Schlagwort: misogynie

23/2023: Yasmin Benoit, 10. Juni 1996

Schon früh – mit 9 Jahren – wusste Yasmin Benoit, dass sie kein Interesse an Sex hatte; kein ungewöhnliches Alter für die Auseinandersetzung mit der zukünftigen Sexualität. Später entschied die Britin aus Reading, Bershire, auf eine reine Mädchenschule zu gehen, im Glauben, im gleichgeschlechtlichen Umfeld würden Beziehungen und Sexualität eher selten Thema werden. Eine Fehleinschätzung, wie sie einsehen musste.(1) Benoit erkannte, während die Jugendlichen um sie herum sich immer mehr für Sex interessierten, dass sie sich darin von Gleichaltrigen unterschied: Mit 15 Jahren fand sie sich, noch mit Zweifeln, im Label ‚asexuell‘ wieder – im Laufe der Jahre schwanden ihre Zweifel, da sie immer mehr anderen aspec Personen begegnete und ihre von der allonormativen Gesellschaft auferlegten Vorurteile über Asexuelle nicht der Wahrheit entsprachen.

Sie begann mit 16 Jahren ihre Modellkarriere, in der sie noch heute erfolgreich ist. Insbesondere für alternative Mode (Link Englisch) des Gothic, Emo, Metal und Punk steht Benoit Modell, womit sie sich zugleich für mehr Diversität in diesen vornehmlich weißen Subkulturen einsetzt; Mode und Aktivismus verband sie etwa in ihrer Kollaboration mit Gothic Lamb, einem afroamerikanischen Modelabel, im Jahr 2018.

Sie lebte bereits offen asexuell, als sie 2017 mit dem folgenden Clip auf ihrem YouTube-Kanal in einer breiteren Öffentlichkeit ihr Coming Out hatte:

Yasmin Benoit: Things Asexual Girls DON’T Want to Hear

Während der UK Asexuality Conference 2018 ließ sie sich für einen Dokumentarfilm von BBC Three begleiten; sie bedauerte dies nach der Ausstrahlung, da darin schlicht Stereotype reproduziert wurden und die Beteiligten respektlos und einseitig dargestellt wurden.(2) Wesentlich besser machte es 2019 Sky News mit dem folgenden Clip:

Sky News: Life without sex – what is asexuality?

Im Januar 2019 veröffentlichte Benoit den Artikel ‚This Is What Asexual Looks Like‚ (Link Englisch) auf QwearFashion und rief zeitgleich den Hashtag des gleichen Namens ins Leben, um die Diversität der Aspec-Gemeinschaft abzubilden. Im gleichen Jahr im Juli war sie die Gastgeberin der ersten asexuellen Bar bei der Pride in London, im Oktober wurde sie Vorstandsmitglied von AVEN – Asexual Visibility and Education Network (Link Englisch), im November war sie das erste offen asexuelle Modell auf dem Cover des Attitude Magazins.

Yasmin Benoit: Reading My Asexual Hate Comments (Aphobia/Acephobia)

Mit AVEN rief Benoit 2021 am 6. April zum ersten Mal den International Asexual Day aus, der seither neben der Ace Week (seit 2010, letzte volle Woche im Oktober) und der Aromantic Spectrum Awareness Week (seit 2014, Sonntag bis Samstag nach dem 14. Februar – Valentinstag) jährlich vor allem in den Sozialen Medien zelebriert wird. Seit 2022 arbeitet sie mit der Organisation Stonewall an einem Forschungsprojekt zu den Erfahrungen junger aspec Personen, das zu einer gesellschaftliche Beachtung der Rechte Asexueller/Aromantiker führen soll.

Yasmin Benoit tritt in ihrem Beruf, auf ihrem Instagram-Kanal und in den Medien für die Sichtbarkeit von asexuellen und aromantischen Menschen ein; dabei legt sie auch den Fokus auf die Intersektion von Allonormativität und Rassismus, da sie als Schwarze Frau noch stärker mit der Ignoranz und Ablehnung der Aspec-Orientierung konfrontiert ist.(1) (Zur Hypersexualisierung Schwarzer weiblicher Körper empfehle ich die Lektüre von EXIT RACISM, in Kürze befasst sich dieses Interview mit Denise Bergold-Caldwell in der ZEIT.) Gleichzeitig ist die Aspec-Gemeinschaft wie viele queere communisties sehr weiß, das gesellschaftliche Bild von Asexualität und Aromantik ist eines von schüchternen, jungen weißen Menschen; Yasmin Benoit zeigt die Diversität dieses Teils von LGBTQIA+ sowohl als Schwarze, wie als eine selbstbewusste Frau.


Quellen Biografie: Wikipedia deutsch | englisch
(1) Glamour
(2) LAPP

Neustart

Screenshot einer WordPress Beitragsliste: "Veröffentlichte (734) | Geplante (12)"

Es ist vollbracht. Es war 2022 auf diesem Blog nur scheinbar still, denn ich habe meinen Plan umgesetzt, für die ersten in etwa 3 Monate – 12 Wochen – die Artikel über Aktivistys des intersektionalen Feminismus fertigzustellen.

