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49/2023: Mao Hengfeng, 9. Dezember 1961

CN: Zwangsabbruch, später Abbruch

Die Ein-Kind-Politik, die China 1980 landesweit einführte, wurde aufgrund von mangelnder Infrastruktur zwar niemals vollständig durchgesetzt, insbesondere auf dem Land. Wo sie durchgesetzt wurde, führte sie zu großem Leid.

Mao Hengfeng hatte bereits Zwillinge, als sie 1988 zum zweiten Mal schwanger wurde. Ihr Arbeitgeber entließ sie daraufhin – denn zu den Maßnahmen gehörte auch, dass Nachbarschaften oder Betriebe eine Geburtenquote zugeteilt bekamen, deren Überschreitung kollektiv bestraft wurde. Hengfeng weigerte sich, eine Zwangsabtreibung vornehmen zu lassen, und wurde dafür in ein Ankang eingewiesen, eine psychiatrische Anstalt, in der jedoch auch immer wieder politisch Verfolgte als ‚psychisch krank‘ inhaftiert werden. Das Kind kam im Februar 1989 auf die Welt, im März erhielt Hengfeng die Nachricht, dass sie ihre Stelle verloren hätte, weil sie 16 Tage lang ‚unbefugten Urlaub‘ genommen habe – dies bezeichnete die Zeit im Ankang und im Wochenbett. Hengfeng legte Berufung ein und durfte zunächst tatsächlich in ihre Arbeit zurückkehren.

Ihr Arbeitgeber legte jedoch ebenfalls Berufung ein. Bei dem Gerichtstermin war Mao Hengfeng inzwischen im 7. Monat ihrer dritten Schwangerschaft; die Richterin stellte ihr in Aussicht, zu ihren Gunsten zu entscheiden, sollte Hengfeng diese – gegen die staatliche Maßgabe verstoßende – Schwangerschaft abbrechen. Hengfeng entschied sich dafür, doch dennoch wurde der Berufung ihres Arbeitgebers stattgegeben.

Zwischen 1990 und 2004 reichte Hengfeng immer wieder Petitionen ein, in denen sie Entschädigung und Wiedergutmachung forderte nicht nur für die unrechtmäßige Entlassung oder den Schwangerschaftsabbruch, den sie unter Druck hatte vornehmen lassen, sondern auch für die Verweigerung von Menschenrechten wie der Meinungsfreiheit durch den chinesischen Staat. Ihre Petitionen blieben allerdings nicht nur ohne Erfolg, sondenr wurden gänzlich ignoriert. Aus dem Aktivismus für die selbst erlittenen Ungerechtigkeiten entwickelte Hengfeng einen politischen Aktivismus auch für andere, die unrechtmäßig in Ankangs oder in ‚RTL‚-Lagern inhaftiert waren – Haftanstalten zur ‚Umerziehung durch Arbeit‚, in denen Kleinkriminelle ohne einen Gerichtsbeschluss bis zu vier Jahre lang festgehalten werden konnten.

Bis 2011 wurde Mao Hengfeng immer wieder unter Polizeiüberwachung oder Hausarrest gestellt oder in ‚RTL‚-Lager verbracht, etwa für die Unterstützung anderer Petitionseinreichenden oder ‚Bittsteller‘. Nachdem sie in einem Hausarrest in einer staatlichen Wohnung zwei Lampen zerstört hatte, wurde sie wegen ‚vorsätzlicher Zerstörung von Eigentum‘ zu zweieinhalb Jahren Haft im Frauengefängnis in Shanghai verurteilt. Hier erlitt sie Misshandlungen und wurde 70 Tage lang in Einzelhaft gehalten –selbst in China sind höchstens 15 Tage Isolation gesetzlich erlaubt.

Für ihren Protest und die Unterstützung von Liu Xiaobo kam Hengfeng schließlich 2010 ein weiteres Mal in ein ‚RTL‚-Lager. Hier wurde sie gefoltert, erlitt Zwangsernährung, während ihr gleichzeitig die Lebensmittel, die ihre Familie ihr zusandte, vorenthalten wurden; andere Insassinnen wurden aufgefordert, sie zu überwachen und zu schlagen, wenn sie ihre Zelle verließ. Sie verbrachte Zeit in einem Gefängniskrankenhaus, wo auch festgestellt wurde, dass die Misshandlungen bei ihr Blutungen im Gehirn verursacht hatten. Am 28. Juli 2011 wurde sie ohne die Benachrichtigung ihrer Familienangehörigen in einem Rollstuhl vor ihre Wohnung gestellt, unfähig, sich bemerkbar zu machen oder sich auch nur aufzurichten. Nachdem sie schließlich gefunden wurde, versuchte ihre Familie sie am folgenden Tag in ein Krankenhaus zu bringen, doch die Polizei verhindete dies: Es fanden zu dieser Zeit die 14. Schwimmweltmeisterschaften in Shanghai statt und ‚Menschen wie sie‘ dürften in dieser Zeit nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden. Erst nach der Meisterschaft könnte sie sich wieder frei bewegen; wahrscheinlich jedoch steht sie bis heute unter Überwachung durch die Polizei.


Dass eine Regulierung der Familienplanung durch den Staat ein unrechtmäßiger Eingriff ist, der insbesondere für Menschen mit Uterus, aber auch die Kinder, die darunter gezeugt, gar geboren werden, schreckliche Konsequenzen hat – und es macht wenig Unterschied, ob es um eine Senkung oder eine Steigerung der Geburtenrate geht – steht völlig außer Frage. In einer patriarchalen Gesellschaft, wie es auch China ist, hat eine solche Geburtenregulierung jedoch noch andere, gesamtgesellschaftliche Folgen. Da auch in China die Erblinie über die männliche Nachkommenschaft verläuft, wurden – selbstverständlich – Schwangerschaften mit weiblich gelesenen Embryos häufiger angebrochen als mit männlich gelesenen Embryos. Nicht nur verzeichnet China nun mit den inzwischen erwachsenen Generationen ein Phänomen namens ‚kleiner Kaiser‘ – von sämtlichen Verwandten verwöhnte Einzelkinder mit wenig Sozialkompetenz – sondern ein übermäßiges Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern: Bis 2009 war das Verhältnis von männlich gelesenen Kindern zu weiblich gelesenen Kindern 120:100 (statt einer statistisch wahrscheinlichen 1:1-Rate). Die vornehmlich männlichen ‚kleinen Kaiser‘ haben daher wesentlich schlechtere Chancen, eine Partnerin zu finden, schon alleine, weil es so wenige zu finden gibt – die Geburtenrate bleibt somit langfristig niedrig und das lässt sich nicht mehr verändern.

Neben der Tatsache, dass Schwangerschaften generell, aber insbesondere mit weiblich gelesenen Embryos bis ins 3. Trimester noch ‚abgebrochen‘ wurden – und in diesem Fall halte ich den Begriff der Kindstötung im Mutterleib bei ansonsten lebensfähigem Embryo für angebracht – ist auch der Fakt erschreckend, dass weiblich gelesene Kinder, die auf die Welt kamen, aus dem gleichen Grund oft in Kinderheimen vor dem Staat versteckt wurden, in denen sie meist grausam vernachlässigt wurden. Die chinesische Ein-Kind-Politik war also für alle Menschen mit Uterus eine absolute, misogyne Katastrophe.


