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46/2019: Wendy Carlos, 14. November 1939

Wendy Carlos wurde in eine Arbeiterfamilie mit musikalischem Talent geboren, ihre Mutter spielte Klavier und sang, ein Onkel spielte Posaune. Wendy selbst lernte das Klavierspiel und kompinierte mit sechs Jahren ihr erstes Stück. Gleichzeitig interessierte sie sich für die frühe Informatik, mit vierzehn gewann sie ein Stipendium, indem sie eigenhändig einen Computer baute. Mit 23 machte sie einen ersten Abschluß in Physik und Musik an der Brown University und ging anschließend and die Columbia University, wo sie ihren Master in Komposition machte. Während des Studiums schrieb sie bereits die Musik für einige Studentenfilme und assistierte Leonard Bernstein während eines Abends für elektronische Musik in der David Geffen Hall. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete sie in einem Tonstudio.

In dieser Zeit traf sie zwei Menschen, mit denen sie erfolgreich zusammenarbeiten sollte. Robert Moog hatte sich bereits mehrere Jahre mit Thereminen und elektronischer Klangerstellung befasst (Höhepunkt seines Lebens soll es gewesen sein, das Theremin von Clara Rockmore reparieren zu dürfen). Moog hatte mit der Konstruktion seines Synthesizers begonnen, Wendy Carlos assistierte ihm und machte ihm hilfreiche Vorschläge. Sie komponierte Werbejingles und nahm Soundeffekte auf der Moog auf, für eine Veröffentlichung, in der sie die technischen Möglichkeiten des neuartigen Instruments vorstellte, wurde sie zu großen Teilen in Materialien von Moog entlohnt.

Für einen Einblick in die Geschichte und technische Komplexität des Moog Synthesizers empfehle ich das unten geteilte Video (Englisch).

Die andere langjährige Freundschaft und musikalische Partnerschaft, die Wendy Carlos während ihrer Zeit an der Columbia University begründete, war die zu Rachel Elkind. Die beiden teilten eine Wohnung, ein Studio und Geschäftsräume und arbeiteten gemeinsam an Carlos‘ Musik, bis Elkind 1980 mit ihrem Mann nach Frankreich zog. Elkind war die Stimme, die Carlos für ihre Arbeiten in ihrem Vocoder verfremdete; Carlos war stets der Ansicht, dass Elkinds Beitrag zu ihrer Musik unterschätzt wurde.

Bereits 1967 entstand die Idee, Kompositionen von Johann Sebastian Bach auf einem Synthesizer zu spielen. Dank eines Labels, das eine Verkaufskampagne unter dem Slogan „Bach to Rock“ gestartet hatte, ohne Bach in seinem Programm zu führen, kamen Carlos und Elkind mit dieser Idee zu einem Vertrag, der bis in die 1980er laufen sollte. Die Umsetzung war mit großer Mühe verbunden, da ein Moog Synthesizer stets nur einen Ton zur Zeit spielen konnte – wer erstens die Kompositionen von Bach und zweitens die Technik der Moog Synthesizer kennt (siehe Video oben), bekommt einen Begriff davon, was diese Aufgabe bedeutete. Als das Album Switched-on Bach schließlich 1968 auf den Markt kam, wurde es ein unerwarteter Erfolg. Es hielt sich auf Platz Eins der klassischen Alben in den Vereinigten Staaten von Januar 1969 bis Januas 1972. 1970 gewann es einen Grammy Award, vor allem aber rückte es den Synthesizer als ernstzunehmendes Instrument in ein neues Licht. Der Erfolg des Albums ermöglichte Carlos den Umzug in Elkinds Appartment in New York City.

Nach dem Bach-Album erhielt Carlos zwei Angebote für Filmmusik, eines davon 1971 der Soundtrack zu Stanley Kubricks Uhrwerk Orange. Aus dieser Arbeit gingen zwei Alben hervor, das Soundtrack-Album zum Film sowie eine Veröffentlichung Carlos‘ mit von ihr komponierten Stücken, die nicht im Film verwendet wurden. 1980 arbeitete Carlos wieder mit Kubrick zusammen, für die Musik zu Shining. Obwohl Carlos hierfür einige Stücke komponierte, nutzte Kubrick nur zwei, die Carlos und Elkind zugeordnet werden können.