Besonders stolz bin ich auf mich, weil ich es gemacht habe, obwohl mich das Leben in den Sozialen Medien auch dieses Jahr immer wieder frustriert, ja, deprimiert hat; die Frage, ob es an der mangelnden Qualität meiner Beiträge, meinem Unwillen, meine Zeit statt für Lohn- und Carearbeit algorithmusfreundlich für die Bewerbung dieses Blogs zu opfern oder auch nur am Algorithmus selbst liegt, kann ich auf keine mich glücklicher machende Art beantworten. Jedenfalls, an vielen Tagen habe ich mir immer wieder die Sinnfrage gestellt und mehr als einmal den Stecker ziehen wollen. Gerade habe ich vernommen, dass Blogs mit dem Ende der 2010er ihre Bedeutung verloren haben. Ressourcen und Fähigkeiten für Tiktok oder einen Podcast habe ich derzeit keine.

Fakt bleibt aber, dass mich wenig so glücklich macht, als mich regelmäßig in eine neue Person zu verlieben, mich mit ihren Themen und Erfolgen zu befassen, ihr Leben und Wirken in eine fassbare, geordnete Struktur zu bringen und zu hoffen, andere ebenfalls für sie begeistern zu können. Ich führe das Blog eigentlich nicht für euch, sondern für mich – dankbar über jede Interaktion bin ich nichtsdestotrotz, weil ich dann weiß, dass ich nicht in einen leeren Raum spreche.


Weil es bei den Beiträgen im kommenden Jahr wichtig ist, und ich das eigentlich auch mal als neues ‚Über mich und dieses Blog‘ angedacht habe, möchte ich hier einmal kurz meine Vorstellung anbringen, was für mich der ‚feministische Kampf‘ ist. Auf Twitter und Instagram habe ich diese Position schon als angepinnter Tweet bzw. in den Highlights kurz aber hoffentlich schlüssig umrissen.

Meine Position: Das System ist misogyn. So wie Tupoka Ogete in EXIT RACISM deutlich macht, dass wir in einem rassistischen System leben, das viel tiefer geht als offene Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, so ist unser gesellschaftliches System auch misogyn. Das durch Religion und Politik etablierte Patriarchat früherer Tage war die Hardware, doch so weit wir in manchen Aspekten der Gleichberechtigung seit dem Mittelalter vorangekommen sind: Die Software unserer heutigen Gesellschaft ist noch immer die Misogynie. Was traditionell als ‚weiblich‘ konnotiert ist, zählt als Anlass oder Begründung für Diskriminierung, Unterdrückung, Gewalt und Herabwürdigung. Die Sache ist, dass das nicht nur cis Frauen betrifft. Es betrifft:

  • cis und trans Frauen sowie alle inter, nicht-binäre und agender Personen, die weiblich gelesen werden – ihre Weiblichkeit (selbst identifiziert oder von außen gelesen) macht sie angreifbar für Misogynie
  • nicht-binäre und agender Personen, deren Identität nicht ‚traditionell weiblich/männlich‘ gelesen werden kann – das misogyne System bestraft das Widersetzen gegen die Binarität, weil es nur weiter funktionieren kann, wenn alle darin verharren
  • männlich gelesene Personen – diese stehen unter dem systemischen Zwang, ihre traditionelle ‚Männlichkeit‘ permanent unter Beweis zu stellen, wobei der goalpost, was ‚ein echter Mann‘ ist, beständig verschiebbar ist und jede Abweichung in Attribute, die traditionell ‚weiblich‘ gelesen werden können, sie für misogyne Gewalt angreifbar macht

Alle sind in irgendeiner Form von der systematischen Misogynie betroffen; die Formen, das Ausmaß und natürlich auch die Privilegien im System unterscheiden sich individuell.

Kurz gesagt: Im misogynen System ist ‚Weibliches‘ Minus, ‚Männliches‘ ist Plus, und alle Menschen müssen in der strengen Binarität verbleiben. Die Gleichberechtigung von Frauen funktionierte sehr lange darüber, dass Frauen Männern in ihren Rechten und Privilegien ähnlicher wurden – aber stets in einem Rahmen, der vom misogynen System bestimmt wurde. Individuelle Interpretationen, eigene Wege und Selbstbestimmung wurden und werden noch immer bestraft. Was von Männern erlaubt oder unterstützt wurde, war möglich, überschrittene Grenzen als Übermut und Anmaßung abgelehnt. Das ist nur scheinbare Gleichberechtigung, weil sie noch immer innerhalb des misogynen Systems funktioniert. Inter*, trans*, nicht-binäre und agender Personen stellen eine Bedrohung für das misogyne System dar, weil sie die Binarität auflösen – somit erfahren sie noch immer die deutlichste, offene Ablehnung, die von vielen, die solidarisch sein sollten, unterstützt wird.*

Es geht mir persönlich – auch mit diesem Blog – nicht darum, mich einer bestimmten Strömung des Feminismus zuzuordnen. Aber mein Verständnis von Feminismus ist, dass wir dieses misogyne System abschaffen müssen, das uns allen Gewalt antut. Und mit diesem Verständnis bin ich solidarisch mit allen, die in individuellen Formen unter diesem System leiden – das sind auch cis-het Männer, die sich damit abmühen, ihrem und dem gesellschaftlichen Bild von ‚Männlichkeit‘ zu entsprechen und dabei ihren Körper quälen und ihre Gefühlswelt verkümmern lassen (müssen). Auch wenn diese selbst nicht verstehen oder wahrhaben wollen, dass es Misogynie ist, an der sie leiden.**

Ich glaube, wir können das System nur überwinden, indem wir auf die Gemeinsamkeiten blicken. Und wenn es das Leid im misogynen System ist, das ich mit anderen gemein habe, dann bin ich mit ihnen solidarisch – ungeachtet ihrer Identität. Die Unterschiede zwischen uns bestimmen die Form des Leids, aber nicht die Tatsache, was die Ursache ist.

