Tag: 7. Oktober 2023

40/2023: Anna Euphemia Morgan, 7. Oktober 1874

CW: historische, rassistische englische Begriffe

Es war eine Missionsstation der Herrnhuter Brüdergemeinde, auf der Anna Euphemia Bowden als Tochter zweier australischer Indigener – Nathan und Margaret Bowden – zur Welt kam, im Nordwesten des Bundesstaates Victoria. Mit elf Jahren begann sie, als Hausmädchen zu arbeiten; mit zwanzig siedelte sie in den nördlicheren Bundesstaat New South Wales um, nach Cummeragunja. Den Bewohnern der Siedlung waren von der australischen Regierung 1888 Landstücke zugeteilt worden, sodass sie sich selbst versorgen konnten. Anna Euphemia heiratete 1899, mit 25 Jahren, Caleb Morgan, der 12ha Land besaß; das Paar bekam drei Kinder zusammen.

1907 rief das Aboriginal Protection Board von New South Wales diese Landzuteilung zurück und zog die Profite der nun ehemaligen indigenen Landbesitzer ein. Das APB ist unter anderem auch dafür bekannt geworden, indigene Kinder, aber auch und vor allem Kinder aus weißen und indigenen Verbindungen aus ihren Familien zu reißen und sie zur ‚Assimilation‚ in weiße Familie oder in christliche, weiße Heime und Missionsstationen zu versetzen. Diese Maßnahme, die von 1909 bis 1969 andauerte und zehn bis dreißig Prozent aller indigener Kinder Australiens betraf, wurde 1997 als ‚Gestohlene Generation‘ bekannt. Am 26. Mai 1998 wurde erstmals der australische National Sorry Day begangen, 2007 wurde erstmals einem Australier eine Entschädigung für das Erlittene zugesprochen.

Gegen den Landraub durch das APB protestierte Caleb Morgan, was ihn in den Augen der kolonialen Regierung zum Agitator machte; außerdem galten alle, die nicht ihr Land verließen, als unbefugte Eindringlinge.(2) Anna Morgan floh mit ihrem Mann und ihren Kindern und ließ dabei das meiste ihres Besitzes zurück. Als sie einige Monate später ihr Hab und Gut holen wollten, wurde Caleb festgenommen und verbrachte zwei Wochen im Gefängnis. Die Familie zog anschließend nach Wagga Wagga, wo Caleb Anstellung auf einer Farm fand.

Zwanzig Jahre später, inzwischen 53 Jahre alt, kehrte das Ehepaar Morgan nach Victoria zurück, drei Jahre später beantragten sie Unterstützung beim APB, wurden jedoch abgewiesen aufgrund ihres Status als ‚half-castes‘. Sie stellten daraufhin Antrag auf eine Rente von der Kolonialregierung, dem Commonwealth, und wurden wiederum abgewiesen – weil sie Aborigines waren.

Daraufhin begann Anna Euphemia Morgan, politisch aktiv zu werden. Sie schrieb einen Artikel, ‚Under The Black Flag‚, über ihr Leben, das von den Einschränkungen durch die Kolonialregierung geprägt war, und forderte Gerechtigkeit und Gleichberechtigung für die indigenen Australier. Bei einer Radiostation in Melbourne durfte sie regelmäßig Geschichten erzählen, die ihre Großmutter ihr als Kind erzählt hatte; so erlangte sie eine gewisse Bekanntheit und konnte für ihre politischen Ziele mehr Aufmerksamkeit erregen.

1933 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann Caleb sowie Margaret Tucker und William Cooper die Australian Aborigines League, als deren Delegierte sie im Januar 1935 das australische Innenministerium besuchte. Sie brachte dort ihre Forderung nach Bildung für vor allem die indigenen Frauen Australiens vor: „If we get the same education as the white girl, we could stand alongside white people.“ – „Wenn wir die gleiche Bildung bekommen wie die weißen Mädchen, können wir neben den weißen Leuten bestehen.“(1,3) Im selben Monat noch nahm sie an einer Versammlung des International Committee on Women’s Day teil.

Am 1. August 1935 starb sie an einer Niereninfektion.


Quelle Biografie: Wiki englisch
außerdem:
(1) Indigenous Australia
(2) AustLit: Discover Australian Stories
(3) Australian Dictionary of Biography

WEG MIT
§218!