Nachdem Elkind nach Frankreich gegangen war, schloß sich Carlos wiederum privat und beruflich mit einer Frau zusammen, Annemarie Franklin. Mit ihr gemeinsam entstand zwischen 1980 und 1982 der Soundtrack zu Tron. Im Anschluss an diese dritte Arbeit mit großen Unternehmen ging Carlos einen Vertrag mit einem kleinen Musiklabel ein, um eigene Projekte zu verfolgen. Schon zwischen den publikumsträchtigen Arbeiten am Film hatte sie verschiedene klassische Werke als elektronische Interpretation veröffentlicht, unter anderem basierend auf Bachs Wohltemperiertem Klavier. In den 1980er Jahren experimentierte Carlos nun selbst mit Intonation, Oktaven und Stimmungen, was in in vier mikrotonalen Tonleitern resultierte, die Carlos Harmonisch, Alpha, Beta und Gamma nannte. Diese verwendete sie auf ihrem Album mit eigenen Kompositionen, The Beauty in the Beast.

Eine ziemlich atemlose, aber faszinierende Erläuterung dieses musiktheoretischen Aspekts von Wendy Carlos‘ Werk liefert das folgende Video.

1988 schuf Carlos eine Parodie von Prokofjews Peter und der Wolf in Zusammenarbeit mit Weird Al Yankovic. Auch in den 1990er Jahre und bis heute blieb Carlos in der elektronischen Musik tätig, schrieb Filmmusiken und veröffentlichte weitere Alben.

Bei ihrer Geburt wurde Wendy Carlos aufgrund der Physiognomie das männliche Geschlecht zugewiesen (AMAB) und sie wurde Walter genannt (diesen alten Namen, der das zugewiesende Geschlecht ausweist, bezeichnen trans*Personen als dead name). Schon mit sechs Jahren empfand sie diese Zuschreibung als fehlerhaft. Als sie als junger Mensch nach New York kam, hörte sie zum ersten Mal von transgender*Identität, 1968 begann sie nach einer Therapie bei Harry Benjamin mit Hormongaben zur Geschlechtsumwandlung. Doch noch bis in die 1970er Jahre litt sie unter Geschlechtsdysphorie, trat nicht gerne öffentlich auf und versuchte ihre weiblichen Merkmale bei großen Veranstaltungen zu kaschieren. Der kommerzielle Erfolg von Switched-on Bach erlaubte ihr die kostspielige chirurgische Geschlechtsangleichung. Ende der 1970 machte Carlos ihre trans*Identität in Interviews im Fernsehen und dem Playboy bekannt. Sie stellte fest, dass die Reaktion der Öffentlichkeit weniger negativ ausfiel als befürchtet, bishin zur Gleichgültigkeit – ihr „Versteckspiel“ habe sich als monströse Zeitverschwendung herausgestellt, bemerkte sie 1985 (Quelle: Wikipedia).

Wie auch die oben geteilten Clips kommentiert auch das zeitgenössische Video des BBC Two von 1989 ihre trans*Identität in keiner Weise. So einfach kann es sein.

Ihr Privileg als erfolgreiche weiße Künstlerin spielt bei dieser Erfahrung mit Sicherheit eine Rolle. Gewalttaten gegen trans Personen, insbesondere schwarze trans Frauen, werden noch immer zu häufig begangen und noch immer zu häufig werden die Opfer medial falsch gegendert und die Transphobie als Motiv verschwiegen. Dazu führt die Human Rights Campaign eine jährliche Liste und auch bei uns nehmen Gewalttaten gegen Queerfolk zu. In der Gesellschaft ist weder das Verständnis noch die Akzeptanz von trans Identität so angekommen, wie es wünschenswert wäre. Gerade saß etwa Diana O. – vom Gesetz offiziell als Frau anerkannt – bis Anfang November in einem Männergefängnis ein. Sie wurde wegen Verdachtes auf Drogenbesitz festgenommen, ihre Papier weisen sie als Frau aus, doch weil sie (noch) keine geschlechtsangleichende Operation des Unterleibs hat durchführen lassen, wurde sie in U-Haft in der Männerabteilung festgehalten.