In diesem Sinne gehören im kommenden Jahr selbstverständlich auch trans* Frauen und – so sie auch weibliche Pronomen verwenden – nicht-binäre und agender Personen zu den möglichen Kalenderheldinnen. Die Auswahl, über wen ich in einem Beitrag spreche, ist weiterhin höchst idiosynkratisch und möglicherweise auch von meinen zeitlichen Möglichkeiten bestimmt. Ich werde versuchen, die unterschiedlichen Intersektionen gleichermaßen zu berücksichtigen, bitte jedoch um Nachsicht, da ich noch immer alleine und unbezahlt aus purer persönlicher Leidenschaft an diesem Blog arbeite.


* Zum misogynen System gehört auch die Idealvorstellungen von ’schönen‘ weiblichen und männlichen und allgemein ‚richtigen‘ Körpern, die Erwartung an eine ’natürliche‘ Fortpflanzung, bei der keine bereits entstandene Schwangerschaft beendet werden darf, sowie die Fortschreibung der Rollen in Beziehungen und Lohn- und Care-Arbeit.

**Ich bin Mutter zweier Kinder. Mein weiblich gelesenes Kind fühlt sich wohl, wenn es nicht weiblich gelesen wird. Mein männlich gelesenes Kind identifiziert sich männlich, trägt aber gerne Kleider und ist insgesamt gender nonconforming. Für beide sehe ich es als meine Aufgabe an, die binären Prinzipien von ‚Weiblichkeit‘ und ‚Männlichkeit‘ zu ignorieren und sie als Menschen zu begleiten. Das bedeutet nicht, ihre selbst benannte Identifikation z.B. als weiblich oder männlich abzulehnen, sondern ihnen den Rücken zu stärken in ihrem eigenen Ausdruck ihrer Identität. Es bedeutet auch, dass ich als Elternteil sehr unterschiedliche Erfahrungen damit mache, nicht, wie ich sie – als ‚Mädchen‘ oder ‚Junge‘ – erziehe, sondern vor welchen gesellschaftlichen Erwartungen und Repressalien ich sie als Individuen verteidigen muss.

11/2018

5. November 1952: Vandana Shiva

Vandana Shiva wurde in eine brahmanische Familie geboren, der obersten Kaste Indiens, doch ihre Eltern prägten sie früh mit ihrer modernen und liberalen Einstellung. So hatten sie sich als Mitglieder der indischen Unabhängigkeitsbewegung einen neuen Namen gewählt, an dem ihre Kaste nicht mehr zu erkennen war; Vanadana wurde von der Mutter im Sinne des Feminismus ohne genderspezifische Erwartungen und Vorurteile erzogen. Die Wanderungen im Himalaya, die sie in ihrer Kindheit mit ihren Eltern machte, legten den Grundstein für ihre Naturbezogenheit.

Sie studierte zunächst Physik, mit Albert Einstein als Vorbild, doch bei der Arbeit an einem Brutreaktor im Bhabha Atomic Research Centre entwickelte sie eine Vorstellung von der Gefahr radioaktiver Strahlung und schloss ein Studium der Wissenschaftsphilosophie in Kanada an. Nach abgeschlossenem Studium wurde sie Professorin an einem Institut in Bangalore, dass  interdisziplinäre Forschung auf den Gebieten Technik, Umwelt und Politik betreibt.

Shiva war in ihrer indischen Studienzeit aktiv in der Chipko-Bewegung, in der sich indische Frauen gegen die Abholzung in ihrer Region und damit der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zur Wehr setzten, indem sie Bäume umarmten (chipko = HIndi für „festhalten“). Nach ihrer Rückkehr aus Kanada wurde sie zur bekanntesten, aber auch umstrittenen Figur des Ökofeminismus und der Globalisierungskritik in Indien. Sie rief die Organisation Navdanya ins Leben, die in Indien Samen traditioneller Nahrungspflanzen sammelt und bewahrt; Shiva ist überzeugt, dass die Lösung für Hunger und Armut nicht in genetisch veränderten Nahrungsmitteln liegt, sondern in der Rettung und Wiederentdeckung der natürlichen Diversität, mit der ursprüngliche Landwirtschaft betrieben wurde. Sie untersuchte mit der deutschen Feministin Maria Mies die Auswirkungen der westlichen, patriarchalischen Gesellschaft und ihrer wirtschaftlichen Entwicklungsstrategien in Indien. Die traditionell „männlichen“ Maßstäbe des Erfolges, nämlich Gewinn individueller Macht, zerstöre Umwelt und Gesellschaft, während traditionell „weibliche“ Werte den Erhalt und Entwicklung des Gemeinwohls förderten. Kritiker führen an, dass diese Einteilung in binäre Gegensätze Frauen in Entwicklungsländern in traditionelle Strukturen fessele, die instrumental für ihre Unterdrückung sind.

Vandana Shiva ist aktiv in verschiedenen Organisationen der Globalisierungskritik und des Umweltschutzes, sie hat mehrere Bücher veröffentlicht und hält acht Ehrendoktortitel, 1993 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis Right Livelihood Award. Ihre Argumentationen sind allerdings nicht immer sachlich und bieten Ansatz für Kritik; auch ihre eigenen finanziellen Gewinne an ihrem Ruf als „Beschützerin der armen indischen Bauern“ werden stellenweise negativ bemerkt.