Quelle Biografie: Wiki deutsch | englisch

34/2020: Ellen Willmott, 19. August 1858

Ellen Willmott (Link Englisch) kam als älteste von drei Töchtern eines Anwalts mit seiner Frau zur Welt; sie und ihre Schwestern besuchten ein katholisches Elite-Konvent in London. Als Ellen 17 Jahre alt war, zog die ganze Familie Willmott nach Warley Place (Link Englisch). Das Haus mit einem Grundstück von 130.000qm blieb für den Rest ihres Lebens Ellens Wohnort.

Die Eltern gaben ihre Liebe zum Gärtnern an ihre Töchter weiter, die ganze Familie beteiligte sich an der Gestaltung des Grundstücks. Zu ihrem 21. Geburtstag schenkte der Vater Ellen die Erlaubnis, auf dem Grundstück eine künstliche Schlucht und einen Steingarten anzulegen. Kurz darauf starb ihre Patentante und hinterließ ihr eine ansehnliche Summe Geld, von dem sich Willmott ein erstes eigenes Stück Land kauft, bei Aix-les-Baines in Frankreich.

Später erbte Ellen Willmott auch das Land und Vermögen ihrer Eltern. Sie betrieb im Garten von Warley Place ausführlichen und variantenreichen Gartenbau, im Laufe ihres Lebens hat sie dort vermutlich mehr als 100.000 verschiedene Pflanzenarten kultiviert. Für die Hortikultur gab sie ihr Vermögen mit vollen Händen aus, zeitweise beschäftigte sie bis zu 104 Gärtner auf ihrem Grundstück – allerdings nur Männer, da sie der Meinung war, Frauen seien im Gelände „eine Katastrophe“ (Quelle: Wiki). Sie wurde 1894 als Mitglied in die Royal Horticultural Society aufgenommen; sie überzeugte Sir Thomas Hanbury, das Grundstück in Wisley zu kaufen, aus dem der RHS Garden Wisley wurde. Willmott wurde 1903 Treuhänderin für das Gelände, 1905 kaufte sie ein benachbartes Grundstück von seinem Botanischer Garten Giardini Botanici Hanbury in Ventimiglia.

Für ihre Leistungen im Gartenbau erhielt sie 1897 die jüngst zu Königin Victorias Diamantem Thronjubiläum ins Leben gerufene Victoria Medal of Honour, die einzige andere weibliche Empfängerin der Medaille war Gertrude Jekyll. Außerdem finanzierte sie diverse botanische Expeditionen in den Mittleren Osten und nach China, wie etwa die von Ernest Henry Wilson. Zum Dank für ihre Unterstützung benannte der Botaniker mehrere Pflanzenarten, die er in China entdeckte, nach ihr, so den Chinesischen Bleiwurz (Ceratostigma willmottianum), die Willmotts Scheinhasel (Corylopsis willmottiae) und eine Rosenart (Rosa willmottiae).













Ellen Willmott gehörte zu den 15 ersten Frauen, die als Mitglieder der Linnean Society of London aufgenommen wurde – anders als Marian Farquharson, der die Frauen diesen Zugang überhaupt erst verdankten. Sie erhielt noch einge andere Medaillen und veröffentlichte zwei Bücher, von denen The Genus Rosa das bekanntere ist. Sie arbeitete von 1910 bis 1914 an diesem Buch, das 132 Aquarellabbildungen von Rosen enthält, gemalt von Alfred Parsons (Link Englisch). Die englischen Königinnen Mary und Alexandra sowie die Prinzessin Victoria besuchten Ellen Willmott zu unterschiedlichen Gelegenheiten auf ihrem Landsitz.

Ein Hobby, das Ellen Willmott neben dem Gartenbau betrieb, war das Kunstdrechseln – zwei Jahre vor ihrem Tod übergab sie ihre HoltzapffelDrehbank und einige ihrer Arbeiten dem History of Science Museum (Link Englisch) in Oxford; dazu einige Fotografien ‚von hortikulturellem Interesse‘. Weil es so schön ist, unten ein Video von einer Kunstdrechselarbeit, die in keinem Zusammenhang mit Ellen Willmott steht, es ist einfach schön anzuschauen.

Kunstdrechseln (Ornamental turning)
frauenfiguren ellen willmott elfenbein-mannstreu
Elfenbein-Mannstreu (Miss Willmott’s ghost)
Von Dominicus Johannes Bergsma – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

Gegen Ende ihres Lebens ging Ellen Willmott wenig überraschend das Geld aus. Sie musste ihre Grundstücke in Frankreich und Italien verkaufen, später sogar andere persönliche Wertgegenstände. Außerdem wurde sie wunderlich: Sie stellte in ihrem Haus, von dem sie zum Zeitpunkt ihres Todes nur noch drei Zimmer bewohnte, Fallen auf, um Diebe abzuschrecken und trug zu allen Zeiten einen Revolver in ihrer Handtasche. Genauso zuverlässig enthielt ihre Handtasche Samen des Elfenbein-Mannstreu, die sie heimlich in fremden Gärten aussäte. Aus diesem Grund heißt diese Pflanze, bei uns auch Elfenbeindistel genannt, im Englischen Miss Willmott’s Ghost.

Mit 76 Jahren starb Ellen Willmott verarmt und verwirrt auf Warley Place an Koronarembolie, einer Verstopfung der Herzkranzgefäße, die auf eine Atherosklerose (im Volksmund Arterienverkalkung) zurückzuführen ist. Ihr Landsitz war gänzlich heruntergekommen und musste verkauft werden, um ihre Schulden abzubezahlen. Das Haus wurde 1939 abgerissen, doch statt des Baus einer Wohnanlage, wie zwischendurch geplant war, ist der alte Garten nun Teil des Grünen Gürtels um London (Link Englisch) und ein Naturreservat.

Die englische Webseite Parks & Gardens führt ihre Biografie (Link Englisch) mit einer Liste der Orte in England, die mit ihr in Zusammenhang stehen, sowie eine markierte Karte. Die deutsche Webseite Garten-Literatur.de widmet ihr ebenso einen Eintrag in der Leselaube und listet die nach ihr benannten Pflanzen ausführlich. Das Blog Rosenbücher hat hilfreiche Informationen zu ihrem Buch The Genus Rose.

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Ebenfalls diese Woche

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Wang Zhenyi

* 1768 • † 1797

Die Vorfahren von Wang Zhenyi – ihre Familie väterlicherseits – stammten aus der Provinz Anhui im Südosten Chinas. Ihr Großvater war Gouverneur von Xuanhua gewesen und lebte mit seiner Familie jetzt in Nanjing, wo auch Zhenyi zur Welt kam. Ihr Vater hatte eine Aufnahmeprüfung für Beamte nicht bestanden und war nun als Mediziner tätig. Von ihren Großeltern und ihrem Vater – die Mutter war nicht mehr anwesend – erhielt Zhenyi eine breitgefächerte Bildung: Der Großvater lehrte sie Mathematik und Astronomie, der Vater Medizin und Geographie und die Großmutter brachte ihr die Lyrik nahe.

Um 1780 (der englische Wikipediabeitrag sagt 1782, der deutsche sagt, sie sei 11 Jahre alt gewesen) wurde ihr Großvater nach Jilin verbannt und starb kurz darauf. Zhenyi begleitete ihre Großmutter in den Nordosten Chinas und blieb mit ihr fünf Jahre dort. In dieser Zeit las sie die 75 Bücher ihres Großvaters, außerdem lernte sie Kampfkunst, Reiten und Bogenschießen von der Ehefrau eines mongolischen Generals namens Aa. Auch andere gebildete Frauen traf sie in Jilin, die großen Einfluss auf ihre Entwicklung hatten. So studierte sie die Sprachen der Han-Chinesen bei Bu Qianyao und stand im Austausch mit Bai Hexian und Chen Wanyu (zu keiner dieser Frauen gibt es deutsche oder englische Wikipediabeiträge, die Namen sind vermutlich dem Buch Notable Women of China entnommen).