Es war ein schöner Zufall, dass ich Wendy Carlos als Musikerin, die auch meine Kindheit mit beeinflusst hat (Switched-on Bach stand im elterlichen Plattenregal und gehörte zu meinen Favoriten), gerade während der Transgender Awareness Week vorstellen konnte. Ihr Werk als Künstlerin steht im Vordergrund, doch ist ein willkommener Anlass, auf die Tatsache hinzuweisen, dass trans Identität keine Modeerscheinung der heutigen Jugend ist, sondern zur Geschichte der Menschheit – und zur Kunstgeschichte – gehört.

10/2018

10. Oktober 1928: Leyla Gençer

Die Tochter eines türkischen Vaters und einer polnischen Mutter wuchs auf der kleinasiatischen Seite Istanbuls auf; sie begann eine Gesangsausbildung am Konservatorium von Ankara, brach diese jedoch ab und setzte den Gesangsunterricht privat fort. Sie war mit einem Banker verheiratet und sang zunächst als Chorsängerin am Türkischen Staatstheater.

1953 begann sie ihre Karriere in Neapel, nur vier Jahre später sang sie zum ersten Mal an der Mailänder Scala. Bis zum Jahr 1987 trat sie an der Scala in 19 Rollen auf und baute ihr Repertoire auf über 70 Partien aus. Die „türkische Diva“ sang Hauptrollen in den USA und Europa, unter den berühmtesten Dirigenten ihrer Zeit. Besondere Erfolge feierte sie mit ihren Interpretationen von Donizetti, einem zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Komponisten des Belcanto.

Nach dem Ende ihrer Bühnenkarriere war Gençer noch vielseitig in der Opern- und Musikbranche tätig. Ihr zu Ehren findet seit 1996 der Leyla Gençer Gesangswettbewerb statt. Die Sängerin starb 2008 80jährig an Herzversagen, ihre Asche wurde wunschgemäß in den Bosporus verstreut.

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12. Oktober 1873: Nadezda Petrović

Die serbische Malerin des Expressionismus und Fauvismus nahm anfangs privaten Zeichenunterricht in Belgrad. 25jährig kam sie nach München und wurde zunächst Schülerin des slowenischen Malers und Lehrers Anton Azbe; Petrović liebte alles Russische und besuchte auch den Salon von Marianne von Werefkin, wo sie russischen Künstlern begegnete. Ihre Vorliebe für die farbenfrohe russische Kunst brachte sie als Schülerin zum „Farbenfürst“ Julius Exter nach Übersee am Chiemsee.

Petrović vereinte ihre lebenslange Treue zum Azbe-Stil mit der Farbigkeit des Expressionismus. Sie reiste als Künstlerin durch ganz Europa und stellte in den 1910er-Jahren mehrfach in Paris aus. In ihrem Heimatland Serbien ist sie auch aufgrund ihres politischen Engagements beliebt: Sie unterstützte die Bevölkerung in Mazedonien in den türkischen Pogromen und gründete die erste serbische Künstlerkolonie. In den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg malte sie in ihrer Heimat Landschaft, Soldaten und Bauern, verpflichtete sich jedoch auch als freiwillige Krankenpflegerin. Im Rahmen dieser Tätigkeit zog sie sich den Flecktyphus zu und verstarb 43jährig in einem Lazarett.

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14. Oktober 1938: Farah Pahlavi

Die spätere Ehefrau des iranischen Schahs wurde als Tochter eines aserbaidschanisch-stämmigen Offiziers in Teheran geboren, der starb, als sie zehn Jahre alt war. Farah Diba besuchte in Teheran zunächst eine italienische, später zwei französische Schulen; mit 19 Jahren schrieb sie sich in Paris an einer Hochschule für Architektur ein.

Da viele iranische Studenten staatliche Unterstützung in ihren ausländischen Studien erhielten, wurden stets einige in die Botschaft geladen, wenn der Schah dort weilte. Im Rahmen eines solchen Treffens lernte Farah Mohammed Reza Pahlavi Shah kennen. Es erfolgten einige weitere Treffen, bis nach etwa einem halben Jahr die Verlobung des Schah mit dem 19 Jahre älteren Monarchen bekanntgegeben wurde. Farah wurde die dritte und letzte Ehefrau des iranischen Staatsoberhauptes und schenkte ihm in zehn Jahren vier Kinder.