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8. November 1970: Diana King

Die jamaikanische Reggae-Sängerin, 1970 in Spanisch Town geboren, wurde berühmt mit ihrem Song „Shy Guy“, der Teil des Soundtracks von Bad Boys war. Bemerkenswerter jedoch ist, dass sie die einzige Prominente jamaikanischer Herkunft ist, die offen homosexuell lebt: 2018 heiratete sie ihre langjährige Freundin Mijanne Webster, eine ebenfalls jamaikanische Violinistin. Jamaika ist berüchtigt nicht nur für die schlechten juristischen Bedingungen für Homosexuelle im Land, sondern auch für die offene Gewalt, die Homosexuelle dort erleben, angefacht zum Teil von Musikern, die in ihren Liedern zum Verbrennen Schwuler aufrufen. Sie wurde für ihr öffentliches Coming-Out mit einem Tapferkeitspreis in der Musikbranche ausgezeichnet, verlor jedoch darüber auch den Kontakt zu allen bis auf eines ihrer 15 Geschwister.

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12. November 1648: Juana Inés de la Cruz

Geboren als (wohl uneheliche) Tochter eines spanischen Offiziers in Mexiko und einer in Mexiko geborenen Spanierin (Criolla), wuchs das Wunderkind auf der Hacienda ihrer Großeltern mütterlicherseits in Amecameca auf, wo sie bereits im Kleinkindalter heimlich in der Bibliothek las. Mit drei Jahren beherrschte sie Latein – das sie als 13jährige bereits unterrichten würde – und mit fünf Jahren die Buchführung, mit acht Jahren schrieb sie ein Gedicht auf die Eucharistie. Sie war bewandt in griechischer Logik und schrieb auch Gedichte in Nahuatl.

Mit 16 Jahren ging sie nach Mexico City, wo sie gerne an der Universität studiert hätte – sie hätte sich als Mann verkleiden müssen, um das zu erreichen. Da sie jedoch nicht die Erlaubnis ihrer Mutter erhielt, betrieb sie ihre Studien privat weiter, während sie als Hofdame am Hof des Vizekönigspaares fungierte. Dort erregte sie die Aufmerksamkeit der Vizekönigin Leonor Carreto, die sie unter ihre Fittiche nahm und förderte. Der Vizekönig stellte die Bildung und das Talent der jungen Hofdame auf die Probe und konfrontierte sie überraschend mit Theologen, Juristen, Philosophen und Dichtern, denen sie spontan Rede und Antwort stehen musste. Sie bestand diese Prüfung mit fliegenden Fahnen.

Am Hof jedoch wurden ihr beständig Anträge gemacht, da noch immer erwartet wurde, dass eine junge Frau heiraten sollte. Also entschloss sie sich, um ihre Studien nicht einem Leben als Ehefrau zu opfern, ins Kloster zu gehen. Die Unbeschuhten Karmeliterinnen waren ihr in der Lebensführung zu streng, bei den Hieronymitinnen fand sie 1669 hingegen die einfache, lockere Klosterumgebung, in der sie sich wohlfühlte. Sie konnte dort als Schützling der Vizekönigin eine Bibliothek aufbauen und ihren eigenen Forschungen nachkommen. Sie pflegte eine Freundschaft mit Carlos de Sigüenza y Góngora, einem anderen mexikansichen Universalgelehrten, der sie über die Maßen schätzte.

De la Cruz schrieb im Kloster, unter der Patronage der Vizekönigin, unzählige Bücher, Gedichte und Essays; darunter Kritiken an Kirchenmitgliedern und der Kirche an sich. Sie setzte sich dabei offen und mit Witz für die Bildung und die Rechte der Frauen ein. Damit wurde sie auf die Dauer den Würdenträgern unbequem, selbst diejenigen, die ihr nicht widersprachen, waren der Meinung, als Nonne – als Frau – solle sie sich allein mit geistlichen Dingen beschäftigen. Es ist nicht geklärt, ob sie schließlich auf Druck des mexikanischen Erzbischof 1694 tatsächlich eine Unterlassungserklärung unterzeichnete, sicher ist jedoch, dass sie offiziell Buße tat, ihre Bücher und Forschungsmaterialien verschenkte und aufhörte, Texte zu veröffentlichen.

Zwei Jahre nach dem Einschreiten gegen ihre schriftstellerische Tätigkeit 1695 starb sie mit 47 Jahren an der Pest, die sie sich bei der Pflege anderer Nonnen zugezogen hatte. Sie wird heute in Mexiko als bedeutende Dichterin sowohl der frühen mexikanischen wie der spanischen Literatur verehrt und erhielt den Beinamen „Mexikanischer Phoenix“.

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17. November 1961: Chanda Kochhar

Die indische Bankmanagerin Chanda Kochhar wird vom Forbes Magazine zu den einflussreichsten Frauen der Welt gezählt. Als Tochter hinduistischer Eltern, die bei der Teilung Pakistans von Indien aus Karatschi fliehen mussten und all ihr Eigentum dort zurückließen, hat sie es mit Bildung und Ehrgeiz bis an die Spitze der größten privaten Bank Indiens geschafft.