Als Wang Zhenyi 16 Jahre alt war, kehrte sie zu ihrem Vater nach Nanjing zurück, doch unternahm sie auch ausgedehnte Reisen mit ihm, bei denen sie vielseitige Eindrücke vom kontrastreichen Leben in China sammelte. Das Reisen als eine aktive, mithin „männlich“ konnotierte Tätigkeit mit den Entbehrungen, die es zu dieser Zeit bedeutete, prägte einerseits ihren lyrischen Stil – die „weibliche“ Lyrik in China ist von blumiger Sprache bestimmt – und legte andererseits den Grundstein für Wangs Überzeugung, dass Frauen den Männern in allem ebenbürtig seien.

frauenfiguren wang zhenyi präzession äquinoktium
Präzession der irdischen Rotationsachse relativ zur Sonne bei Perihel und Aphel. Dies bewirkt eine Datumsverschiebung für diese Ereignisse sowie der Tagundnachtgleichen. By Robert Simmon, NASA GSFC – Earth Observatory / NASA, Public Domain

Mit 18 begann sich Wang Zhenyi eingehend mit der Mathematik und der Astronomie zu beschäftigen. Sie ließ sich in Jiangning, einem Stadtteil Nanjings, nieder und nannte sich Jiangning Nüshi, Gelehrte aus Jiangning. In den folgenden Jahren schrieb sie mindestens 14 wissenschaftliche Arbeiten, unter anderem einen Artikel, in dem sie die Präzession der Äquinoktialpunkte erklärte – die Wanderung der Sonnenposition an den Tagundnachtgleichen über mehrere Jahre; sie wies nach, wie diese verlaufen und wie sie für die Zukunft berechnet werden könnten. In einem anderen Artikel erläuterte sie anhand eines Experiments das Phänomen der Mondfinsternis: Sie stellte einen runden Tisch in einem Gartenpavillion auf, der die Erde darstellte, hing eine Kristalllampe von der Decke, die die Sonne nachstellte, und einen Spiegel als Mond. Diese bewegte sie nun im Verhältnis zueinander und machte dieses Naturereignis so wissenschaftlich nachvollziehbar.

Im Bereich der Mathematik war sie ebenso aufklärend tätig. In einem Artikel vollzog sie den Satz des Pythagoras nach und erklärte die Trigonometrie. Außerdem übersetzte sie das Werk des von ihr verehrten Mei Wending (Link Englisch), ‚Die Prinzipien der Kalkulation‘, aus dem adligen Hochchinesisch in einfaches Chinesisch und brachte sie unter dem Titel ‚Die Notwendigkeiten der Kalkulation‘ heraus. Mit 24 veröffentlichte sie ‚Die Einfachen Prinzipien der Kalkulation‘, das ebenfalls auf Meis Werk basierte, doch Wang hatte die Mulitplikation und Division vereinfacht.

Neben all diesen wissenschaftlichen Arbeiten schrieb sie auch ihr Leben lang Gedichte, die für ihren klaren, „maskulinen“ Stil geschätzt wurden. In ihnen formulierte sie nicht nur ihre feministischen Gedanken, sondern beschrieb neben Landschaftseindrücken auch soziale Ungerechtigkeiten in China.

Mit 25 Jahren heiratete sie und zog mit ihrem Mann nach Xuancheng, wo sie Mathematik und Astronomie unterrichtete. Sie wurde wohl krank, denn in der Vorahnung ihres Todes sandte sämtliche ihrer Manuskripte an ihre Freundin Qian Yuling (auch: Madam Kuai). Wang Zhenyi starb mit 29 Jahren. Sechs Jahre später übergab Madam Kuai die Werke ihrer Freundin an ihren Neffen Qian Yiji. Dieser brachte die Texte erneut unter dem Titel ‚Die Einfachen Prinzipien der Kalkulation‘ heraus, im Vorwort nannte er Wang Zhenyi „die gelehrteste Frau seit Ban Zhao„.

9/2020: Marjorie Courtenay-Latimer, 24. Februar 1907

Marjorie Courtenay-Latimer kam als Tochter eines Eisenbahnbeamten im südafrikanischen East London zur Welt, zwei Monate zu früh, was sich während ihrer Kindheit nachhaltig auf ihre Gesundheit auswirkte. Dennoch überlebte sie einen Diphtherie-Infekt und war gerne und viel in der Natur unterwegs. Ihre Eltern förderten ihr Interesse an naturwissenschaftlichen Themen, ursprünglich wollte sie mit 11 Jahren Expertin für Vögel werden.

Nachdem sie ihre Schulbildung abgeschlossen hatte, begann sie mit einer Ausbildung zur Krankenschwester, doch kurz bevor sie diese beendete, hörte sie von einer offenen Stelle als Direktorin für das East London Museum. Sie bewarb sich und beeindruckte ihre Gegenüber im Museum so sehr mit ihrem naturkundlichen Wissen, dass diese sie trotz Mangel einer formellen Qualifikation einstellten. Courtenay-Latimer war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt, sie sollte den Rest ihres Arbeitslebens in dem Museum bleiben. Sie sammelte beständig alle möglichen Dinge, die für das Museum von Beduetung sein könnten, und war auch bei den Fischern am Hafen bekannt dafür, dass sie ungewöhnliche Exemplare in ihren Fangnetzen begutachten wollte.

Am 22. Dezember 1938 erhielt sie einen Anruf, dass ein merkwürdiger Fisch einem befreundeten Kapitän ins Netz gegangen war, und sie ging auf sein Boot, um sich ein Bild zu machen. Sie befreite das Tier, das bereits tot war, von mehreren Schichten Schlamm und Schleim und fand etwas vor, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Sie beschrieb das 150cm lange Tier als den schönsten Fisch, den sie je gesehen hatte, „von blassem, ins malve gehende Blau mit matten Tupfern weißer Flecken; es hatte einen irisierenden silber-blau-grünen Schimmer darüber. Es war mit harten Schuppen bedeckt, und es hatte vier gliederförmige Flossen und einen merkwürdigen Welpenschwanz“. (Übersetzung eines Zitats im englischen Wikipedia-Beitrag)

Sie schleppte den Fisch mit einem Taxi in ihr Museum und versuchte, eine Entsprechung in den Büchern zu finden. Sie wollte das Exemplar gerne konservieren, doch der örtliche Leichenbestatter weigerte sich, ihr zu helfen. Der befreundete Ichthyologe J. L. B. Smith, der an der Rhodes-Universität Chemie unterrichtete, war nicht zu erreichen, und so musste sie den Fisch widerwillig zu einem Tierpräparator bringen, der ihren Fund häutete und ausnahm.

Als Smith acht Wochen später bei ihr eintraf und das ausgestopfte Tier sah, war ihm sofort klar, dass es sich dabei um einen Quastenflosser handelte, eine Knochenfischart, von der angenommen wurde, dass sie während der Kreidezeit vollkommen ausgestorben war. Bei seiner wissenschaftlichen Beschreibung gab er der gefundenen Art den Namen Latimeria chalumnae – nach der Finderin Latimer und dem Fluss Chalumna, in dessen Mündung das Exemplar gefangen wurde. Der Fund war eine Sensation und es sollte 14 Jahre dauern, bis an anderer Stelle eine weitere Quastenflosserart entdeckt werden sollte. Courtenay-Latimer hatte ein lebendes Fossil entdeckt und verhinderte geistesgegenwärtig auch den Verkauf ihres Fisches aus dem Museumsbestand nach Großbritannien.