Nach der Hochzeit war ihr Titel zuerst Malakeh, aus dem Arabischen für „Königin“. Zwei Jahre, nachdem sie durch die Ehe diesen Titel erhalten hatte, erhöhte der Schah per Dekret ihre Stellung: Er verlieh ihr den Titel Schahbanu, Persisch für „Gemahlin des Schah“. Damit betonte er nicht nur ihre persische Herkunft, sondern wertete ihre Position – und damit intediert die Stellung der Frau in der iranischen Gesellschaft – auf eine der Gleichberechtigung nähere.

Farah Pahlavi Schahbanu setzte sich in ihrer politischen Position vielseitig für die Menschen und die Kultur im Iran ein, mit einem Büro, das sich in vier Themenbereich engangierte: Medizin und Gesundheit, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur udn Soziale Angelegenheiten. So gründete sie z. B. als erste ein Dorf, in dem Leprakranke und ihre Familien nicht nur medizinisch versorgt, sondern auch gesellschaftlich rehabilitiert wurden – bis dahin führte die Erkrankung zur lebenslänglichen Verbannung nicht nur des Betroffenen, sondern auch derer Familien aus dem heimatlichen Verbund. Gesellschaften unter ihrer Schirmherrschaft verbesserten die Versorgung von Krebskranken, Brandopfern, Kindern und die Zusammenarbeit mit der WHO. Farah Pahlavi gründete mehrere Waisenhäuser, Fachschulen und Institutionen für die Teilhabe von körperlich Beeinträchtigten; die ehemalige Pfadfinderin förderte auch die Organisation der Pfadfinderinnen im Iran. Außerdem förderte sie mit Schrimherrschaften die Literatur, das Theater und Museumslandschaft im Iran, insbesondere mit Fokus auf Kinder und die persische Sprache. Farah unternahm Inspektionsreisen in abgelegene Gebiete ihres Landes und begleitete ihren Mann bei Staatsbesuchen rund um die Welt, unter anderem auch den 1967 in Deutschland.

Im gleichen Jahr, 1967, war Farah Pahlavi mit ihrer Schwägerin, der Zwillingsschwester ihres Mannes, an einer Veränderung des Familienrechts beteiligt. Sie selbst wurde von ihrem Mann ein weiteres Mal in ihrer Stellung gehoben: Sie wurde zur Vizekönigin und das Mindestalter, in dem der Sohn des Schah würde regieren dürfen, wurde auf 20 angehoben – Farah wurde damit in Abwesenheit oder im Todesfall des Schahs zur gleichberechtigten Übergangs-Regentin. Dies war ein umwälzender Schritt für die Gleichstellung der Frau in der iranischen Gesellschaft. Die gleichzeitige Gesetzesänderung, dass Frauen das Recht zur Scheidungseinreichung verliehen wurde und Männer sich nicht mehr ohne Angabe von Gründen von ihren Frauen scheiden lassen konnten, sowie die Einwilligung der ersten Ehefrau und einen Nachweis für die Versorgungsicherung benötigten, um eine Zweitfrau zu heiraten, sollte diese fortschrittliche Entwicklung zementieren. Der Ajatollah Chomeini, damaliger religiöser Führer des Islam im Iran, war alles andere als begeistert; dieser Schritt nach vorn verstärkte die gegenläufige Reaktion und trug zur Spaltung des Landes bei, die in der Islamischen Revolution und schließlich dem Sturz des Schahs 1979 ihren Höhepunkt fand.

Nachdem der Schah und seine Frau den Iran verlassen hatten, suchten sie an verschiedenen Stellen sowohl Exil wie auch medizinische Versiorgung für die Krebserkrankung des Monarchen. Einige Politiker, die sie vor kurzem noch als Staatsgäste empfangen hatten, wiesen sie nun ab. Nach Aufenthalten in Ägypten, Marokko, den Bahamas und Mexiko wurde der Schah einige Zeit in amerikanischen Krankenhäusern behandelt; es folgten weitere Aufenthalte in Panama und wiederum Ägypten, wo der Schah 1980 an den Folgen des Krebs verstarb.