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21. November 1955: Dora María Téllez

Téllez war zwölf, als in Nicaragua die Diktatur Anastasio Somoza Debayles begann, dem letzten Regenten des Landes aus dem Somoza-Clan. Mit 19 trat sie der FSLN bei, der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront, in der sie schon während ihres Medizinstudiums zur Kommandantin aufstieg. Da offener Widerstand in der Diktatur tödlich enden konnte, ging sie in den Untergrund und kämpfte als Guerillera zunächst in den Bergen in Nicaraguas Norden.

Als 22-jährige war sie dann dritt-höchste Befehlshaberin (Comandante Dos, unter Comandante Uno Hugo Torres und Comandante Cero Edén Pastora Gomez) bei der Einheit, die 1978 den Nicaraguanischen Nationalpalast stürmte. Die Einheit zählte zu den Terceristen – dem „Dritten Weg“ innerhalb der inzwischen gespaltenen Befreiungsfront: Die GPP (Guerra Popular Prolongata) wählte die Strategie der Rekrutierung und Mittelbeschaffung im Untergrund, während sich die Aktivisten aus dem offenen politischen Kampf zurückzogen, die „FSLN Proletario“ glaubte an eine Möglichkeit des Sieges durch die Mobilisierung des Proletariats. Die Terceristen hingegen forderten Pragmatismus und schlossen sich mit anderen, nicht-sandinistischen Kräften zusammen, um die Diktatur zu stürzen. Bei der Stürmung des Nationalpalastes wurden 1500 Zivilisten als Geiseln genommen. Téllez führte die Verhandlungen mit Somoza und handelte die Befreiung von 60 politischen Gefangenen aus – unter ihnen FSLN-Mitbegründer und späteren nicaraguanischen Innenminister Tomás Borge –, mediale  Veröffentlichung sandinistischer Forderungen, Lösegeld und eine Fluchtflugzeug. Die beteiligten FSLN-Mitglieder flohen nach dieser Aktion nach Kuba und Panama, wo sie sich weiterhin militärisch ausbilden ließen, für einen fortgesetzten Kapmf gegen das Regime. Das wurde auch tatsächlich durch diese Demonstration der Revolutionäre geschwächt, Somoza und seine Macht waren angreifbar geworden, während die Revolutionäre im Volk Sympathien gewinnen konnten. Andere Oppositionskräfte fühlten sich ermutigt, sodass wenige Tage später ein Generalstreik ausgerufen wurde, der sich zu einem Volksaufstand im ganzen Land ausweitete. Nach zwei Wochen griff der Diktator Somoza mit der Nationalgarde hart durch und ließ Tausende in der Zivilbevölkerung töten, noch mehr flohen in die benachbarten Länder. Die Besetzung des Nationalpalastes sowie die folgenden Unruhen machten jedoch weltweit auf die Zustände im mittelamerikanischen Land aufmerksam.

Téllez kehrte im darauffolgenden Jahr nach Nicaragua zurück und nahm erneut am Guerillakrieg der wieder konsolidierten FSLN teil. Aus den ländlichen Kampfgebieten zog sie schließlich mit ihren Truppen nach Léon, das nach sechs Wochen Häuserkampf von den Sandinisten erobert wurde. Die Hauptstadt Managua fiel zwei Wochen später, der Diktator floh.

In der anschließenden Regierung wurde Téllez später zur Gesundheitsministerin, ihre Kampagne für die Volksgesundheit wurde von der UN ausgezeichnet. Während sie weiterhin in der Politik aktiv blieb, sich für Homosexuellen- und Frauenrechte einsetzt und bis in die kürzliche Vergangenheit mit Leib und Seele für ihre Sache eintrat (zuletzt trat sie 2008 in einen Hungerstreik, um gegen ihren ehemaligen Sandinisten-Genossen Daniel Ortega zu protestieren), veröffentlichte sie auch ein Buch über die Geschichte Nicaraguas und seine Bedeutung in Mittelamerika. 2004 wurde sie als Gastprofessorin nach Harvard berufen, erhielt aber keine Einreisegenehmigung, weil sie als Terroristin gelistet war. Akademiker*innen des ganzen Landes traten daraufhin zu ihrer Verteidigung und Unterstützung ein.

Téllez führt ein Blog (auf Spanisch) und gehört zu den Teilnehmerinnen des Global Feminisms Project.

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25. November 1978: Sheena Ringo

Die japanische Sängerin sticht durch ihren individuellen Stil hervor, beeinflusst von der Liebe zum Jazz ihres Vaters und Arbeit ihrer Mutter mit Klassik.

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29. November 1835: Cixi

Die letzte chinesische Kaiserin kam als erste Tochter eines mandschurischen Beamten auf die Welt, in einer hochgestellten Familie des chinesischen Adels. Sie erhielt eine Ausbildung wie für Mädchen der Elite üblich: Lesen, Zeichnen, Schachspielen, Sticken und Nähen durfte sie lernen, das Schreiben der komplizierten Zeichenschrift sollte sie nicht benötigen. Auch blieb ihr als Mandschurin das grausame Füßebinden erspart. Als ältestes Kind war sie mit sieben Jahren in der Lage, ihren Vater zu unterstützen, die Familie aus einer Notlage zu helfen, in die sie durch den gerade beendeten Ersten Opiumkrieg geraten waren. Ihr Vater äußerte später lobend, sie sei ihm mehr wie ein Sohn als wie eine Tochter gewesen, weshalb er sie wohl auch später an den Themen teilhaben ließ, die eigentlich Männern vorbehalten waren.