Die Museumsdirektorin und Biologin aus Leidenschaft verstarb erst 2004. So konnte sie nicht nur auch den nächsten Fund – zwischen den Komoren und Madagaskar – miterleben, sie konnte 1987 auch die Bilder von den Tauchgängen der Geo sehen, auf denen erstmals Quastenflosser in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen waren. An dieses Ereignis erinnere auch ich mich noch, da unser begeisterungsfähiger Biologielehrer uns lebhaft davon berichtete. Auch die weitere Erforschung der Quastenflosser durch das Nachfolge-Tauchboot Jago fiel noch in die Lebenszeit der ersten Entdeckerin und Namenspatin dieser Tierart, die inzwischen vom Aussterben bedroht ist.

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Ebenfalls diese Woche

25. Februar 1670: Maria Margaretha Kirch
Sie war die erste Frau, die einen Kometen entdeckte. Als ihr Mann starb, setzte sie die gemeinsame astronomische Arbeit fort. Sie war außerdem die Mutter der beiden Kirch-Schwestern.

26. Februar 1785: Anna Sundström (Link Englisch)
Die Assistentin des schwedischen Mediziners und Chemikers Jöns Jakob Berzelius, der als Vater der modernen Chemie gilt, wird als erste Chemikerin Schwedens verstanden, da er sie als umfassend versiert in allen Handhabungen beschrieb.

28. Februar 1920: Marjorie Sweeting (Link Englisch)
Als erste westliche Wissenschaftlerin untersuchte und beschrieb die britische Geomorphologin die Karst-Landschaft Chinas.

28. Februar 1956: Penny Sackett (Link Englisch)
Die australische Astronomin war 2008 bis 2011 die Direktorin der Forschungsschule für Astronomie und Astrophysik an der Australian National University.

6/2020: Lin Lanying, 7. Februar 1918

Die Familie von Lin Lanying (Link Englisch) lässt sich bis in die Ming Dynastie, etwa 600 Jahre, zurückverfolgen. Einer ihrer Vorfahren, Lin Run (das Chinesische stellt den Familiennamen voran) war Beamter und unterstützte seinen Kaiser gegen zwei politische Gegner. Zum Dank dafür wurde er reich beschenkt und baute das Haus in Putian, in dem auch Lanying geboren wurde und aufwuchs. Als älteste Tochter der Familie putzte und kochte sie bis zu ihrem sechsten Lebensjahr für die ganze Familie – ihre später geborenen Schwestern wurden als Kinder in Zwangsheiraten gegeben oder umgebracht. Ihr Vater verließ die Familie für eine Lehrtätigkeit.

Mit sechs Jahren wollte Lin Lanying dem Schicksal der hausgebundenen Frau trotzen und zur Schule gehen. Ihre Mutter verweigerte ihr dies, bis sich Lanying in ihrem Zimmer einschloss und das Essen verweigerte. Von dieser Beharrlichkeit ließ sich die Mutter überzeugen und erlaubte ihr den Besuch der örtlichen Grundschule. Das Kind musste weiterhin alle Aufgaben im Haushalt wie bisher übernehmen, durch das Lernen für ihre durchgehend hervorragenden Noten kam sie oft nicht vor Mitternacht ins Bett. Sechs Stunden Schlaf bleiben ihr lebenslanges Pensum. Beim Wechsel auf die weiterführende Schule musste Lanying erneut mit ihrer Mutter streiten, die meinte, weitere Bildung sei für eine Frau unnötig. Wenn es sie kein Geld kosten würde, so rang Lanying ihrer Mutter das Versprechen ab, dann dürfte sie gehen. Die Schule, auf die sie gehen wollte, bot Stipendien für die drei besten Schüler:innen an, und Lanying verdiente sich eines dieser Stipendien jedes Halbjahr.

In der Oberstufe hatte ihre Mutter endlich akzeptiert, dass Lin Lanying zur Schule ging. Für ein Jahr besuchte sie die Oberstufe in Putian, doch die politischen Unruhen zu dieser Zeit – Japan marschierte 1937 in China ein – machten die Schule unsicher, deren Schüler:innen sich politisch engagierten. Lin wechselte auf eine reine Mädchenschule, wo sie eine amerikanische Lehrerin hatte, die nur schlecht Chinesisch sprach. Lin begann, für die Lehrerin zu übersetzen und wurde schließlich deren Assistentin, was ihr den Beinamen „kleine Lehrerin“ einbrachte. Von dieser Schule ging sie ab an die Universität Fukien Christian University, heute Fujian Normal University (Link Englisch). Mit 22 Jahren machte sie ihren Bachelor-Abschluss in Physik, als eine der besten Absolvent:innen. Sie arbeitete dort weiter acht Jahre, vier davon als Lehrassistentin für Basiskurse zum Beispiel für Mechanik. Ihr erstes Buch Lehrgang für Experimente der Optik diente ihr als Promotion zum Professor.

Ihre Universität betrieb einen Austausch mit der New York University, aber weil Lin keine Christin war, war sie davon ausgeschlossen. Stattdessen bewarb sie sich um ein Stipendium am Dickison College, das sie mit Hilfe eines Studienfreundes auch erhielt. In Amerika schloss sie einen weiteren Bachelor in Mathematik an. 1955 erarbeitete sie sich einen weiteren Doktortitel in Festkörperphysik, danach wollte sie in ihre Heimat zurückkehren. Doch die politische Lage in China war schwierig, in Amerika gab es gute berufliche Chancen und chinesischen Studenten wurde auch die Ausreise verweigert. Lin wurde mit der Empfehlung eines ihrer Professoren Oberingenieurin in einem Unternehmen, das versuchte, monokristallines Silicium herzustellen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Versuche gescheitert, unter Lins Leitung gelang es schließlich.

Als ein Jahr später China das Abkommen der Indochinakonferenz unterzeichnete, war es Lin schließlich möglich, die Heimreise anzutreten. Kurz vor ihrem Abflug kam laut Wikipedia ein FBI-Agent auf sie zu und drohte, ihr Konto mit ihrem Jahresgehalt einzufrieren, wenn sie nach China flöge. Lin habe diese Sanktion hingenommen.

In China unterstützte Lin ihre Familie, zwei Brüder und zwei Nichten, mit dem kargen Gehalt von umgerechnet 20 Dollar im Monat, das sie beim chinesischen Institut für Halbleiterforschung verdiente. Dort gelang es 1957 mit ihrer Hilfe zum ersten Mal, monokristallines Germanium herzustellen. Trotz dem Mangel an Instrumenten und Ausstattung, der in China wegen diverser Handelsembargos herrschte, fand sie 1958 eine weitere Methode zur Herstellung von monokristallinem Silicium, womit China zur dritten Nation wurde, die diesen Einkristall erzeugen konnte. 1962 entwarf sie den Einkristall-Ofen, der seither von China weltweit exportiert wird, und stellte monokristallines Galliumarsenid her.