Farah Pahlavi lebt derzeit abwechselnd in Frankreich und den USA, sie engagiert sich weiterhin bei der UNESCO für Kinderbildung. Zwei ihrer Kinder musste sie nach Selbstmorden beerdigen: Ihre jüngste Tochter nahm 2001 31jährig Schlaftabletten und Kokain, ihr jüngster Sohn erschoss sich 2011 mit 44 Jahren.

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21. Oktober 1925: Celia Cruz

Celia ‚Azúcar‘ Cruz gilt als Queen of Salsa, „la reina de salsa“. In einfachen Verhältnissen in Havana, Kuba, aufgewachsen, begann sie eine Ausbildung zur Lehrerin, um einen „anständigen“ Beruf zu haben, doch sang sie schon seit ihrer Kindheit und hoffte auf eine wirtschaftlich und sozial vielversprechendere Zukunft als Sängerin. Sie gewann in zahlreichen Gesangswettbewerben, doch ihren wirklichen Durchbruch schaffte sie mit 25, als die vorherige Sängerin der kubanischen Band Sonora Matancera in ihre Heimat Puerto Rico zurückkehrte. Die Band gab Celia Cruz eine Chance und stand bald im Schatten ihres Ruhms.

Celia befand sich mit der Band gerade in Mexiko, als Fidel Castro 1959 auf Kuba die Macht ergriff, und sie blieben alle im Exil. Castro verbot Cruz zwei Jahre später sogar die Einreise zur Beerdigung ihrer Mutter. Cruz wurde amerikanische Staatsbürgerin und feierte in den USA und Mexiko Erfolge, die ihr auch gelegentliche Ausflüge ins Filmfach gewährten. Sie gewann im Laufe ihres Lebens drei Grammys und vier Latin Grammys.

Sie starb 2003 mit 77 Jahren an den Folgen eines Hirntumors.

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27. Oktober 1922: Ruby Dee

Die afro-amerikanische Schauspielerin wuchs in Harlem auf, wo ihre Eltern nebenbei eine Pension für afro-amerikanische Reisende betrieben, die nicht in „weißen“ Hotels aufgenommen wurden. Sie spielte bereits in der Highschool Theater und während des College am American Negro Theater in Harlem, wo sie schon früh mit späteren Stars wie Sidney Poitier und Harry Belafonte auf der Bühne stand. Von dort erarbeitete sie sich ihre Karriere über Off-Broadway-Produktionen an den Broadway. Sie besuchte das Actors Studio unter Lee Strasberg und erreichte über erste Produktionen afro-amerikanscher Filme auch Hollywood. Sie spielte bis zum Ende ihres Lebens in Theater und Filmen, unter anderem in mehreren Werken von Spike Lee. Mit 83 Jahren erhielt sie ihre einzige Oscarnominierung für ihre Rolle als Denzel Washingtons Mutter in American Gangster; sie ist die einzige im 21. Jahrhundert für diese Auszeichnung nominierte Person, die auch bereits gestorben ist.

Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann Ossie Davis galt Ruby Dee als „Erstes Ehepaar der Bürgerrechtsbewegung“. Die beiden waren mit ihren Schauspielkollegen politisch aktiv und mit den Bürgerrechltern Martin Luther King Jr. und Malcolm X befreundet. Noch bis ins hohe Alter nahm sie an politischen Kundgebungen und Demonstrationen teil und betrachtete ihre prominente Stellung as Schauspielerin als Möglichkeit, für die Rechte der afro-amerikanischen Bevölkerung einzutreten.

Ruby Dee starb mit 91 Jahren; die Lichter am Broadway wurden am Freitagabend nach ihrem Todestag für eine Minute gedimmt, um ihrer zu gedenken.

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28. Oktober 1879: Luisa Capetillo

Luisa Capetillo wurde in Puerto Rico geboren, als Tochter eines Basken und einer Korsin, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf die karibische Inselgruppe ausgewandert waren. Liberal erzogen und von den Eltern im Lesen und Schreiben unterrichtet, fand sie ihre erste berufliche Beschäftigung als Vorleserin in einer amerikanischen Zigarrenfabrik – sie las dort den Arbeitern Zeitungen und Romane vor. Über diese Tätigkeit kam sie auch in Kontakt mit Gewerkschaften.