Mit 16 wurde Cixi für den Harem des neuen, 19-jährigen Kaisers Xianfeng ausgewählt. Nach einem Vorbereitungsjahr im eigenen Haushalt betrat sie mit 17, damals zunächst unter dem Namen Lan, für das zweite Vorbereitungsjahr und den Rest ihres Lebens die Verbotene Stadt. Während Lan/Cixi in der sechsten und damit untersten Stufe der Konkubinen zunächst niederrangig blieb, erhob der Kaiser im Widerspruch mit der Etikette eine Konkubine der fünften Stufe zu seiner Kaiserin: Ci’an (auch Zheng) leitete in der Position als Kaiserin den Harem. Sie war eher unscheinbar und nicht unbedingt eine Führungspersönlichkeit, doch gelang es ihr, Zwistigkeiten und Unfrieden im Harem im Zaum zu halten. Lan/Cixi konnte den Kaiser anfangs nicht für sich einnehmen, verärgerte ihn eher noch durch ein Schreiben, in dem sie ihm Vorgehensweisen gegen Unruhen im Land vorschlug. Er setzte einen Erlass auf, dass sie nach seinem Tod „beseitigt“ werden solle, weil sie möglicherweise nach der Macht greifen würde. Doch Cixi hatte die Kaiserin Ci’an auf ihrer Seite, die auch schon dafür gesorgt hatte, dass sie in die fünfte Stufe der Konkubinen erhoben worden war und nun Konkubine Yi hieß.

In jedem Fall hatte der Kaiser eine Favoritin unter seinen Nebenfrauen, die ihm bald eine Tochter gebar. Während der Phase der Enthaltsamkeit, die der Kaiser mit der Schwangeren und späteren Mutter einhalten musste, wurde auch Cixi/Yi 1856 von ihm schwanger; sie gebar dem Kaiser den ersten Sohn, Zaichun, und wurde somit automatisch zur Nebenfrau ersten Ranges, nur noch der Kaiserin Ci’an unterstellt, die die Mutterrolle für den Thronfolger auszuüben hatte. Mit dem gehobenen Status kamen Privilegien wie der Zugang zu Bildung durch Hauslehrer.

China wurde in den kommenden Jahren immer wieder in Kriege um seine Territorien verwickelt und von umliegenden und europäischen Mächten zur Öffnung seiner Grenzen gezwungen; nach dem Zweiten Opiumkrieg 1858 war es Großbritannien, Frankreich, Russland und den USA unter anderem erlaubt, in China Opium zu verkaufen und christliche Missionare ins Land zu senden. Als 1860 diese Alliierten wiederum kriegerisch gegen Peking vorgingen, floh der Kaiser Xianfeng mit seinem gesamten Hofstaat in den Sommerpalast außerhalb der Hauptstadt und ließ seinen Halbbruder, Prinz Gong, in Peking zurück, um mit den eindringenden Mächten zu verhandeln. Der Kaiser war krank und schonte seine Gesundheit nicht bei Trinkgelagen mit Hofbeamten und seiner bevorzugten Konkubine. Der einflussreichste der Hofbeamten, Sushun, hatte offensichtlich Pläne: Cixi beobachtete ihn eines Abends, wie er sich auf den Kaiserthron setzte und sich vom Obereunuchen dort wie der Kaiser hofieren ließ. Auch hatte Sushun bereits – angeblich wegen der schweren Krankheit des Kaisers – bereits das Holzkästchen öffnen lassen, in welchem der Kaiser für einen Zeitpunkt nach seinem Tod ein Papier mit dem Namen seines Nachfolger hinterlegen sollte. Sushun hatte verkünden lassen, dass das Holzkästchen leer gewesen sei, dass also weder der gemeinsame Sohn des Kaisers mit Cixi noch einer seiner Neffen als Thronfolger auserkoren war. Cixi schloss daraus richtig, dass Sushun plante, entweder sich selbst zum Kaiser auszurufen oder einen Marionettenherrscher unter seinem Einfluss einzusetzen. Folgerichtig war ihr Leben, vor allem aber das Leben ihres Sohnes in Gefahr. Es gelang ihr jedoch gegen den Widerstand des Hofstaates, wenige Minuten vor dessen Tod, mit ihrem Sohn vor den Kaiser zu treten und ihm noch die Ernennung seines Kindes als Thronfolger zu entlocken. Da der Dreijährige noch nicht regieren konnte, machte das die Kaiserinwitwen Ci’an und Cixi zu dessen Regentinnen.

Sushun versuchte noch weiterhin, sich als eigentlichen Regierenden zu installieren, indem er die beiden Frauen mit Hausarrest dazu erpresste, seine Installation mit ihren Siegeln offiziell zu machen; doch die Mandarine, die hochgestellten Beamten des Landes, hatten bereits ihre Schriften an die beiden Kaiserinnen gerichtet und sie damit als Regentinnen anerkannt. Mit Hilfe des Prinzen Gong und der Traueretikette der chinesischen Kaiser gelang es Ci’an und Cixi, sich dem direkten Einfluss Sushuns zu entziehen: Der Minister musste den Leichenzug des Kaisers in die inzwischen wieder befriedete Hauptstadt begleiten, der Thronfolger sollte jedoch vor dem Leichnam in Peking ankommen. Die Gesellschaft um den jungen Prinzen erreichte drei Tage früher als nötig sein Ziel und die Kaiserinnen konnten das vorherige Schreiben mit ihren Siegeln zur Fälschung erklären. Sushun und seine Gefolgsleute wurden verhaftet, die meisten von ihnen verbannt, Sushun hingegen wurde zunächst zum Tod durch tausend Schnitte verurteilt (das verlinke ich nicht, aber es gibt einen Wikipedia-Eintrag dazu), später aber zur Enthauptung begnadet.