Dann kam die Kulturrevolution. Lin wurde im Rahmen der Verfolgung der „Ausbeuterklasse“, zu der Mao auch Intellektuelle zählte, unter Hausarrest gestellt, ihr Vater wurde totgeschlagen. Dennoch begann sie 1976, nach dem Ende der Kulturrevolution, mit fast 60 Jahren erneut an zu arbeiten. Sie arbeitete erneut mit Galliumarsenid und konnte dessen Qualität in chinesischer Produktion verbessern – die Details kann ich leider nicht nachvollziehen. Nach dieser Errungenschaft benannte China schließlich ein Galliumarsenid-Produktionsunternehmen nach ihr.

1996 wurde bei ihr Krebs festgestellt. Sie wünschte sich noch weitere zehn Jahr, um ihre Arbeit an der Halbleiterherstellung in Südchina fertigzustellen. Sie erreichte ihr Ziel nicht ganz, sieben Jahre später starb sie im Alter von 85 Jahren.

Die „Mutter der Halbleiter“ veröffentlichte zahlreiche Forschungsarbeiten und war auch teilweise für die Gleichberechtigung der Frau aktiv; allerdings war auch ihre Position, dass Frauen ebenso fähig zu wissenschaftlicher Arbeit sind, begleitet von den Stereotypen der Zeit, nämlich, dass sie sich dennoch mehr anstrengen müssten, weil sie leichter abzulenken seien.

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Ebenfalls diese Woche

3. Februar 1835: Marianna Paulucci (Link Englisch)
In 32 Arbeiten beschrieb die italienische Malakologin zwei Gattungen und 159 Arten von Mollusken.

3. Februar 1918: Moira Dunbar (Link Englisch)
Sie war die erste, die Forschungen von kanadischen Eisbrechern aus durchführte, eine der ersten Frauen, die über den Nordpol flog, und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zum Arktischen Eis und zur Glaziologie.

9. Februar 1919: Irene Stegun
Die Mathematikerin ist durch ihre Mitarbeit an dem Buch Handbook with Mathematial Functions, Graphs, and Mathematical Tables bekannt, das sie nach dem Tod des ersten Projektleiters Milton Abramowitz fertigstellte und herausbrachte.

11/2018

5. November 1952: Vandana Shiva

Vandana Shiva wurde in eine brahmanische Familie geboren, der obersten Kaste Indiens, doch ihre Eltern prägten sie früh mit ihrer modernen und liberalen Einstellung. So hatten sie sich als Mitglieder der indischen Unabhängigkeitsbewegung einen neuen Namen gewählt, an dem ihre Kaste nicht mehr zu erkennen war; Vanadana wurde von der Mutter im Sinne des Feminismus ohne genderspezifische Erwartungen und Vorurteile erzogen. Die Wanderungen im Himalaya, die sie in ihrer Kindheit mit ihren Eltern machte, legten den Grundstein für ihre Naturbezogenheit.

Sie studierte zunächst Physik, mit Albert Einstein als Vorbild, doch bei der Arbeit an einem Brutreaktor im Bhabha Atomic Research Centre entwickelte sie eine Vorstellung von der Gefahr radioaktiver Strahlung und schloss ein Studium der Wissenschaftsphilosophie in Kanada an. Nach abgeschlossenem Studium wurde sie Professorin an einem Institut in Bangalore, dass  interdisziplinäre Forschung auf den Gebieten Technik, Umwelt und Politik betreibt.

Shiva war in ihrer indischen Studienzeit aktiv in der Chipko-Bewegung, in der sich indische Frauen gegen die Abholzung in ihrer Region und damit der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zur Wehr setzten, indem sie Bäume umarmten (chipko = HIndi für „festhalten“). Nach ihrer Rückkehr aus Kanada wurde sie zur bekanntesten, aber auch umstrittenen Figur des Ökofeminismus und der Globalisierungskritik in Indien. Sie rief die Organisation Navdanya ins Leben, die in Indien Samen traditioneller Nahrungspflanzen sammelt und bewahrt; Shiva ist überzeugt, dass die Lösung für Hunger und Armut nicht in genetisch veränderten Nahrungsmitteln liegt, sondern in der Rettung und Wiederentdeckung der natürlichen Diversität, mit der ursprüngliche Landwirtschaft betrieben wurde. Sie untersuchte mit der deutschen Feministin Maria Mies die Auswirkungen der westlichen, patriarchalischen Gesellschaft und ihrer wirtschaftlichen Entwicklungsstrategien in Indien. Die traditionell „männlichen“ Maßstäbe des Erfolges, nämlich Gewinn individueller Macht, zerstöre Umwelt und Gesellschaft, während traditionell „weibliche“ Werte den Erhalt und Entwicklung des Gemeinwohls förderten. Kritiker führen an, dass diese Einteilung in binäre Gegensätze Frauen in Entwicklungsländern in traditionelle Strukturen fessele, die instrumental für ihre Unterdrückung sind.

Vandana Shiva ist aktiv in verschiedenen Organisationen der Globalisierungskritik und des Umweltschutzes, sie hat mehrere Bücher veröffentlicht und hält acht Ehrendoktortitel, 1993 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis Right Livelihood Award. Ihre Argumentationen sind allerdings nicht immer sachlich und bieten Ansatz für Kritik; auch ihre eigenen finanziellen Gewinne an ihrem Ruf als „Beschützerin der armen indischen Bauern“ werden stellenweise negativ bemerkt.

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8. November 1970: Diana King

Die jamaikanische Reggae-Sängerin, 1970 in Spanisch Town geboren, wurde berühmt mit ihrem Song „Shy Guy“, der Teil des Soundtracks von Bad Boys war. Bemerkenswerter jedoch ist, dass sie die einzige Prominente jamaikanischer Herkunft ist, die offen homosexuell lebt: 2018 heiratete sie ihre langjährige Freundin Mijanne Webster, eine ebenfalls jamaikanische Violinistin. Jamaika ist berüchtigt nicht nur für die schlechten juristischen Bedingungen für Homosexuelle im Land, sondern auch für die offene Gewalt, die Homosexuelle dort erleben, angefacht zum Teil von Musikern, die in ihren Liedern zum Verbrennen Schwuler aufrufen. Sie wurde für ihr öffentliches Coming-Out mit einem Tapferkeitspreis in der Musikbranche ausgezeichnet, verlor jedoch darüber auch den Kontakt zu allen bis auf eines ihrer 15 Geschwister.

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12. November 1648: Juana Inés de la Cruz

Geboren als (wohl uneheliche) Tochter eines spanischen Offiziers in Mexiko und einer in Mexiko geborenen Spanierin (Criolla), wuchs das Wunderkind auf der Hacienda ihrer Großeltern mütterlicherseits in Amecameca auf, wo sie bereits im Kleinkindalter heimlich in der Bibliothek las. Mit drei Jahren beherrschte sie Latein – das sie als 13jährige bereits unterrichten würde – und mit fünf Jahren die Buchführung, mit acht Jahren schrieb sie ein Gedicht auf die Eucharistie. Sie war bewandt in griechischer Logik und schrieb auch Gedichte in Nahuatl.

Mit 16 Jahren ging sie nach Mexico City, wo sie gerne an der Universität studiert hätte – sie hätte sich als Mann verkleiden müssen, um das zu erreichen. Da sie jedoch nicht die Erlaubnis ihrer Mutter erhielt, betrieb sie ihre Studien privat weiter, während sie als Hofdame am Hof des Vizekönigspaares fungierte. Dort erregte sie die Aufmerksamkeit der Vizekönigin Leonor Carreto, die sie unter ihre Fittiche nahm und förderte. Der Vizekönig stellte die Bildung und das Talent der jungen Hofdame auf die Probe und konfrontierte sie überraschend mit Theologen, Juristen, Philosophen und Dichtern, denen sie spontan Rede und Antwort stehen musste. Sie bestand diese Prüfung mit fliegenden Fahnen.

