Institute Chicago erhielt Blanko ein Stipendium, beendete es jedoch nach zwei Semestern, auch ein Studium an der Parsons School of Design beendete sie nicht.

Ihre heutige Karriere begann mit der Veröffentlichung ihres Gedichtbandes From the Silence of Duchamp to the Noise of the Boy 2011, im Folgejahr erschien ihr erstes musikalisches Werk, die EP Mykki Blanko and the Mutant Angels. Bis zu ihrem ersten ausgewachsenen Album im Jahr 2016 – Mykki – war sie auf diversen Mixtapes und anderen Kooperationen vertreten, unter anderem mit Kanye West auf dessen unveröffentlichten Album Yandhi.

Den Namen Mykki Blanko wählte die geborene Quattelbaum zum ersten Mal 2010 für eine Persona, die sie für YouTube-Clips annahm. Der Name ist inspiriert von Lil‘ Kims Alter Ego Kimmy Blanko, die Blanko auch als künstlerischen Einfluss nennt; weiter nennt sie so unterschiedliche andere Einflüsse wie GG Allin, Jean Cocteau, Kathleen Hanna, Lauryn Hill, Rihanna, Marilyn Manson und Anaïs Nin. Auch wenn sie als Mykki Blanko anfangs vor allem in Hiphop-Videos auftrat, in denen sie auch in ihrer männlichen Persona zu sehen war, wollte sie nie als ‚Drag artist‘ oder ‚transvestite rapper‚ wahrgenommen werden. Auch auf ‚gay/queer rap‚ wollte sie sich nicht festlegen, da sie ihren künstlerischen Hintergrund vielmehr im Dadismus und dem Riot Grrrl Punk verortet. In einer Titelstory der Village Voice über sie mit der Überschrift ‚GenderNinja‚ von 2013 positioniert sie sich als Feministin, jedoch noch nicht als trans* Frau – sie spricht stattdessen über die Fluidität von Gender und über die Möglichkeit, mittels Accessoirs und Kleidung Gender zu performen.

Nach ihren frühen Erfolgen als Musikerin ging sie 2015 bewusst das Risiko ein, ihren HIV-positiven Status auf FaceBook zu veröffentlichen. Für den Fall, dass dies ihre Musikkarriere beenden würde, hatte sie bereits einen Wechsel in den Journalismus ins Auge gefasst, doch die Reaktion ihrer Fans war so unterstützend, dass sie doch ihre künstlerische Arbeit fortsetzte.

Seit 2019 identifiziert Mykki Blanko sich als trans* Frau mit den Pronomen sie/ihr und they/them; wie sie in ihrem Corona-Lockdown-Tagebuch schreibt, hat sie auch eine geschlechtsangleichende Hormontherapie begonnen. In den vergangenen zwei Jahren war sie künstlerisch sehr aktiv und brachte zwei ALben heraus: 2021 Broken Hearts and Beauty Sleep, 2022 folgte bereits Stay Close to Music, das hier im Rolling Stone besprochen wurde. Auf dem Album sind diverse Gastkünstler*innen vertreten, wie Michael Stipe von R.E.M. und Jónsi von Sigur Rós.

Mykki Blanko: Family Ties ft. Michael Stipe
Mykki Blanko: Carry On ft. Jónsi

Quelle Biografie: Wiki englisch

KW 33/2015: Serena Nanda, 13. August 1938

Hijra

Wiki deutsch Wiki englisch
Die Wikipedia-Beiträge zu Serena Nanda sind leider sehr kurz. Dabei hat sie zu einem der faszinierendsten Themen der Genderforschung – für mein persönliches Interesse zumindest – ein Fachbuch geschrieben, und zwar zu den Hijras in Indien und Umgebung.

Das erste Mal bin ich dem Konzept begegnet in John Irvings Zirkuskind. Ich hielt das zunächst für dichterische Freiheit und schlug es nach; meine Faszination mit einem „dritten Geschlecht“ hat seither nicht abgenommen.

In der Diskussion hierzulande über „Gender-Gaga“ (diese Formulierung muss ich selbst immer wieder mit sarkastischem Tonfall verwenden, damit ihre Existenz mich nicht rasend macht) werden die alten, kulturell akzeptierten Formen der Genderfluidität bzw. -transgression wohl deshalb nicht herangezogen, weil es sich dabei um nicht-abendländische Kulturen handelt. Da gibt es die Burnesha in Albanien und eben die Hijras im südostasiatischen Kulturkreis. Selbst eine Machokultur wie die mexikanische hat die Muxes (kommt vom altspanischen Wort für Frau – diese Menschen leben in einer Kultur, die noch unter stärkerem Einfluss der Zapotheken steht als der spanischen – katholischen – „Einwanderer“).

Aber wir hier müssen natürlich alle nach den gleichen Prinzipien des römischen-katholischen Menschenbildes leben und fühlen – nur am äußersten Rand der Skala von Männlich- und Weiblichkeit gibt es eine dünne Marge der „Normalität“, wenn es nach der Vorstellung mancher geht. Nunja. Wenn wir uns als Kultur langsam unter dem Schirm der abendländischen Religion herausbewegen können – in Richtung eines offenen, auch nicht religiösen Humanismus –, bleiben solche Normierungen vielleicht auch zurück.

Bild: By Mgarten at English Wikipedia, CC BY 3.0

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