Diese strategische Vorgehensweise Cixis, ihr Leben und das ihres Sohnes zu retten und selbst in die Lage zu kommen, China zu regieren, brachten ihr bei unfreundlich gesinnten chinesischen Beamten den Ruf ein, kaltblütig und skrupellos zu sein; selbstverständlich wurde ihr auch sexuelle Devianz angedichtet, als der Rest der Welt sich für die chinesische Regentin zu interessieren. Cixi setzte nach ihrem Sohn, der 1872 mit 16 Jahren Kaiser wurde, aber nur drei Jahre regierte, bevor er an Syphilis starb, noch zwei weitere Minderjährige auf den Thron und behielt so lange Zeit das Zepter in der Hand. Ihrem Sohn, Kaiser unter dem Namen Tongzhi, folgte ihr Neffe Guangxu, ebenfalls drei Jahre alt, als er den Thron bestieg. Die andere Kaiserinwitwe Ci’an zog sich aus den Regierungsgeschäften zurück und starb, bevor Guangxu regierungsfähig wurde. Der durch eine Lungenerkrankung fast stumme Kaiser strebte, als er schließlich Kaiser wurde, Reformen an, die China wahrscheinlich ermöglicht hätten, den wirtschaftlichen und technologischen Rückstand gegenüber den westlichen Mächten aufzuholen. Cixi setzte ihren Neffen jedoch unter Hausarrest und nahm die Regierung wieder in die eigene Hand.

Cixi hatte sich im Laufe der Zeit von einer gewissen Reformwilligkeit zum Konservativismus entwickelt, möglicherweise durch Schicksalsschläge und den Verlust von Vertrauen in ihre Verbündeten. Erst die Erschütterungen des Boxeraufstandes schienen sie erkennen lassen, dass China mitnichten eine Vormachtstellung in der Welt hatte. Sie hatte die Aufstände gegen die Ausländer im Land gebilligt und unterstützt, da sie von ihren eigenen Makeln ablenkten; nach der blutigen Niederschlagung ließ sie dann die Aufständischen bestrafen. Während jedoch die Regentin sich auf die Erneuerung des Glanzes vergangener Zeiten konzentrierte und nur schwergängig das Land für die Zukunft vorbereitete, griffen die Westmächte nach immer mehr Territotium. Sie kündete zwar noch die Umstellung auf eine konstitutionelle Monarchie an, doch 1908 zog sich die 73-jährige eine echte Grippe zu und verstarb – nicht ohne ihren Neffen am Tag zuvor noch mit Arsen zu vergiften, sodass ihr bevorzugter Thronfolger zum Kaiser gekrönt würde: Der zweijährige Puyi, der letzte Kaiser von China.

1911 brach die Xinhai-Revolution aus und beendete die Monarchie in China.

Für einen spannenden Überblick über die chinesischen Kaiser und deren unterschiedliche Dynastien empfehle ich die Geo Epoche Nr. 93 über das kaiserliche China, die ich gerade lese (unbezahlte Werbung, aus reiner Überzeugung). Leider habe ich vor Beendigung dieses Beitrags noch nicht bis zum letzten Kapitel, dem über Cixi, gelesen.

KW 40/2012: Uta Ranke-Heinemann, 2. Oktober 1927

Uta Ranke-Heinemann

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In Uta Ranke-Heinemanns Leben die Sternstunde ermitteln zu wollen, ist müßig. Ihr kritischer Geist hat sie Zeit ihres Lebens und noch jetzt im hohen Alter dazu befähigt, mit Verve gegen das zu anzutreten, was ihrem Verständnis von christlicher Nächstenliebe (bzw. einem allgemein humanistischen Verständnis von tolerantem Miteinander) und dem gesunden Menschenverstand widerspricht.
Ob es das Anzweifeln der Jungfrauengeburt ist, die Kritik am Zölibat und dem Umgang mit Pädophilie in der katholischen Kirche oder der Kampf für Toleranz gegenüber Homosexualität, diese Standpunkte spiegeln eine Person wider, die selbst unter Umständen, die Subversion nicht gerade fördern, ihre eigenen gedanklichen Wege geht. Dass so etwas innerhalb eines christlichen (katholischen) Glaubensbekenntnisses möglich ist, macht mir die Kirche fast wieder sympathisch.

Als ich Uta Ranke-Heinemann das erste Mal im Fernsehen sah, dachte ich, sie sei so eine Art Dr. Ruth und fragte mich, wie sie bisher unter meinem Radar hatte bleiben können. Da ich mich ansonsten herzlich wenig um kirchliche Belange kümmere, begegne ich ihr zwar entsprechend selten im alltäglichen Medienkonsum, aber alles, was ich von ihr lese und höre, nimmt mich für sie ein.

Eins der lesenswertesten Interviews mit ihr – weil es vor allem auch die immer wiederkehrenden Anekdoten enthält – ist bei VICE zu lesen. Ansonsten will ich eigentlich nur zu ihren Zitaten verlinken.