Am Hof jedoch wurden ihr beständig Anträge gemacht, da noch immer erwartet wurde, dass eine junge Frau heiraten sollte. Also entschloss sie sich, um ihre Studien nicht einem Leben als Ehefrau zu opfern, ins Kloster zu gehen. Die Unbeschuhten Karmeliterinnen waren ihr in der Lebensführung zu streng, bei den Hieronymitinnen fand sie 1669 hingegen die einfache, lockere Klosterumgebung, in der sie sich wohlfühlte. Sie konnte dort als Schützling der Vizekönigin eine Bibliothek aufbauen und ihren eigenen Forschungen nachkommen. Sie pflegte eine Freundschaft mit Carlos de Sigüenza y Góngora, einem anderen mexikansichen Universalgelehrten, der sie über die Maßen schätzte.

De la Cruz schrieb im Kloster, unter der Patronage der Vizekönigin, unzählige Bücher, Gedichte und Essays; darunter Kritiken an Kirchenmitgliedern und der Kirche an sich. Sie setzte sich dabei offen und mit Witz für die Bildung und die Rechte der Frauen ein. Damit wurde sie auf die Dauer den Würdenträgern unbequem, selbst diejenigen, die ihr nicht widersprachen, waren der Meinung, als Nonne – als Frau – solle sie sich allein mit geistlichen Dingen beschäftigen. Es ist nicht geklärt, ob sie schließlich auf Druck des mexikanischen Erzbischof 1694 tatsächlich eine Unterlassungserklärung unterzeichnete, sicher ist jedoch, dass sie offiziell Buße tat, ihre Bücher und Forschungsmaterialien verschenkte und aufhörte, Texte zu veröffentlichen.

Zwei Jahre nach dem Einschreiten gegen ihre schriftstellerische Tätigkeit 1695 starb sie mit 47 Jahren an der Pest, die sie sich bei der Pflege anderer Nonnen zugezogen hatte. Sie wird heute in Mexiko als bedeutende Dichterin sowohl der frühen mexikanischen wie der spanischen Literatur verehrt und erhielt den Beinamen „Mexikanischer Phoenix“.

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17. November 1961: Chanda Kochhar

Die indische Bankmanagerin Chanda Kochhar wird vom Forbes Magazine zu den einflussreichsten Frauen der Welt gezählt. Als Tochter hinduistischer Eltern, die bei der Teilung Pakistans von Indien aus Karatschi fliehen mussten und all ihr Eigentum dort zurückließen, hat sie es mit Bildung und Ehrgeiz bis an die Spitze der größten privaten Bank Indiens geschafft.

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21. November 1955: Dora María Téllez

Téllez war zwölf, als in Nicaragua die Diktatur Anastasio Somoza Debayles begann, dem letzten Regenten des Landes aus dem Somoza-Clan. Mit 19 trat sie der FSLN bei, der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront, in der sie schon während ihres Medizinstudiums zur Kommandantin aufstieg. Da offener Widerstand in der Diktatur tödlich enden konnte, ging sie in den Untergrund und kämpfte als Guerillera zunächst in den Bergen in Nicaraguas Norden.

Als 22-jährige war sie dann dritt-höchste Befehlshaberin (Comandante Dos, unter Comandante Uno Hugo Torres und Comandante Cero Edén Pastora Gomez) bei der Einheit, die 1978 den Nicaraguanischen Nationalpalast stürmte. Die Einheit zählte zu den Terceristen – dem „Dritten Weg“ innerhalb der inzwischen gespaltenen Befreiungsfront: Die GPP (Guerra Popular Prolongata) wählte die Strategie der Rekrutierung und Mittelbeschaffung im Untergrund, während sich die Aktivisten aus dem offenen politischen Kampf zurückzogen, die „FSLN Proletario“ glaubte an eine Möglichkeit des Sieges durch die Mobilisierung des Proletariats. Die Terceristen hingegen forderten Pragmatismus und schlossen sich mit anderen, nicht-sandinistischen Kräften zusammen, um die Diktatur zu stürzen. Bei der Stürmung des Nationalpalastes wurden 1500 Zivilisten als Geiseln genommen. Téllez führte die Verhandlungen mit Somoza und handelte die Befreiung von 60 politischen Gefangenen aus – unter ihnen FSLN-Mitbegründer und späteren nicaraguanischen Innenminister Tomás Borge –, mediale  Veröffentlichung sandinistischer Forderungen, Lösegeld und eine Fluchtflugzeug. Die beteiligten FSLN-Mitglieder flohen nach dieser Aktion nach Kuba und Panama, wo sie sich weiterhin militärisch ausbilden ließen, für einen fortgesetzten Kapmf gegen das Regime. Das wurde auch tatsächlich durch diese Demonstration der Revolutionäre geschwächt, Somoza und seine Macht waren angreifbar geworden, während die Revolutionäre im Volk Sympathien gewinnen konnten. Andere Oppositionskräfte fühlten sich ermutigt, sodass wenige Tage später ein Generalstreik ausgerufen wurde, der sich zu einem Volksaufstand im ganzen Land ausweitete. Nach zwei Wochen griff der Diktator Somoza mit der Nationalgarde hart durch und ließ Tausende in der Zivilbevölkerung töten, noch mehr flohen in die benachbarten Länder. Die Besetzung des Nationalpalastes sowie die folgenden Unruhen machten jedoch weltweit auf die Zustände im mittelamerikanischen Land aufmerksam.

Téllez kehrte im darauffolgenden Jahr nach Nicaragua zurück und nahm erneut am Guerillakrieg der wieder konsolidierten FSLN teil. Aus den ländlichen Kampfgebieten zog sie schließlich mit ihren Truppen nach Léon, das nach sechs Wochen Häuserkampf von den Sandinisten erobert wurde. Die Hauptstadt Managua fiel zwei Wochen später, der Diktator floh.

In der anschließenden Regierung wurde Téllez später zur Gesundheitsministerin, ihre Kampagne für die Volksgesundheit wurde von der UN ausgezeichnet. Während sie weiterhin in der Politik aktiv blieb, sich für Homosexuellen- und Frauenrechte einsetzt und bis in die kürzliche Vergangenheit mit Leib und Seele für ihre Sache eintrat (zuletzt trat sie 2008 in einen Hungerstreik, um gegen ihren ehemaligen Sandinisten-Genossen Daniel Ortega zu protestieren), veröffentlichte sie auch ein Buch über die Geschichte Nicaraguas und seine Bedeutung in Mittelamerika. 2004 wurde sie als Gastprofessorin nach Harvard berufen, erhielt aber keine Einreisegenehmigung, weil sie als Terroristin gelistet war. Akademiker*innen des ganzen Landes traten daraufhin zu ihrer Verteidigung und Unterstützung ein.

Téllez führt ein Blog (auf Spanisch) und gehört zu den Teilnehmerinnen des Global Feminisms Project.

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25. November 1978: Sheena Ringo

Die japanische Sängerin sticht durch ihren individuellen Stil hervor, beeinflusst von der Liebe zum Jazz ihres Vaters und Arbeit ihrer Mutter mit Klassik.

