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Bevor die aus dem Inneren und zu Vernichtungszwecken organisierten Deportation von Juden in Deutschland begann, hatte das nationalsozialistische Regime bereits jahrelang mit unterschiedlichen Mitteln die Judenfeindlichkeit im Land geschürt und die Entmenschlichung einer ganzen Bevölkerungsgruppe vorbereitet. Da der vollständigen Entfernung der Juden aus dem Deutschen Reich aber lange auch noch ökonomische Interessen entgegenstanden – Juden machten einen guten Teil der deutschen Wirtschaftskraft aus – und die räumlichen und logistischen Gegebenheiten auch erst geschaffen werden mussten, beschränkte sich die Verfolgung zunächst auf das Unerträglich-Machen der Lebensumstände, mit gleichzeitiger Unterstützung der von den Juden selbst gewählten Auswanderung.
Selbstverständlich war auch damals die massenhafte Auswanderung kein Leichtes. In der dunklen Ahnung, die sich nach der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zu einer unleugbaren Sicherheit verfestigte, begannen in den späten 30er Jahren die Versuche, zumindest die Kinder in Sicherheit zu bringen. Else Hirsch zeichnete hierfür in Bochum besonders verantwortlich. Als jüdische Lehrerin an einer jüdischen Schule war sie zu diesem Zeitpunkt quasi arbeitslos bzw. arbeitsunfähig gemacht worden. In unablässiger Tätigkeit setzte sie Dokumente auf, verhandelte mit den Behörden und organisierte die Reisen von Bochum nach Holland oder über den Hoek van Holland nach England.
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges konnten so dank der Erleichterung des Dritten Reiches um die „Sorge“ um den jüdischen Nachwuchs zahlreiche Kinder zumindest vor dem Tod in Konzentrationslagern gerettet werden. Dass ihr Schicksal – sowohl durch die traumatische, oftmals endgültige Trennung von den Eltern, dem nicht immer erfolgreichen Einleben in der Fremde wie auch durch die bald in Feindseligkeit umschlagende Stimmung im Empfängerland gegen die Deutschen – kein ungetrübt glückliches war, blieb in der Aufarbeitung der Shoah im Schatten.
Nichtsdestotrotz: Leben wurden gerettet, von Männern und Frauen wie Else Hirsch.
Der Gedanke an diese Kindertransporte berührt mich jedes Mal zutiefst. Als Mutter eines Kleinkindes erschüttert mich die Vorstellung, eine solche Entscheidung treffen zu müssen: Mein geliebtes Kind quasi schutzlos in die Fremde schicken zu müssen, mit der Wahrscheinlichkeit, es nie wieder zu sehen – mit der dünnen Hoffnung, lange genug am Leben zu bleiben, dass in ungewisser Zukunft eine Wiedervereinigung stattfinden könnte. Mein Kind für immer wegzugeben, damit es eine Chance auf Überleben hat, die ich selbst nicht habe. Was für ein Schmerz.
Bild: By Marrante – Own work, Public Domain