Monat: November 2013

krankschreibung

in einem gut organisierten blog-haushalt sollte das natürlich eigentlich nicht vorkommen, und ich schwöre, ich habe schon kandidatinnen für die frau der woche gesichtet. leider haben es verschiedene umstände verhindert, dass ich ordentlich vorarbeiten konnte… und so stehe ich jetzt diese woche da und habe leider keinen beitrag für euch.
mit reizhusten, verschleimten nebenhöhlen und – aufgrund der umstände – keinerlei gestatteter medikation muss ich diese und wahrscheinlich nächste woche aussetzen.
mit besten absichten für den rest des jahres gelobe ich besserung. Vor allem meines gesundheitszustands.

the lords of salem

rob zombie, USA 2012
the lords of salem ist der erste film von rob zombie, den ich richtig richtig mag. house of 1000 corpses und devil’s rejects haben mich hauptsächlich abgestoßen, halloween war zwar stark, wenn ich mich richtig erinnere, hatte aber wenig mit mir zu tun. ein bisschen abgestoßensein gab’s auch, glaube ich.
the lords of salem ist dagegen geradezu ein frauenfilm. möglicherweise als ergebnis der dritten welle des feminismus, die rollt und rollt, tauchen verstärkt filme auf, in denen die mächtige frau, die hexe, eine umkehrung ihrer geschichte erfährt – die mächtige frau noch immer als bedrohung, aber im wesentlichen mit einem gerechtfertigten rachefeldzug und am ende obsiegend statt zur rettung der welt in ihre grenzen gewiesen. ein ähnliches beispiel dazu wäre für mich das remake von the wickerman.
ursprünglich wollte ich schreiben, dass die hexen von salem in diesem lichte gar nicht als die bösen erscheinen, aber nach einem kurzen realitäts-check muss ich revidieren: mir geht einfach die angst vor einer weltordnung ab, in der alte und  pummelige nackte frauen die herrschaft innehaben. lucifer hin oder her – auch wenn die alten hexen bedrohlich und zerstörerisch daherkommen, finde ich ihre schamlose selbstsicherheit im makelbehafteten körper ansprechend.
noch mehr gilt das für die drei ausführenden hexen der gegenwart. es ist fast sexy zu nennen, wie diese drei die machtverhältnisse in der verbalen und non-verbalen kommunikation umdrehen (und ich muss rob zombie ein lob für seine beobachtungsgabe aussprechen). zwei szenen, an denen ich das besonders fest mache:
als francis matthias (bruce davison) bei den drei schwestern lacey (judy gesson), megan (patricia „magenta“ quinn) und sonny (dee wallace) sitzt und in seiner freundlich-naiven art noch gar nicht versteht, wem er gegenüber sitzt. da sagt lacy etwas zu ihm und er lacht – unsicher, höflich, im glauben, ein gleichberechtigtes gespräch zu führen. lacey bringt ihn schnell und eiskalt auf den boden der tatsachen: „why are you laughing? i’m not laughing!“ sie bestimmt das gespräch, sie dominiert ihn und seine äußerungen. mehr noch, sie wird ihn mit den nächsten sätzen in eine unangenehme unterlegenheit zwingen, die sein geschlecht zum anlass von abscheu und ablehnung macht.
später will whitey (jeff daniel phillips) heidi (sheri moon zombie) abholen, und die drei hexen sitzen auf der treppe, die zu ihrem appartement führt. die bedrohlichkeit dieser situation mit umgekehrten vorzeichen ist festgeschrieben in die wahrnehmung jeder frau: an drei männer auf der treppe vorbeizugehen – die nicht platz machen, die taxieren und kommentieren – wird jede frau als unangenehm und bedrohlich wahrnehmen. die dominanz dieser frauen ist so deutlich, so unausweichlich, dass whitey so verletzlich wirkt wie ein teenager-mädchen, das an den alpha-männern eines sozialen wohnungsbaus vorbeigehen muss.
diese beobachtung und der schleichende, atmosphärische grusel, der nicht zuletzt durch das set design und das licht generiert werden, machen den film zu einem neuen lieblingsfilm.

KW 46/2013: Henriette Arendt, 11. November 1874

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Henriette Arendt gilt als erste deutsche Polizistin. Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester und verschiedenen Tätigkeiten in dem Bereich wurde sie 1903 als Polizeiassistentin bei der Untersuchung aufgegriffener Frauen eingesetzt.

Sie geriet schon 5 Jahre später mit ihrer Behörde in Konflikt – aufgrund „mangelnder Loyalität“, woraus man schließen kann, dass die Interessen der Frauen und Kinder mehr im Auge hatte als den Vollzug des Gesetzes.
Sie war auch die Tante der Politik-Philosophin Hannah Arendt.

KW 45/2013: Qiu Jin, 8. November 1875

Qiu Jin

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Qui Jin gilt als Martyrerin der Revolution gegen die Quing-Dynastie und der Frauenbewegung in China. Sie hatte das Glück, in einem Haushalt aufzuwachsen, in dem sie nicht nur intellektuell, sondern auch im physischen Ausdruck gefördert wurde.

Unter ihren Errungenschaften als Revolutionärin sticht für mich – als in fernöstlicher Politik nicht Versierte – vor allem der erfolgreiche Kampf gegen die Lotosfüße hervor. Diese sind ein Beispiel für die Perversionen, die archaische Schönheitideale hervorbringen – natürlich als Leidtragende wie so oft die Frauen. Beginnend wahrscheinlich mit einer Konkubine des Kaisers Li Yu im 10. Jahrhundert, die ihre Füße zunächst nur zum Tanzen bandagierte, setzte sich die verkrüppelnde Tradition bis ins 20. Jahrhundert fort, mit Qui Jins Einsatz in organisierten Elterngruppen als entscheidende Maßnahme.

Neugierige mit starken Nerven/Magen können sich die Praxis auf Wikipedia anschauen. Das lange Elend kurz gefasst: Kleinen Mächen zwischen 4-7 wurden die Zehen außer dem großen gebrochen und unter den Fuß gebunden, ebenso wurde die Ferse mit Bandagen, die bis zu täglich gewechselt werden mussten, zum vorderen Ballen hin gebunden. Ziel war eine Fuß“größe“ von 7cm. Je kleiner die Füße, desto schöner – allerdings auch: desto weniger beweglich die Frau. Ans Haus gefesselt zu sein und sich nur in Trippelschritten vorwärtsbewegen zu können, wurden – wie sollte es anders sein – zum auserkorenen Ideal und sexuellem Merkmal. Glücklich die Frauen, die aus armen Familien stammten, in denen jeder Fuß, egal welchen Geschlechts, für die Arbeit benötigt wurde. Achja, schlecht riechen tat es auch, weshalb die Bandagen auch nachts nicht abgenommen wurden – sonst wäre der Geruch zu streng geworden. Die Füße auszupacken hätte schließlich auch die erotische Fantasie zerstört – ein Lotusfuß sieht nur verhüllt „schön“ aus. Die schmerzliche Realität konnten meist nicht mal die Fetischisten verkraften.

Der wackelige Gang, der als Resultat der gebunden Füße als erotisierend galt, ist übrigens verwandt mit der unsicheren Balance, die hochhackige Schuhe mit sich bringen. Machen wir uns nichts vor: Auch bei uns kann eine Frau mit festem Stand nicht leicht zum Lustobjekt werden.

Bild: By Unknown, Public Domain

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