Geprägt von den philosophischen und literarischen Vorlieben ihrer Eltern, las sie Tolstoy, Zola und Hugo; in Kombination mit der harschen Realität ihrer kolonialen Umgebung entwickelte sie sich zur Anarchistin und weiblichen Stimme der Arbeiterbewegung. Sie beteiligte sich zwar nicht an Organisationen der Frauenrechtsbewegung, aber dies nur, weil sie der Meinung war, diese müsse eingebunden werden in den Klassenkampf. 1904 veröffentlichte sie ihr eigenes Essay, „Mi Opinión“, in dem sie die Frauen des Proletariats aufforderte, für ihre Rechte – als Frauen und als Arbeiterinnen – zu kämpfen. Mit der Veröffentlichung dieses Textes in Gewerkschaftszeitungen und der Teilnahme an Arbeiterstreiks gelangte Capetillo bald an die Spitze der FLT (Federación libre de trabajadores), der puerto-ricanischen Arbeiterbewegung, und setzte sich in dieser Position für die Bildung und Rechte der Arbeiterfrauen ein. Mit ihrer Überzeugungsarbeit für das Frauenwahlrecht gilt sie als die erste Suffragette Puerto Ricos.

Zwischen 1912 und 1919 wirkte sie mit an Streiks der Tabakarbeiter in New York und Tampa (FL), außerdem schrieb sie weiterhin Essays und brachte ihr erstes Werk ein weiteres Mal heraus. 1915 wurde sie auf Kuba verhaftet, weil sie Hosen trug – damals für Frauen eine tatsächliche Straftat. Sie hatte bereits vor ihrer politischen Tätigkeit mehrere Kinder bekommen, ohne verheiratet zu sein, und war auch Verfechterin der „freien Liebe“ in dem Sinne, dass Frauen sich ihre Partner frei wählen können sollten.

In den Jahren vor ihrem Tod durch Tuberkulose 1922 war sie 1916 und 1918 noch einmal an den größten Arbeiterstreiks der puertoricanischen Geschichte beteiligt.

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30. Oktober 1902: María Izquierdo

Der Anfang ihres Lebens schien der mexikanischen Künstlerin zunächst nichts Gutes zu versprechen. Als sie fünf Jahre alt war, starb ihr Vater und sie lebte in der Obhut ihrer Mutter und Großmutter in einem Dorf im Norden Mexikos. Gemäß der streng katholischen Traditionen auf dem Land wurde sie mit 14 Jahren in die Ehe mit einem viel älteren Offizier gezwungen und bekam innerhalb der nächsten drei Jahre drei Kinder. Als die mexikanische Revolution endete, zog sie mit ihrer Familie nach Mexiko-Stadt. Dort begann sie, ihre Malerei professioell zu entwickeln und ließ sich schließlich mit 26 Jahren wieder scheiden, um ihrer Leidenschaft nachzukommen. Sie schrieb sich an der Academia de San Carlos ein und begeisterte bei einer Schülerausstellung deren Direktor, Diego Rivera, frisch verheirateter Mann von Frida Kahlo. Aufgrund verschiedener Differenzen mit den anderen Schülern der Akademie beendete sie ihr Studium dort, blieb aber mit dem wenig älteren Kommilitonen und Mentor Rufino Tamayo in engem künstlerischen und persönlichen Kontakt. Ihr primitivistischer und surrealistischer Stil machte sie einzigartig unter den mexikanischen Künstlern ihrer Zeit und sie feierte nicht nur in ihrem Heimatland Erfolge: Sie war die erste mexikanische Künstlerin mit einer Ausstellung in den USA, die allein ihre Werke zeigte.

Sie zog einen weniger politischen Ausdruck in der Kunst vor als die meisten ihrer zeitgenössischen Kollegen und war im Inhalt stark von den vor-christlichen und katholischen Einflüssen ihrer frühen Prägung beeinflusst. In den 1940er Jahren erreichte ihre Karriere ihren Höhepunkt und 1944 wurde sie Kulturbotschafterin ihres Landes. Kurz darauf erlitt sie jedoch einen Schlaganfall, außerdem begannen sich ihre früheren Förderer, die männlichen Künstler Mexikos, gegen sie zu wenden und sie zu diskreditieren. Sie erlitt einen weiteren Schlaganfall und starb 1955.

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