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29. November 1835: Cixi

Die letzte chinesische Kaiserin kam als erste Tochter eines mandschurischen Beamten auf die Welt, in einer hochgestellten Familie des chinesischen Adels. Sie erhielt eine Ausbildung wie für Mädchen der Elite üblich: Lesen, Zeichnen, Schachspielen, Sticken und Nähen durfte sie lernen, das Schreiben der komplizierten Zeichenschrift sollte sie nicht benötigen. Auch blieb ihr als Mandschurin das grausame Füßebinden erspart. Als ältestes Kind war sie mit sieben Jahren in der Lage, ihren Vater zu unterstützen, die Familie aus einer Notlage zu helfen, in die sie durch den gerade beendeten Ersten Opiumkrieg geraten waren. Ihr Vater äußerte später lobend, sie sei ihm mehr wie ein Sohn als wie eine Tochter gewesen, weshalb er sie wohl auch später an den Themen teilhaben ließ, die eigentlich Männern vorbehalten waren.

Mit 16 wurde Cixi für den Harem des neuen, 19-jährigen Kaisers Xianfeng ausgewählt. Nach einem Vorbereitungsjahr im eigenen Haushalt betrat sie mit 17, damals zunächst unter dem Namen Lan, für das zweite Vorbereitungsjahr und den Rest ihres Lebens die Verbotene Stadt. Während Lan/Cixi in der sechsten und damit untersten Stufe der Konkubinen zunächst niederrangig blieb, erhob der Kaiser im Widerspruch mit der Etikette eine Konkubine der fünften Stufe zu seiner Kaiserin: Ci’an (auch Zheng) leitete in der Position als Kaiserin den Harem. Sie war eher unscheinbar und nicht unbedingt eine Führungspersönlichkeit, doch gelang es ihr, Zwistigkeiten und Unfrieden im Harem im Zaum zu halten. Lan/Cixi konnte den Kaiser anfangs nicht für sich einnehmen, verärgerte ihn eher noch durch ein Schreiben, in dem sie ihm Vorgehensweisen gegen Unruhen im Land vorschlug. Er setzte einen Erlass auf, dass sie nach seinem Tod „beseitigt“ werden solle, weil sie möglicherweise nach der Macht greifen würde. Doch Cixi hatte die Kaiserin Ci’an auf ihrer Seite, die auch schon dafür gesorgt hatte, dass sie in die fünfte Stufe der Konkubinen erhoben worden war und nun Konkubine Yi hieß.

In jedem Fall hatte der Kaiser eine Favoritin unter seinen Nebenfrauen, die ihm bald eine Tochter gebar. Während der Phase der Enthaltsamkeit, die der Kaiser mit der Schwangeren und späteren Mutter einhalten musste, wurde auch Cixi/Yi 1856 von ihm schwanger; sie gebar dem Kaiser den ersten Sohn, Zaichun, und wurde somit automatisch zur Nebenfrau ersten Ranges, nur noch der Kaiserin Ci’an unterstellt, die die Mutterrolle für den Thronfolger auszuüben hatte. Mit dem gehobenen Status kamen Privilegien wie der Zugang zu Bildung durch Hauslehrer.

China wurde in den kommenden Jahren immer wieder in Kriege um seine Territorien verwickelt und von umliegenden und europäischen Mächten zur Öffnung seiner Grenzen gezwungen; nach dem Zweiten Opiumkrieg 1858 war es Großbritannien, Frankreich, Russland und den USA unter anderem erlaubt, in China Opium zu verkaufen und christliche Missionare ins Land zu senden. Als 1860 diese Alliierten wiederum kriegerisch gegen Peking vorgingen, floh der Kaiser Xianfeng mit seinem gesamten Hofstaat in den Sommerpalast außerhalb der Hauptstadt und ließ seinen Halbbruder, Prinz Gong, in Peking zurück, um mit den eindringenden Mächten zu verhandeln. Der Kaiser war krank und schonte seine Gesundheit nicht bei Trinkgelagen mit Hofbeamten und seiner bevorzugten Konkubine. Der einflussreichste der Hofbeamten, Sushun, hatte offensichtlich Pläne: Cixi beobachtete ihn eines Abends, wie er sich auf den Kaiserthron setzte und sich vom Obereunuchen dort wie der Kaiser hofieren ließ. Auch hatte Sushun bereits – angeblich wegen der schweren Krankheit des Kaisers – bereits das Holzkästchen öffnen lassen, in welchem der Kaiser für einen Zeitpunkt nach seinem Tod ein Papier mit dem Namen seines Nachfolger hinterlegen sollte. Sushun hatte verkünden lassen, dass das Holzkästchen leer gewesen sei, dass also weder der gemeinsame Sohn des Kaisers mit Cixi noch einer seiner Neffen als Thronfolger auserkoren war. Cixi schloss daraus richtig, dass Sushun plante, entweder sich selbst zum Kaiser auszurufen oder einen Marionettenherrscher unter seinem Einfluss einzusetzen. Folgerichtig war ihr Leben, vor allem aber das Leben ihres Sohnes in Gefahr. Es gelang ihr jedoch gegen den Widerstand des Hofstaates, wenige Minuten vor dessen Tod, mit ihrem Sohn vor den Kaiser zu treten und ihm noch die Ernennung seines Kindes als Thronfolger zu entlocken. Da der Dreijährige noch nicht regieren konnte, machte das die Kaiserinwitwen Ci’an und Cixi zu dessen Regentinnen.

Sushun versuchte noch weiterhin, sich als eigentlichen Regierenden zu installieren, indem er die beiden Frauen mit Hausarrest dazu erpresste, seine Installation mit ihren Siegeln offiziell zu machen; doch die Mandarine, die hochgestellten Beamten des Landes, hatten bereits ihre Schriften an die beiden Kaiserinnen gerichtet und sie damit als Regentinnen anerkannt. Mit Hilfe des Prinzen Gong und der Traueretikette der chinesischen Kaiser gelang es Ci’an und Cixi, sich dem direkten Einfluss Sushuns zu entziehen: Der Minister musste den Leichenzug des Kaisers in die inzwischen wieder befriedete Hauptstadt begleiten, der Thronfolger sollte jedoch vor dem Leichnam in Peking ankommen. Die Gesellschaft um den jungen Prinzen erreichte drei Tage früher als nötig sein Ziel und die Kaiserinnen konnten das vorherige Schreiben mit ihren Siegeln zur Fälschung erklären. Sushun und seine Gefolgsleute wurden verhaftet, die meisten von ihnen verbannt, Sushun hingegen wurde zunächst zum Tod durch tausend Schnitte verurteilt (das verlinke ich nicht, aber es gibt einen Wikipedia-Eintrag dazu), später aber zur Enthauptung begnadet.

Diese strategische Vorgehensweise Cixis, ihr Leben und das ihres Sohnes zu retten und selbst in die Lage zu kommen, China zu regieren, brachten ihr bei unfreundlich gesinnten chinesischen Beamten den Ruf ein, kaltblütig und skrupellos zu sein; selbstverständlich wurde ihr auch sexuelle Devianz angedichtet, als der Rest der Welt sich für die chinesische Regentin zu interessieren. Cixi setzte nach ihrem Sohn, der 1872 mit 16 Jahren Kaiser wurde, aber nur drei Jahre regierte, bevor er an Syphilis starb, noch zwei weitere Minderjährige auf den Thron und behielt so lange Zeit das Zepter in der Hand. Ihrem Sohn, Kaiser unter dem Namen Tongzhi, folgte ihr Neffe Guangxu, ebenfalls drei Jahre alt, als er den Thron bestieg. Die andere Kaiserinwitwe Ci’an zog sich aus den Regierungsgeschäften zurück und starb, bevor Guangxu regierungsfähig wurde. Der durch eine Lungenerkrankung fast stumme Kaiser strebte, als er schließlich Kaiser wurde, Reformen an, die China wahrscheinlich ermöglicht hätten, den wirtschaftlichen und technologischen Rückstand gegenüber den westlichen Mächten aufzuholen. Cixi setzte ihren Neffen jedoch unter Hausarrest und nahm die Regierung wieder in die eigene Hand.

