Tag: 5. Dezember 2011

mandingo

richard fleischer, USA 1975
oh boy. oh boy oh boy oh boy.
das war die zweite sichtung dieses films in den vergangenen fünf bis sieben jahren, und zumindest konnte ich ihn dieses mal ertragen, ohne mich im sitz zu winden; ob das abstumpfung oder gereifte distanz ist, kann ich nicht sagen. jedenfalls ist es schwer, bei diesem film nicht die darstellung für’s dargestellte zu hassen, quasi dem boten nicht den kopf abzuschlagen.
es kann vielleicht den beigeschmack von exploitation haben, wenn in szenen mit (sexueller) gewalt gegen frauen nicht diskret geschwenkt wird, sondern die kamera regungslos aufzeichnet; tatsächlich aber lassen sich die möglicherweise lüsternen bilder im rahmen dieses extrem schonungslosen period piece nicht lustvoll rezipieren, nicht von gesunden geistern jedenfalls. das enge korsett der verworrenen rassen- und geschlechtermoral schmerzt mit der konsequenz, mit der es vermeintlich erhabene und vermeintlich unterworfene ins verderben führt – am schluss gibt es nur noch unterworfene oder tote.

zwei frauen stehen sich in diesem plot diametral gegenüber: die sklavin ellen und die ehefrau und neue hausherrin blanche. ellen, die – im rahmen des möglichen in der rassistisch verzerrten welt des weißen herren – geliebt wird, ist per definitionem objekt: als schwarze frau wird von den weißen männern über sie verfügt, wird sie verliehen, verkauft, hierhin und dorthin geschickt und geholt und schließlich auch vom besitzer, den sie schon für den geliebten hielt, in den dreck gestoßen.
blanche hingegen ist, ja, auch ein opfer – der umstände, der moral, der männer. schon bevor wir sie das erste mal sehen, ist ihre erfüllte sexualität dem untergang geweiht, denn hammond wird von seinem vater gewarnt, sich einer weißen frau niemals gänzlich nackt zu zeigen: sie könne den anblick nicht ertragen. dass ihr mann über allein die möglichkeit, dass sie bereits mit einem anderen geschlafen haben könnte, so von ihr entsetzt und angewidert ist, dass er sie danach nicht mehr anfasst, ist die logische konsequenz. (sein entsetzen mag auch daher rühren, dass ihm unter der selbstgerechten empörung von vorneherein klar ist, dass es ihr bruder war – auch so ein trauriges ergebnis der zeiten und gegebenheiten, in denen kindern keine anderen „rassisch ebenbürtigen“ sexualpartner zur verfügung standen als ihre eigenen geschwister. dass das bei den sklaven dann als kein problem angesehen wird, wenn geschwister kinder miteinander zeugen, schließt wieder den kreis zu rassistischer entmenschlichung…) abgesehen von der tatsache, dass sie wirklich keine jungfrau mehr ist – nach einem einmaligen kontakt mit 13 jahren ist das nicht von der hand zu weisen – schließt hammonds weltsicht die möglichkeit völlig aus, dass eine weiße frau freude an der sexualität haben kann – bei den „vertierten“ sklavinnen ist es animalischer instinkt, die frauen der herrenrasse hingegen müssen, sollen darüber stehen.

in dieser – meiner radikalen – betrachtungsweise des films ist es die unterdrückte weibliche sexualität, die mit ihrer sich bahn schlagenden kraft das wacklige macht- und moralgefüge ihrer umgebung stürzt. denn blanche ist ein opfer, das sich rächt, eine frau, die methoden findet, ihre bedürfnisse zu befriedigen – nach zuneigung, anerkennung, mutterschaft.
so unschuldig ellen daran ist, was zwischen blanche und hammond schief läuft, ist es doch verständlich, wenn auch traurig, dass blanche die rivalin körperlich angreift und in der vernichtung der konkurrierenden leibesfrucht triumphiert. die krasseste maßnahme ihrer rache jedoch ist es, sich den mandingo mede ins bett zu holen. sie übt die perfideste erpressung an ihm aus, indem sie ihm mit einer vergewaltigungs-beschuldigung droht, wenn er nicht mit ihr schläft; sie schwingt sich zur „höhe“ der weißen männer auf, indem sie den sklaven für die erfüllung ihrer sexuellen bedürfnisse mehrfach zu sich bestellt.

hammond nimmt den tod seines kindes mit der sklavin recht gelassen hin, da er es ohnehin als sklaven weiterverkaufen wollte, nur für ellen hätte er es behalten. als aber mit der geburt des milchkaffee-farbenen säuglings von blanche ans tageslicht kommt, dass seine frau, eine weiße frau, sex mit einem schwarzen mann hatte – mehr als ein mal, wie sich herausstellt – bricht für hammond die welt zusammen. in einer verschwörung der unfassbarkeiten sind dinge geschehen, die nicht sein dürften. die angst des weißen mannes vor der sexualität sowohl des schwarzen mannes wie auch der frau im allgemeinen ist verkettet mit der angst um seine machtposition, wenn sklaven sich über die gesetze der sklavenhalter hinwegsetzen, sich verweigern oder, wie ellen, wünsche äußern oder ihm gar sagen wollen, was er tun oder lassen solle. wenn all dies möglich ist, obwohl es nach den regeln seiner welt nicht möglich sein sollte, sind alle grenzen des möglichen gesprengt – deshalb muss er die bedrohung vernichten, um sich in allem, was er bisher für möglich gehalten hat, zu beschützen.

es ist blanches unterdrückte und sich recht verschaffende sexualität, die dieses exemplar der weißen, männlichen unterdrückung erodiert, den vater umbringt und den sohn handlungsunfähig zurücklässt. leider hat sie nichts mehr davon – nachdem ihr sohn in der wiege erstickt wurde, reicht hammond ihr einen becher wein, vermischt mit einem gift, dass der arzt sonst zur tötung arbeitsunfähig gewordener sklaven bei sich trägt. durch die gelebte sexualität mit einem schwarzen und dem gebären eines mischlingskindes ist sie verdorben; das frau-sein nach ihrer natur kostet sie in dieser welt das leben.

PS: mein mann hat natürlich auch über den film geschrieben, hier.

WEG MIT
§218!