Bild: Von Stuart Mentiply – Eigenes Werk, GFDL 1.2

dicke, hässliche nutten außerhalb der küche

meine eigene erfahrung mit computerspielen begrenzt sich ja auf Civilization IV (oder so) auf dem eMac, ICO und Shadow of the Colossus auf der PS2 und einige harmlose Wii-Spiele. passiv noch ein paar PS2- und Wii-Spiele mehr. mit MPOG, MMOG oder MMPORG habe ich überhaupt keine erfahrung.
ich kann mir aber sowohl die faszination erklären als auch vorstellen, dass das einen heidenspaß macht, sowohl männern wie frauen. allerdings, nach dem, was ich in der letzten zeit gelesen habe, ist es für frauen doch ratsam, sich bei diesen gelegenheiten zumindest als ungeschlechtlich, wenn nicht gar als männlich auszugeben. denn in der gamer-community, unterstützt durch den online disinhibition effect, ist ein rüder, unangenehm diskriminierender umgangston normalzustand, der rassistische, homophobe und vor allem sexistische äußerung, belästigungen bis hin zum stalkertum und generelle scham-/charmelosigkleit begünstigt. das reicht von verhältnismäßig harmlosen fragen wie „zeigst du mir deine titten?“ oder „willst du meinen schwanz sehen?“ über die bezichtigung, als gamerin hässlich, fett oder besonders leicht zu haben sein zu müssen, weiter über einfallslose bitten, doch lieber in der küche ein sandwich zuzubereiten,  bis hin zu konkreten, wenn auch unrealistischen vergewaltigungs- und tötungsdrohungen oder -wünschen.
es wäre erschreckend, es wäre niederschmetternd, es wäre ein anlass, am guten im menschen – vor allem im menschen online – zu zweifeln. wenn es nicht die damen von fat, ugly or slutty und Not in the Kitchen Anymore gäbe. diese onlinegamerinnen haben es sich zur aufgabe gemacht, den sexismus in der gamer-community anhand täglich offensichtlich zahlreich eintrudelnder beispiele in ihren blogs zu dokumentieren und ihre weniger intellektuell priviligierten männlichen (und zum teil auch weiblichen) gamerkollegen allein durch die macht der eigenen dummheit zu diskreditieren. diese blogs sind das beste beispiel dafür, dass schamvolles schweigen die schlechteste reaktion auf diskirminierung ist und souveränes lachen über die beschränkten denkwelten anderer die beste. wie es eine bloggerin bei fat, ugly or slutty in einem beitrag schreibt: früher hat sie mit den schlimmsten befürchtungen ihr game-postfach geöffnet – nun freut sie sich geradezu, wenn sie mal wieder eine merkwürdige nachricht erhalten hat, weil sie sie auf dem blog teilen kann, um öffentlich mit anderen darüber zu lachen.*
bei manchen einträgen in beiden blogs stockt einem der atem über das ausmaß an dummbeutelei. aber einmal herzlich darüber gelacht, und schon fällt das atmen wieder leichter.
*es ist auch auf diesem blog, dass sich ein kleiner erfolg des anprangerns abzeichnet: in einem beitrag berichtet eine bloggerin darüber, dass ein ehemaliger onlinegamer sie kontaktiert hat mit der bitte, den beitrag, der auch seinen nickname verzeichnet, zu löschen – er sei jung und dumm gewesen und wolle nicht noch nach jahren der reifung als dieser idiot im internet zu finden sein. vielleicht werden noch mehr der übeltäter eines tages die pubertät hinter sich lassen und sich für ihre (jugendliche?) dummheit schämen. wenigstens ein paar.
PS: bei Cracked.com gibt es ganz frisch auch einen artikel über die rassistischen, sexistischen und homophoben züge von videospielen: 5 Prejudices That Video Games Can’t Seem to Get Over. lesenswert.

alte frauen in schlechten filmen


mein lieber freund mark hat mir einen buchtipp weitergeleitet, der thematisch zu mir und diesem blog passt, deshalb teile ich ihn gerne – weder er noch ich haben das buch jedoch bisher gelesen, es sei dies also nicht als empfehlung, sondern als hinweis zu verstehen.
christoph dompke hat das buch alte frauen in schlechten filmen verfasst: eine textsammlung über die auftritte gealterter diven in ihren herbst-rollen. die kritiken, die auf der seite des verlages zitiert werden, sind verständlicherweise durchweg positiv, wenn in ihnen auch das anklingt, was ich ehrlicherweise befürchte vorzufinden (nichts für ungut, mark!): über nichts lachen männer, alt wie jung, so gerne wie über verblühte schönheit und frauen, die den zweck ihrer tätigkeit überlebt haben. ich selbst sehe in gealterten diven vor allem tragik: wenn das, was sie zum star machte, geschwunden ist, ringen die vieilles dames um würde und existenzberechtigung. ob man darüber wirklich komische texte schreiben kann, ohne überheblich zu klingen, weiß ich nicht. ich setze mir dieses buch mal auf die liste und werde eventuell – versprechen kann ich nichts – noch einmal mit einem „gelesen“-beitrag darauf zurückkommen.
bei Hard Sensations wurde übrigens auch, meinen erwartungen gemäß zurückhaltend, auf die neuveröffentlichung dieses buches hingewiesen.

WEG MIT
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