Cixi hatte sich im Laufe der Zeit von einer gewissen Reformwilligkeit zum Konservativismus entwickelt, möglicherweise durch Schicksalsschläge und den Verlust von Vertrauen in ihre Verbündeten. Erst die Erschütterungen des Boxeraufstandes schienen sie erkennen lassen, dass China mitnichten eine Vormachtstellung in der Welt hatte. Sie hatte die Aufstände gegen die Ausländer im Land gebilligt und unterstützt, da sie von ihren eigenen Makeln ablenkten; nach der blutigen Niederschlagung ließ sie dann die Aufständischen bestrafen. Während jedoch die Regentin sich auf die Erneuerung des Glanzes vergangener Zeiten konzentrierte und nur schwergängig das Land für die Zukunft vorbereitete, griffen die Westmächte nach immer mehr Territotium. Sie kündete zwar noch die Umstellung auf eine konstitutionelle Monarchie an, doch 1908 zog sich die 73-jährige eine echte Grippe zu und verstarb – nicht ohne ihren Neffen am Tag zuvor noch mit Arsen zu vergiften, sodass ihr bevorzugter Thronfolger zum Kaiser gekrönt würde: Der zweijährige Puyi, der letzte Kaiser von China.

1911 brach die Xinhai-Revolution aus und beendete die Monarchie in China.

Für einen spannenden Überblick über die chinesischen Kaiser und deren unterschiedliche Dynastien empfehle ich die Geo Epoche Nr. 93 über das kaiserliche China, die ich gerade lese (unbezahlte Werbung, aus reiner Überzeugung). Leider habe ich vor Beendigung dieses Beitrags noch nicht bis zum letzten Kapitel, dem über Cixi, gelesen.

45/2017: Qiu Jin, 8.11.1875

English below
Wiki deutsch
Über Qiu Jin habe ich bereits 2013 einmal geschrieben – aber damals nur unter einem Aspekt. Deshalb bin ich heute so frei, mit veränderten Vorzeichen, sie noch einmal vorzustellen.

In einer höheren Beamtenfamilie in Xiamen großgezogen, mit einer für Mädchen außergewöhnlichen Bildung im Lesen und Schreiben, aber auch körperlichen Betätigungen wie Reiten, wurde Qiu Jin mit 21 Jahren dennoch mit einem Mann verheiratet, mit dem sie nicht glücklich werden konnte.

Nach acht Jahren und zwei Kindern brach sie aus, versetzte ihren Schmuck und ging nach Japan, um zu studieren und Lehrerin zu werden. Während des Studiums kam sie in Kontakt mit den Geheimgesellschaften, die den Sturz der mandschurischen Qing-Dynastie in China vorbereiteten. Sie reiste in den kommenden zwei Jahren zwischen Japan und China hin und her, war an der Gründung einer rein weibliche Abteilung der revolutionären Organisation beteiligt und erlernte Kampfkunst und die Herstellung von Sprengstoffen.

Sie schrieb ein Manifest über die Unterdrückung der Frauen durch die arrangierte Ehe und die Tradition der Lotusfüße – sie selbst hatte bereits aufgehört, ihre Füße zu binden. Dank des Erfolgs dieses Manifests konnte sie sich auch als Journalistin und Rednerin etablieren. Schließlich übernahm sie die Leitung einer Sportlehrer-Akademie in Shaoxing, die jedoch nur ein Deckmantel war für die Ausbildung einer revolutionären Armee, mit der die Qing-Regierung gestürzt werden sollte.

Nachdem ihr Cousin Xu Xilin En Ming, den Mandschu-Gouverneur der Provinz Anhui, ermordet hatte, wurden er und Qiu Jin verhaftet und ihr geplanter Aufstand verhindert. Ihre Schriften wurden als Beweismittel für ihre aufrührerische Tätigkeit gegen sie verwandt, sie wurde verurteilt und kurz darauf, im Alter von 32 Jahren, geköpft. Heute ist sie eine etwas an den Rand geratene chinesische Nationalheldin der Volksrepublik China.
Dass sie auch Gedichte schrieb, gerät vor diesem politischen Treiben in den Hintergrund. Hier ein Versuch meinerseits, einen ihrer Texte (Quelle: Wikipedia, siehe unten) aus dem Englisch zu übersetzen:

Sonne und Mond geben kein Licht mehr, die Erde liegt im Dunkeln;
Unserer Frauen Welt ist so tief versunken, wer kann uns helfen?
Den Schmuck verkauft für diese Reise über das Meer,
Von meiner Familie verstoßen, verlasse ich mein Heimatland.
Mit der Befreiung meiner Füße reinige ich mich vom Gift tausender Jahre,
Mit erhitztem Herzen entfache ich den Geist aller Frauen.
Jedoch, dies zarte Tuch
Ist befleckt halb mit Blut, und halb mit Tränen.

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Wiki english
I’ve written about Qiu Jin in 2013 already – but only in German and with a specific focus. So today I’m allowing myself to present her once more under a different aspect.

Raised in the family of a well-to-do civil servant in Xiamen, with an education in literacy uncommon for girl, but also in physical activities such as hirse-riding, Qiu Jin was nonetheless given into marriage with a man with whom happiness was unobtainable.

After eight years and two children she ran away, pawned off her jewelry and went to Japan to study towards becoming a teacher. During her time at university she came in contact with the secret societies that where preparing the downfall of the Manchurian Qing dynasty in China. In the following two year she traveled between Japan and China, participated in the founding of an all-female revolutionary organisation and learned martial arts and how to manufacture explosives.

She wrote a manifesto on the oppression of women by arranged marriage and the tradition of bound feet – she herself had already stopped binding her feet. Thanks to the success of this manifesto she was able to establish herself as a journalist and orator. Finally she took the position as head mistress at an academy for gym teachers, which actually was a cover for the formation of a revolutionary army to topple the Qing government.
After her cousin Xu Xilin had assassinated En Ming, the Manchu gouverneur of the Anhui province, he and Qiu Jin were arrested and their planned uprising was thwarted. Her writings were held against her as proof of her inflammatory activities, she was sentenced and beheaded shortly after, at the age of 32. Today she is a slightly marginalised national hero of the People’s Republic of China.

The fact that she also wrote poetry is overshadowed by her political actions. Here’s a poem of hers translated to English (source: Wikipedia):

日月无光天地昏,
沉沉女界有谁援。
钗环典质浮沧海,
骨肉分离出玉门。
放足湔除千载毒,
热心唤起百花魂。
可怜一幅鲛绡帕,
半是血痕半泪痕。
Sun and moon have no light left, earth is dark;
Our women’s world is sunk so deep, who can help us?
Jewelry sold to pay this trip across the seas,
Cut off from my family I leave my native land.
Unbinding my feet I clean out a thousand years of poison,
With heated heart arouse all women’s spirits.
Alas, this delicate kerchief here
Is half stained with blood, and half with tears.

There’s a more detailed biography on Don Tow’s Website.

WEG MIT
§218!